Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- US-Botschafter über Frauenfußball: „We were the Meisters“
> Philip D. Murphy ist US-Botschafter in Berlin. Im Interview erklärt er
> seine Liebe zum Frauenfußball, spricht über die WM in Deutschland und
> seine Investitionen in einen Klub in New Jersey.
Bild: Heather O'Reilly, US-Nationalspielerin und Profi beim Sky Blue FC
taz: Herr Murphy, jetzt mal ehrlich, warum legt sich ein ehemaliger
Goldman-Sachs-Banker für den Frauenfußball ins Zeug?
Philip D. Murphy: So ungewöhnlich ist das in den USA gar nicht. Bei uns ist
der Sport viel größer, als man sich das hierzulande vorstellen kann. Ich
habe selbst in der Highschool ein bisschen Fußball gespielt. Allerdings
nicht wirklich gut.
Auf welcher Position?
More Stürmer. Also eher im Angriff. Ich spiele immer noch ein bisschen, in
unserem Garten haben wir sogar einen kleinen Platz. In den Neunzigern war
ich ein paar Jahre in Deutschland und habe hier die besondere Fußballkultur
kennen gelernt. In der Familie ist Fußball unsere
Nummer-eins-Sportleidenschaft. Ich habe eine Tochter und drei Söhne, und
die spielen auch. Ich habe Frauenfußball schon immer gemocht. Es ist ein
technisch sehr attraktives Spiel.
Attraktiver als Männerfußball?
Ich finde, dass die Physis bei den Männern eine zu große Rolle im Spiel
bekommen hat. Vielleicht nicht beim FC Barcelona, wo der Spielfluss, die
Ballzirkulation und die Bewegung abseits des Balles perfekt funktionieren.
Aber bei den meisten Männervereinen steht das Körperliche klar im Fokus.
Bei den Frauen ist das anders. Und das finde ich gut.
Was bringt es für Sie, sich für den Frauenfußball stark zu machen?
Ganz einfach: Ich liebe dieses Spiel. Und bedenken sie, dass Millionen von
Mädchen in Amerika, einschließlich unserer Tochter, Fußball spielen. Sie
schauen auf zu Heldinnen wie Mia Hamm, die professionell gespielt haben.
Das ist ein Big Deal. Es gibt mir ein gutes Gefühl und eine innere
Befriedigung, wenn man Spielerinnen ausbildet, die groß herauskommen und
bewundert werden. Finanziell ist es im Moment aber eher ein
Verlustgeschäft.
Tatsächlich?
Das kann man wohl sagen.
Sie mischen beim Frauenfußballklub Sky Blue FC mit …
… mitmischen ist vielleicht nicht das richtige Wort für mein Engagement.
Ich besitze 75 Prozent am Klub.
Okay, wie viele Dollars haben Sie denn reingesteckt?
Ich will keine genaue Summe nennen, aber ich habe mehr gegeben, als mir
lieb sein kann. [lacht]
Wie eng ist der Kontakt zum Team in New Jersey? Sie haben ja als
US-Botschafter in Deutschland sicherlich andere Prioritäten, oder?
Ich bin zwar der Mehrheitseigentümer, aber weil ich als Botschafter tätig
bin, ruht meine Mitgliedschaft im Vorstand des Vereins. Ich bekomme jeden
Tag E-Mails und Nachrichten vom Klub. Der wird übrigens von einem Deutschen
[Thomas Hofstetter. Die Redaktion] geführt. Er ist ein Freund von mir und
auch Miteigentümer. Das ist ziemlich cool.
Derzeit steckt Ihr Klub nur im Mittelfeld der US-Liga fest.
Ja. Seit drei Jahren läuft die Liga. Im ersten Jahr haben wir die
Meisterschaft gewonnen. We were the Meisters. Im zweiten Jahr haben wir die
Playoffs verpasst. Das war ein schlechtes Jahr. Und heuer sind wir
furchtbar in die Saison gestartet, aber zuletzt haben wir gut gespielt. Wir
haben uns stabilisiert.
