# taz.de -- Castor-Transporte nach Süddeutschland: Geht nicht, darf nicht, sol… | |
> Niedersachsen fordert, dass auch andere Länder Ziel von | |
> Castor-Transporten werden. Die Regierungen im Süden der Republik tragen | |
> seitdem immer neue Gründe vor, warum das nicht gehe. | |
Bild: Ein Ziel für den nächsten Castor? Das südhessische AKW Biblis. | |
BERLIN/FRANKURT/WIESBADEN reuters/dapd/dpa | Die Proteste im Rahmen des | |
Castor-Transportes haben eine Diskussion ausgelöst, ob künftig Atommüll aus | |
den Wiederaufarbeitungsanlagen in Frankreich oder Großbritannien auch an | |
andere Standorten zwischengelagert werden sollte. Dafür kämen AKW-Standorte | |
in Süddeutschland in Frage. Das von Greenpeace stammende Konzept war von | |
Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) aufgegriffen | |
worden. | |
Wenig überraschend hält sich die Begeisterung für diesen Vorschlag bei den | |
Amtskollegen von Sander in Baden-Württemberg, Hessen und Bayern in Grenzen: | |
Es gebe gar nicht genug Platz, es sei rechtlich gar nicht möglich, so die | |
Argumente. | |
Laut dem Umweltministerium Baden-Württembergs sind die Zwischenlager an den | |
beiden AKW-Standorten im Land, Philippsburg und Neckarwestheim, derzeit so | |
bemessen, dass sie nur die dort bis zur Stilllegung anfallenden | |
radioaktiven Abfälle aufnehmen können. „Wir sehen deshalb keine großen | |
Chancen für den Sander-Vorschlag“, sagte ein Ministeriumssprecher der | |
Frankfurter Rundschau. | |
Mit Stilllegung gemeint ist in diesem Zusammenhang offensichtlich die | |
ursprünglich geplante Abschaltung unter Zugrundnahme des Atomkonsenses von | |
Rot-Grün. Denn der Ministeriumssprecher verwies darauf, dass ohnehin | |
geprüft werde, ob die Castoren in Standort-Zwischenlagern enger gestellt | |
werden könnten, da durch die AKW-Laufzeitverlängerung mehr abgebrannte | |
Brennstäbe anfallen. | |
Atommüll erster und zweiter Klasse? | |
Auch das Umweltministerium Hessens schloss eine Lagerung von | |
zurückgeführten Atommüll im eigenem Bundesland aus. Grund: Die Genehmigung | |
des Zwischenlagers am AKW Biblis lasse diese Müllvariante nicht zu. Am | |
Lagerkonzept für Brennelemente sei auch „nicht zu rütteln“. | |
Die gleiche Begründung hört man aus Bayern: Die Lagerung von Material aus | |
Wiederaufbereitungsanlagen sei in den AKW-Lagern nicht zugelassen. „Die | |
Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) ist eindeutig“, sagte | |
eine Sprecherin des Umweltressorts. | |
Greenpeace-Sprecher Tobias Münchmeyer wies dies zurück: „Damit wird die | |
Öffentlichkeit getäuscht.“ Die Genehmigung für die Zwischenlager ließen | |
sich für Wiederaufbereitungs-Abfälle erweitern, dies habe man juristisch | |
prüfen lassen. Greenpeace betont, die Hälfte des Atommülls stamme | |
ursprünglich aus den AKW in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg, nur 20 | |
Prozent aus Niedersachsen. | |
Ganz ausschließen will man eine Zwischenlagerung von Castor-Atommüll in | |
Hessen aber auch wieder nicht, zumindest öffentlich. Der hessische | |
Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sagte im Hessischen Rundfunk: „Wenn | |
ein Zwischenlager gesucht wird, können wir als Hessen nicht sagen, überall | |
nur nicht bei uns“. Bouffier sagte zudem, man müsse Verständnis für die | |
Belastungen Niedersachsens haben. Erforderlich sei die Solidarität der | |
Bundesländer. | |
Länder halten sich für nicht zuständig | |
Die Landesregierung sieht in ihren Aussagen keine widersprüchliche | |
Position.. Es gebe keinen Widerspruch, sagte Regierungssprecher Michael | |
Bußer in Wiesbaden. Puttrich habe zutreffend auf die Rechtslage | |
hingewiesen. „Aufgrund dieser Situation besteht dort keine Möglichkeit für | |
eine Lagerung von Abfällen aus der Wiederaufbereitung, so dass sich die | |
Diskussion um Biblis als ein solches Zwischenlager aufgrund der Rechtslage | |
erübrigt“, erklärte Bußer. | |
Die Opposition warf der Landesregierung Planlosigkeit vor. Der hessische | |
SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel sagte: „Das ist dasselbe Hü und Hott wie | |
in der ganzen Debatte.“ Biblis als Zwischenlager könne derzeit niemand | |
ausschließen. Die Linken-Fraktion sprach von einem "peinlichen Hickhack". | |
Derzeit werden in Biblis schon abgebrannte Brennelemente aus den beiden | |
dortigen Reaktoren gelagert. Damit auch Castoren mit Atommüll aus der | |
Wiederaufbereitung untergebracht werden können, wäre ein neues | |
Genehmigungsverfahren nötig. | |
Die Initiative hierfür liegt jedoch gar nicht bei den Bundesländern, | |
sondern bei den Energieversorgern: „Soll an einem anderen Ort als in | |
Gorleben eingelagert werde, müssten die Betreiber entsprechende Anträge | |
stellen“, zitiert die Frankfurter Rundschau einen Sprecher des Bundesamtes | |
für Strahlenschutz. Ein solcher Antrag würden dann geprüft. | |
11 Nov 2010 | |
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