# taz.de -- Nils Schmid über Zukunft der BaWü-Koalition: "Nicht die Rosinen r… | |
> Baden-Württembergs Vizeregierungschef Nils Schmid (SPD) fordert von den | |
> Grünen, für "Stuttgart 21" Verantwortung zu übernehmen. Und erklärt, | |
> warum er nicht nur der Gruß-Onkel sein wird. | |
Bild: Nach den Sträußen kommt die Arbeit: Nils Schmid will EnBW langfristig u… | |
taz: Herr Schmid, der neue grüne Verkehrsminister Winfried Hermann sagt, | |
dass er das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 abgeben wolle, wenn es | |
tatsächlich gebaut werden sollte. Wären Sie damit einverstanden? | |
Nils Schmid: Es gibt keine Absprache mit den Grünen, dass sie sich die | |
Rosinen rauspicken dürfen. Das hätte er sich überlegen müssen, bevor er | |
Verkehrsminister wurde. | |
Würden Sie denn nicht das Projekt in Ihrem Wirtschaftsministerium dankend | |
annehmen? | |
Wenn Herr Hermann sein Ministerium abgeben will und ein starkes | |
Wirtschaftsministerium inklusive Verkehr und Infrastruktur schaffen will, | |
dann kann er das tun. Aber das hat ja mit S 21 erst mal nichts zu tun. Er | |
ist für die Verkehrspolitik zuständig und da kann er sich nicht in die | |
Büsche stehlen, wenn es unangenehm wird. | |
Das heißt, entweder komplett Verkehr abgeben oder Stuttgart 21 machen? | |
Ja, genau. Politische Verantwortung für ein Land übernehmen, heißt, dass es | |
auch mal schwierige Entscheidungen gibt. | |
Sie sind neuer Superminister für Finanzen und Wirtschaft. Das klingt nach | |
viel Einfluss. Aber ist der Posten des Wirtschaftsministers nicht | |
eigentlich eh nur ein besserer Gruß-Onkel-Job? | |
Das ist weit mehr. Mir kommt eine wichtige Moderatorenrolle zu, wenn es um | |
den Strukturwandel unserer Industrie geht. | |
Jetzt sprechen Sie selbst nur von einer Moderatorenrolle. Wo hat die | |
Landespolitik denn wirklich noch Einfluss auf die Wirtschaft? | |
Sie hat Einfluss beim Bereich Bildung und Forschung… | |
…was nicht in Ihr Ressort fällt. | |
Die wirtschaftsnahe Forschung schon, wie auch der Technologietransfer. Wir | |
haben eine starke Verantwortung für Städtebau und Wohnungswesen. Und wir | |
haben natürlich eine Verantwortung dafür, die Weichen für die Energiewende | |
zu stellen - direkt über den Energiekonzern EnBW und indirekt über den | |
Masterplan Energie. | |
Das Finanzministerium ist für die Beteiligung zuständig. Wie wollen Sie es | |
schaffen, auf der einen Seite aus der Atomkraft auszusteigen und auf der | |
anderen Seite dem Konzern nicht zu schaden, der seinen Großteil mit der | |
Atomkraft erwirtschaftet? | |
Wir werden langfristig Miteigentümer der EnBW sein müssen, um den Umbau zu | |
unterstützen. Das wird nicht einfach, weil der ehemalige Ministerpräsident | |
Mappus einseitig auf die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken gesetzt | |
hat, um Geld in die Kasse zu spülen. | |
Darum die Frage: Woher soll das Geld kommen, wenn man auf erneuerbare | |
Energien setzt? | |
Das Geld kann nur dadurch kommen, dass die EnBW ausreichend Gewinne macht | |
und dann ihren Investitionsschwerpunkt in erneuerbare Energien setzt. Dafür | |
brauchen wir einen langen Atem. | |
Haben Sie eigentlich Ihren Satz bereut, jede Landesregierung in | |
Baden-Württemberg habe Benzin im Blut? | |
Nee, den habe ich überhaupt nicht bereut, weil wir in Baden-Württemberg | |
stolz darauf sind, dass wir sehr leistungsfähige Autohersteller haben, die | |
die Grundlage für den Wohlstand im Land sind. Dass sich die Autoindustrie | |
verändern wird, ist klar. Wir werden aber nicht weniger Autos haben, | |
sondern andere - und tendenziell auch mehr, weil der Weltmarkt für | |
individuelle Mobilität nicht nur mit Straßenbahnen und Fahrrädern | |
befriedigt werden kann. | |
Das ist eine indirekte Kritik an dem grünen Ministerpräsidenten | |
Kretschmann. Wie oft werden sich Nils Schmid und Winfried Kretschmann noch | |
streiten, wenn es um den ökologischen Umbau der Wirtschaft geht? | |
Wir werden uns nicht streiten. Wir haben im Koalitionsvertrag ein | |
Mobilitätskonzept definiert, zu dem auch der Autoverkehr und die Straßen | |
gehören. Und was die Absatzchancen von Produkten auf den Weltmärkten | |
anbelangt, werden weder Winfried Kretschmann noch ich definieren, was die | |
Kunden kaufen wollen. Diese Entscheidung überlassen wir am besten den | |
Unternehmen selbst. | |
War das also eine komplett aufgebauschte Debatte um mehr oder weniger | |
Autos, wenn das ohnehin nur der Markt entscheidet? | |
Ja, aber ich hatte die Debatte nicht angefangen. | |
14 May 2011 | |
## AUTOREN | |
Nadine Michel | |
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