# taz.de -- Einwechselspielerin Lira Bajramaj: Ich bin ein Star, holt mich hier… | |
> Lira Bajramaj sollte das Gesicht dieser Weltmeisterschaft werden. Nun | |
> sitzt sie nur auf der Bank und hofft doch auf ihren Einsatz gegen | |
> Frankreich in Mönchengladbach. | |
Bild: Drückt die Ersatzbank: Lira Bajramaj | |
DÜSSELDORF taz | Frust? Fatmire Bajramaj wiegelt ab. Sie sagt: „Da ist nur | |
Vorfreude. Man sitzt da und denkt, hoffentlich komme ich gleich rein.“ So | |
gülden hat selten eine Einwechselspielerin über ihre Gemütsverfassung auf | |
der Bank gesprochen. Im himmelblauen Deutschlandtrikot sitzt sie da, und | |
man könnte glauben, sie berichte aus dem Paradies. Beim Spiel der Deutschen | |
gegen Nigeria zog sich die Vorfreude bei Bajramaj über 87 Minuten hin. Kam | |
da wirklich kein Unmut auf? Bajramaj erklärt: „Was zählt, ist, dass ich | |
spiele. Auch wenn es nur drei Minuten sind.“ | |
Die 23-Jährige ist wahrlich schon durch tiefe Täler gegangen. Ihre | |
Biografie trägt den Titel: „Mein Tor ins Leben. Vom Flüchtling zur | |
Weltmeisterin“. Zuletzt schien sie gar weit über allen anderen zu stehen: | |
Sie wurde zur deutschen Werbe-Ikone. Auf sie ließ sich alles projizieren, | |
was gut zu vermarkten war. Die aus dem Kosovo stammende Offensivspielerin | |
sollte Botschaften ins Land tragen: Frauenfußball ist schön, elegant, | |
integrativ und heterosexuell. Das extrem große Interesse schmeichelte | |
Bajramaj. Ein nur vorläufiger Höhepunkt schien erreicht, als sie vor einem | |
halben Jahr bei der Wahl zur Weltfußballerin des Jahres auf Platz drei | |
gewählt wurde. Bei der Weltmeisterschaft im eigenen Lande, davon gingen | |
auch ihre zahlreichen Sponsoren aus, sollte der absolute Durchbruch | |
gelingen. | |
Und nun ist die beste Technikerin im deutschen Kader glücklich, obwohl sie | |
für Bundestrainerin Silvia Neid bei den Einwechslungen in den beiden ersten | |
WM-Spielen nur noch dritte Wahl war? Man mag es ihr nicht abnehmen. Dafür | |
ist sie viel zu ehrgeizig. In Potsdam faltete sie zum Vergnügen des | |
Publikums schon mal einen Fotografen an der Seitenlinie zusammen, der ihr | |
auf dem Weg zum schnellen Einwurf im Weg stand. Auf die Frage, wie es zu | |
ihrer Degradierung im Nationalteam gekommen sei, erwidert sie unwirsch: | |
„Ich habe mich zu sehr unter Druck gesetzt, das ist alles.“ | |
## „Man muss mich nur machen lassen“ | |
Die Vorlage für Bajramajs Erwartungen hat ihr Management geliefert. Indem | |
ihr Berater Dietmar Ness sie zum Gesicht des deutschen Frauenfußballs | |
hochstilisierte und ihr etliche Sponsoren und Hochglanztitelseiten | |
vermittelte, wurde ein Bild von ihr entworfen, das Bajramaj kaum | |
auszufüllen vermochte. Darüber ist sie wohl ein wenig ins Grübeln gekommen. | |
So wird das zumindest auch innerhalb des Trainerstabs im Nationalteam | |
gesehen. Mit öffentlichen Zitaten zu diesem Thema ist man jedoch | |
vorsichtig. Assistenztrainerin Ulrike Ballweg sagt: „Lira wird sich jetzt | |
auch bewusst, dass sie im Vorfeld der WM sehr viele Termine wahrgenommen | |
hat. Vielleicht sogar den ein oder anderen zu viel. Wir haben darauf wenig | |
Einfluss gehabt.“ | |
Fatmire Bajramaj steht mächtig unter Dampf. Das kann sie trotz aller | |
Engelsrhetorik kaum verbergen. Und in solch einer Situation neigt sie dazu, | |
es mit ihrer Eigensinnigkeit zu übertreiben. „Man muss mich nur machen | |
lassen“, hat sie mal zum Thema taktische Vorgaben gesagt. Diese Einstellung | |
ist so gar nicht im Sinne von Silvia Neid, die strengen Wert auf | |
Pflichterfüllung legt. | |
Aber nur gespielt ist die derzeitige Lockerheit von Fatmire Bajramaj sicher | |
nicht. Sie kann sich berechtigte Hoffnungen auf einen Einsatz gegen | |
Frankreich machen, da Melanie Behringer wegen ihrer Bänderdehnung immer | |
noch nicht voll trainieren kann. Auch die Feststellung von Ballweg, man | |
könne bei den Übungseinheiten sehen, dass sie auf dem Weg sei, die alte | |
Bajramaj zu werden, deuten in diese Richtung. Sie selbst, die als Kind in | |
Mönchengladbach gespielt hat, scheint davon auszugehen: „Ich freu mich | |
total darauf, in diesem Stadion zu spielen. Da geht ein langjähriger Wunsch | |
in Erfüllung.“ Noch weiß man das nicht so genau. Aber der Wille von | |
Bajramaj ist groß. | |
4 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
Johannes Kopp | |
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