# taz.de -- Kontrolle der Handykontrolle: Sachsen reagiert, Bundestag debattiert | |
> Der sächsische Justizminister will Unbeteiligte besser vor | |
> Handyüberwachung schützen. Er kündigt eine Bundesratsinitiative an. Den | |
> Datenschutzbeauftragten freut's. | |
Bild: Die Pläne von Jürgen Martens: Interessen von zufällig erfassten Passan… | |
BERLIN/FREIBURG taz | Sachsens Justizminister Jürgen Martens (FDP) hat | |
Konsequenzen aus dem sächsischen Skandal um Handyüberwachungen angekündigt. | |
Bei der Abfrage von Funkzellen sollen künftig die "Belange von | |
Unbeteiligten" besser berücksichtigt werden. Nach einer | |
Anti-Nazi-Demonstration in Dresden war nachträglich der [1][Handyverkehr in | |
weiten Teilen der Stadt ausgewertet] worden. | |
Auf Antrag der Linkspartei befasst sich heute auch der Bundestag mit dem | |
Skandal. "Die Vorfälle sind von bundesweiter Relevanz", sagte der | |
Linken-Abgeordnete Michael Leutert der taz. Es gehe um die Immunitätsrechte | |
von Parlamentarierern, die durch die Überwachungsaktion verletzt wurden, | |
aber auch um die Kriminalisierung von friedlichem Protest. "Wahrscheinlich | |
muss es eine juristische Klarstellung in der Strafprozessordnung geben." | |
Kritisch äußert sich auch Gisela Piltz, Vizefraktionschefin der FDP im | |
Bundestag: "Es ist ein einmaliger Vorgang, der sich nicht wiederholen | |
darf." | |
In Sachsen muss ab sofort der Datenschutzbeauftragte Andreas Schurig von | |
jeder Funkzellenabfrage informiert werden. Auch wenn die Verkehrsdaten | |
einzelner Anschlüsse über mehrere Wochen oder Monate abgefragt werden, muss | |
Schurig kontaktiert werden und kann bei Bedarf protestieren. Darauf | |
einigten sich vor wenigen Tagen das Justizministerium, der sächsische | |
Generalstaatsanwalt und der Datenschutzbeauftragte. Ein Gesetz ist hierfür | |
nicht erforderlich. | |
Andere Vorschläge betreffen die Strafprozessordnung (StPO), in der die | |
Funkzellenabfrage geregelt ist (Paragraf 100g Abs. 2). Da die StPO ein | |
Bundesgesetz ist, kann Sachsen hier nur einen Gesetzentwurf in den | |
Bundesrat einbringen. Wenn sich dort eine Mehrheit der Länder der | |
Initiative anschließt, wird der Vorschlag auch im Bundestag diskutiert. | |
## Vorschlag: Datenerhebung nur mit richterlicher Vorgabe | |
Martens will, dass schon bei der Anordnung einer Funkzellen-Abfrage die | |
Interessen von zufällig erfassten Passanten und Anwohnern besser | |
berücksichtigt werden. Genauere Vorschläge will eine von ihm eingesetzte | |
Arbeitsgruppe bis zur nächsten Kabinettssitzung vorlegen. | |
Außerdem soll der Begriff der "Straftat von erheblicher Bedeutung" in der | |
StPO präzisiert werden, zum Beispiel durch einen Straftatenkatalog. Nur bei | |
Ermittlungen wegen "Straftaten von erheblicher Bedeutung" ist eine | |
Funkzellenabfrage und die Weiterverwendung der Daten in anderen | |
Gerichtsverfahren möglich. Als Ermittlungsansatz kann die Polizei die Daten | |
aber auch in anderen Verfahren sowie zur Gefahrenabwehr nutzen. | |
Am wichtigsten ist der Vorschlag, einen neuen Richtervorbehalt für die | |
Datenweitergabe einzuführen. "Wenn Daten nur mit richterlicher Genehmigung | |
erhoben werden dürfen, dann sollten sie auch nur mit richterlicher | |
Genehmigung für andere Zwecke benutzt werden dürfen", erklärte Martens. | |
Derzeit kann die Polizei eine Zweckänderung vornehmen, ohne dass dies noch | |
einmal unabhängig geprüft wird. Dieser Vorschlag geht auch weit über die | |
Funkzellenfrage hinaus. "Hier machen wir eine größere Baustelle auf", sagte | |
ein Sprecher Martens auf Nachfrage der taz. | |
1 Jul 2011 | |
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## AUTOREN | |
C. Rath | |
P. Wrusch | |
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