In Deutschland haben sich die Unternehmen lange Zeit gescheut,
Frauenfußball zu unterstützen. Haben Sie eine Erklärung, warum?
Das mag in der Vergangenheit so gewesen sein, aber jetzt nicht mehr. Das
ist doch ein phänomenaler Sport mit unglaublichen Athletinnen. Im Vorfeld
der WM hat das Sponsoring in Deutschland sogar besser geklappt als in den
USA. Das ist zumindest mein Empfinden. Die Commerzbank unterstützt zum
Beispiel das Frankfurter Frauenfußballteam. Ich fände es großartig, wenn
eine amerikanische Bank bei unserem Team in New Jersey Sponsor wäre
[lacht]. Vorbehalte gegenüber Frauenfußball zu haben, das ist für mich ein
Zeichen von altem Denken.
Glauben Sie, dass man das Sommermärchen von 2006 kopieren kann?
Nicht auf diesem Niveau. Die Unterstützung der Männer geht viel, viel
weiter. Aber ein paar Dinge sind vielleicht doch zu kopieren. Viel hängt
vom Erfolg der Deutschen und auch der US-Amerikanerinnen ab. Je besser sie
spielen, desto höher ist das Interesse. Ich bin da sehr zuversichtlich.
Wenn sie sich im Finale träfen, wäre das fantastisch.
Glauben Sie wirklich, dass das US-Team so weit kommt? In der Qualifikation
hatte es große Schwierigkeiten, verlor gegen Mexiko und musste sich in
umkämpften Relegationsspielen gegen Italien durchsetzen. Als 16. und
letztes Team qualifizierten sich die USA für diese WM.
Ja, das war knapp. Ich hatte Befürchtungen, sie schaffen es nicht. Das Team
ist insgesamt recht alt. Und die Integration der jungen Spielerinnen
scheint nicht so richtig zu klappen. Außerdem versucht die Torfrau seit
Monaten vergeblich, in Form zu kommen. Das hat das US-Team geschwächt. Ich
hoffe, die Probleme sind jetzt ausgestanden. Aber wenn ich die Statistik
anschaue, dann sieht es gut aus für uns: Wir haben seit der letzten WM 68
Spiele gemacht, davon 60 gewonnen, zwei verloren und sechs unentschieden
gespielt.
Trotzdem scheint das Team schwächer als noch vor einigen Jahren zu sein?
Ich würde das Team nicht abschreiben. Wir sind sehr gut. Glauben Sie mir!
Sie haben also keine Angst vor einer Niederlage gegen Nordkorea?
Nein. Nordkorea ist zwar eine mysteriöse Mannschaft und keiner weiß so
recht, was sie anstellen und draufhaben, aber wir sollten sie packen. Sie
machen ein Geheimnis aus ihrer Stärke. Ein bisschen anders ist das bei
Schweden und Kolumbien, unseren anderen Gegnern in der Vorrunde. Für alle
gilt: Wir müssen raus auf den Platz gehen und eine Ansage machen. Eine
klare Ansage!
Ist das Match gegen Nordkorea ein politisches Match?
Wir unterhalten keine diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea, aber darüber
hinaus hat es keine politische Dimension. Die Auseinandersetzung wird auf
dem Fußballplatz ausgetragen und nicht auf den Rängen. Ich denke aber
schon, dass man mit Sport Diplomatie betreiben kann, vor allem mit Fußball.
Fußball ist ein großer Gleichmacher. Ein großer Vermittler.
Wie groß ist das Interesse in den USA an der WM?
Sehr hoch. Der Sportsender ESPN überträgt alle Spiele live. Die Fans wollen
Brasilien sehen, Deutschland und die skandinavischen Teams. Und natürlich
unsere US-Girls.
Skeptiker meinen, es könnte auch eine langweilige WM werden, weil
Deutschland den Titel sicher hat, Brasilien auf Platz zwei landet und die
USA vielleicht auf Rang drei?
Das glauben aber nur Sie! Es wird alles sehr umkämpft und eng werden. Das
wage ich zu prognostizieren. Denken Sie nur an das Spiel der Deutschen
gegen Kanada.
