# taz.de -- Lesben im Frauenfußball: „Outing schadet nicht“ | |
> Der Frauenfußball muss sein Lesbenlabel nicht loswerden, meint Gudrun | |
> Fertig. Die Online-Chefin des „L.MAG“ im Interview über Homophobie und | |
> Geschlechterrollen im Frauenfußball. | |
Bild: Zusammen halten sie dicht: die deutschen Fußballerinnen | |
taz: Frau Fertig, an allen Ecken wird gerätselt, wer von den deutschen | |
Nationalkickerinnen lesbisch ist. Sollten sich die Spielerinnen outen? | |
Gudrun Fertig: Grundsätzlich wäre es schön, wenn sich alle Lesben outen. | |
Aber niemand soll dazu gezwungen werden. | |
Schadet es den Spielerinnen, wenn sie es täten? | |
Persönlich nicht. Sie werden nicht aus dem Kader fliegen, und Sponsoren | |
ziehen sich bestimmt auch nicht zurück. Aber es schadet dem Image des | |
Frauenfußballs. Derzeit wird ja verzweifelt versucht, den Lesbenstempel | |
loszuwerden. Deshalb wäre ein Coming-out vieler Spielerinnen in den Augen | |
mancher Funktionäre und Funktionärinnen sicher kontraproduktiv. | |
Warum muss der Lesbenstempel weg? | |
Weil man Frauenfußball zu einem Event des Massensports machen möchte, und | |
deshalb fährt man über die feminine Schiene. Ich glaube aber nicht, dass | |
das funktioniert. | |
Warum nicht? | |
Weil ein Bild produziert wird, das gar keine Grundlage hat. | |
Trägt das Schweigen der Spielerinnen zu einer größeren Homophobie bei? | |
Was den Fußball als Breitensport betrifft, bestimmt. Fußball ist | |
mittlerweile die beliebteste Teamsportart bei Mädchen, und es gilt langsam | |
als uncool, keine Mädchenmannschaft im Verein zu haben. Außerdem gibt der | |
DFB Geld für die Mädchenförderung. Da stören zu viele Lesben. | |
Was ist schlimm daran, dass mehr lesbische als heterosexuelle Frauen | |
kicken? | |
Gar nichts. Aber es ist mit dem Image des „normalen Frauensports“ immer | |
noch nicht kompatibel. | |
Haben Eltern Angst, dass sich ihre Tochter „ansteckt“? | |
Es gibt solche Ängste, ja. | |
Wie kann man dem entgegenwirken? | |
Indem lesbische und heterosexuelle Mädchen gemeinsam kicken. | |
Warum spielen so viele Lesben Fußball? | |
Gegenfrage: Warum gehen so viele Schwule zum Ballett? Das hat doch mit | |
Geschlechterrollen zu tun. Aber auch hier ändert sich einiges. Neulich | |
erzählte mir ein Kollege, dass jetzt sehr viele heterosexuelle Männer | |
Ballett tanzen und die Zahl der Schwulen beim Ballett sinken würde. | |
Haben Fußballspielerinnen mehr Testosteron? | |
Diese biologistische These ist absoluter Quatsch. Das maskuline Bild des | |
Frauenfußballs hat eher mit kulturellen und sozialen Normen zu tun. Für | |
heterosexuelle, pubertierende Mädchen war es bis vor kurzem noch undenkbar, | |
Fußball zu spielen, sie wurden aktiv davon abgehalten. Mädchen war eine | |
andere Rolle zugewiesen. | |
Lesbische Frauen haben doch aber auch eine Frauenrolle. | |
Ja, aber sie haben sich kaum von gängigen Rollenbildern leiten lassen. Das | |
ist etwas anderes. | |
Warum? | |
Vielleicht weil sie ohnehin etwas im Abseits gestanden haben. Vielleicht | |
aber auch, weil kein Mann an ihrer Seite sagte: Deine Muskeln gefallen mir | |
nicht. | |
Die aktuelle Ausgabe des L.MAG titelt mit Lira Bajramaj, einer offen | |
heterosexuellen Spielerin. | |
Viele andere Spielerinnen haben es explizit ausgeschlossen, auf dem Cover | |
von L.MAG abgedruckt zu werden. Das ist ja auch schon eine Aussage. | |
Morgen spielen erneut die Nigerianerinnen. In Nigeria ist Homosexualität | |
verboten, und die Trainerin des Nationalteams, Eucharia Uche, verleugnet | |
die Lesben in ihrem Team. Was sagen Sie dazu? | |
Die Spielerinnen werden dieses Thema in der Öffentlichkeit vermeiden. In | |
Nigeria ringt der Frauenfußball noch stark um Anerkennung. Für viele | |
Mädchen ist es ein Emanzipationsschritt, Fußball zu spielen, der ihnen ganz | |
neue Perspektiven für ihr Leben eröffnet. | |
29 Jun 2011 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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