# taz.de -- Schwedische US-Trainerin Pia Sundhage: Wärme und Leidenschaft | |
> Pia Sundhage ist Schwedin und coacht inzwischen das US-Team. Ihre | |
> Mannschaft spielt am Mittwoch ausgerechnet gegen die Auswahl ihres | |
> Heimatlandes. | |
Bild: Gefragte Trainerin: Pia Sundhage. | |
WOLFSBURG taz | Es ist ja naheliegend, amerikanische Sportlerinnen | |
hierzulande auch im Haus einer amerikanischen Hotelkette zu beherbergen. | |
Das derzeitige Quartier der US-Fußballerinnen liegt in Wolfsburg-Weyhausen, | |
direkt an einer viel befahrenen Ausfallstraße, und es hört zwar auf den | |
altdeutschen Namen "Alte Mühle", aber drinnen sieht nach einer | |
Modernisierung alles sehr neu aus. Und neben dem dunkelbraunen, rustikalen | |
Mobiliar fallen sofort die vielen kleinen US-Flaggen auf, die sogar auf dem | |
Tischchen in einem Hinterzimmer stehen, in das sich Pia Sundhage zur | |
Mittagszeit führen lässt. | |
Für ein Fernsehinterview. Das Gesicht der grau melierten Trainerin strahlt | |
ein riesiger Scheinwerfer an, das Mikrofon hängt dicht vor der Nase der | |
51-Jährigen. USA gegen Schweden, ein besonderes Spiel? "Es fühlt sich jetzt | |
nicht anders an als sonst", sagt Pia Sundhage und fügt an: "Aber stellen | |
Sie mir diese Frage bitte am Mittwochabend noch einmal!" | |
Dann hat in der Wolfsburger Arena die Auswahl ihrer Wahlheimat gegen die | |
ihrer Heimat gespielt. Es geht um den Gruppensieg, na gut, aber eigentlich | |
dreht sich mehr um die Frau mit der tiefen Stimme. Schwedische Provinz. Das | |
war einmal. Längst lebt sie in Charlotte, der größten Stadt des | |
US-Bundesstaates North Carolina. Früher gewann sie als Spielerin mit | |
Schweden die Europameisterschaft, nahm an zwei Weltmeisterschaften teil und | |
war als Trainerin ebenfalls so erfolgreich, dass es Gerüchte gab, der | |
schwedische Verband wolle sie 2009 zur Nationaltrainerin machen - beim | |
Männerteam. | |
## Mannschaften werden unterschiedlich geführt | |
Sie lächelt über diese Episode. "Ich denke, dass der Fußball noch | |
herausfinden wird, dass es sehr viele gute Trainerinnen gibt, die auch den | |
Männerfußball voranbringen können." Mit weiblicher Inspiration nämlich. Die | |
Frage sei nur, ob die männlichen Spieler für eine Frau als Trainerin bereit | |
wären. In der Art der Mannschaftsführung sieht sie nämlich immense | |
Unterschiede zwischen den Geschlechtern - "Männer neigen dazu, mit | |
Einschüchterung zu operieren". Pia Sundhage hat sich bewusst ein gemischtes | |
Trainerteam zusammengestellt, als sie vor drei Jahren dem amerikanischen | |
Lockruf folgte. | |
Sie geht mittlerweile völlig in ihrer Aufgabe auf, das schier | |
unerschöpfliche Potenzial des US-Soccer erstrahlen zu lassen. Gold hat sie | |
bereits bei Olympia 2008 in China geholt. Doch der Gewinn der WM 2011 | |
schien nach den Leistungen der Qualifikation utopisch. Nun sagt die | |
Nationaltrainerin ständig Sätze wie diese: "Drängt uns in die Ecke, und wir | |
werden noch stärker. Zweifelt an uns, und wir erfüllen uns unseren Traum." | |
Diese Frau traut sich etwas. Und da geht es gar nicht darum, dass sie nie | |
ein Geheimnis aus ihrer Homosexualität gemacht hat. | |
"Wir haben alle viel Druck. Aber jeden Tag nur Druck - das geht nicht. Man | |
muss loslassen und entspannen." Ihre Ausführung klingt weniger wie eine | |
Belehrung, eher wie eine Feststellung. Die Trainerin hat ihrem Ensemble | |
ihre eigene Unverkrampftheit übertragen. "Sie hat es geschafft, dieses Team | |
mit menschlicher Wärme und ansteckender Leidenschaft zusammenzuschweißen", | |
urteilt US-Rekordnationalspielerin Kristine Lilly. | |
Die Kamera in dem Hinterzimmer läuft noch immer, als Pia Sundhage über | |
Musik spricht. Sie soll doch auch so stimmungsvoll singen können. Es bedarf | |
nur einer zarten Aufforderung, um die Nationaltrainerin zum Rollenwechsel | |
zu animieren. Es ertönt "The Times They Are A-Changin". Ein Klassiker von | |
Bob Dylan. Pia Sundhage schmettert zwei vollständige Strophen. "Als ich zu | |
dieser Mannschaft kam, habe ich genau das dem Team vorgesungen", sagt sie | |
nachher. | |
6 Jul 2011 | |
## AUTOREN | |
Frank Hellmann | |
## TAGS | |
WM 2011 – Mixed Zone | |
WM 2011 – Mixed Zone | |
Fußball | |
Fußball | |
Fußball | |
WM 2011 – Mixed Zone | |
Fußball | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Psychologie im deutschen Team: Beerdigung eines Nervenbündels | |
Bundestrainerin Silvia Neid stellt die ausgemusterte Stürmerin Birgit Prinz | |
regelrecht an den Pranger. Sie sagt, Prinz habe nicht von Anfang an spielen | |
wollen. | |
Deutschlands Gegner im Viertelfinale: Rennen, rennen, rennen | |
Trotz der 0:2-Niederlage gegen England: Die Japanerinnen spielen taktisch | |
und technisch vielleicht den besten Fußball dieser Weltmeisterschaft. | |
Kolumne Aufm Platz: Über Athletik zum Titel | |
US-Trainerin Pia Sundhage hat dem körperlich überlegenen US-Team nun auch | |
noch europäische Spielkultur vermittelt. Eine Umstellung für ihre Frontfrau | |
Abby Wambach. | |
USA gewinnen gegen Nordkorea: Angriffsachse des Bösen geschlagen | |
Die US-Girls schlagen Nordkorea verdient mit 2:0 und zählen eindeutig zu | |
den Favoritinnen. Schuld am nordkoreanischen Unglück war ein Blitz, sagt | |
der Coach. | |
US-Botschafter über Frauenfußball: „We were the Meisters“ | |
Philip D. Murphy ist US-Botschafter in Berlin. Im Interview erklärt er | |
seine Liebe zum Frauenfußball, spricht über die WM in Deutschland und seine | |
Investitionen in einen Klub in New Jersey. | |
WM-Eröffnungsspiel Deutschland-Kanada: Allora Schadensbegrenzung | |
Carolina Morace trainiert die Kanadierinnen seit zwei Jahren und hat aus | |
ihnen ein Topteam gemacht. Obwohl sie es mit ihrem Verband alles andere als | |
leicht hat. |