Bei der letzten WM gings nicht immer eng zu.
Kantersiege werden wir diesmal nicht erleben. Es geht jetzt nur noch
aufwärts im Frauenfußball. Eine erfolgreiche WM käme da gerade recht.
27 Jun 2011
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball
Frauenfußball
Fußball-WM
Frauen-WM
Fußballweltmeisterschaft
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball
Fußball
Fußball
Fußball
Fußball
Fußball
Fußball
Fußball
WM 2011 – Mixed Zone
Fußball
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schwedische US-Trainerin Pia Sundhage: Wärme und Leidenschaft
Pia Sundhage ist Schwedin und coacht inzwischen das US-Team. Ihre
Mannschaft spielt am Mittwoch ausgerechnet gegen die Auswahl ihres
Heimatlandes.
Lesben im Frauenfußball: „Outing schadet nicht“
Der Frauenfußball muss sein Lesbenlabel nicht loswerden, meint Gudrun
Fertig. Die Online-Chefin des „L.MAG“ im Interview über Homophobie und
Geschlechterrollen im Frauenfußball.
Brasiliens Weltfußballerin: Wer braucht Marta?
Am Mittwoch startet der Vizeweltmeister ins Turnier. Mit dabei Brasiliens
Superstar Marta. Wie wichtig ist sie, für ihr Team und für ihren Sport?
USA gewinnen gegen Nordkorea: Angriffsachse des Bösen geschlagen
Die US-Girls schlagen Nordkorea verdient mit 2:0 und zählen eindeutig zu
den Favoritinnen. Schuld am nordkoreanischen Unglück war ein Blitz, sagt
der Coach.
Analyse des WM-Eröffnungsspiels: Schock nach Video
Die deutsche Mannschaft stellt fest, dass es doch nicht so einfach wird,
wie gedacht. Vor allem am Ballbesitz hat es gemangelt im Eröffnungsspiel
gegen Kanada.
Mädchenfußball in den USA: „Soccer-Moms“ bei der Arbeit
Ann Germain war in den achtziger Jahren eine Pionierin des
US-Frauenfußballs. Bis heute steht sie jeden Tag auf dem Feld und trainiert
ihre Mannschaft. Ein Besuch.
Schweden gegen Kolumbien: Allein unter Frauen
Die Schwedinnen sind bei der WM 2007 bereits in der Vorrunde ausgeschieden.
Nun versuchen sie, ihr Selbstvertrauen zurückzugewinnen – ohne ihren
Trainer.
Mexiko schafft Unentschieden gegen England: Die erste Überraschung
WM-Mitfavorit England hat gleich zum Auftakt einen Dämpfer erlitten. Gegen
Mexiko reichte es für die „Three Lionesses“ nur zu einem 1:1. Die
Mexikanerinnen sind stolz.
England gegen Mexiko: Rachemission? Nicht mit uns!
Seit diesem Jahr gibt es endlich eine ernst zu nehmende Liga in England.
Die Britinnen gehen mit viel Erfahrung und als Geheimfavorit in die WM.
Japan gegen Neuseeland: Burger, Kiwi und die Rugby-WM
Die Silverferns spielen ihre zweite WM. Doch die Neuseeländer feiern lieber
Weihnachten. Nur wenn es gegen England geht, fiebern sie mit.
Deutschland gewinnt WM-Auftakt: Souverän war das nicht
Fast hätte es einen Punktgewinn der Kanadier gegen Deutschland gegeben. Das
deutsche Team spielt zwar prima, muss am Ende aber mühsam verteidigen.
Vermarktung der Fußball-WM: Sommermädchen, schwer unter Druck
Diese WM soll ein „Sommermärchen“ werden. Genau wie bei den Männern 2006.
Doch davon wollen die WM-Macher nun nichts mehr wissen.
Frauenfußball und Feminismus: Die sollen doch nur spielen
Passen Fußball und Feminismus zusammen? Viele Kickerinnen haben mit der
Frauenbewegung nichts am Hut. Aber sie leben feministischer, als sie selbst
glauben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.