# taz.de -- Handyaffäre geht weiter: Hörte die "Firma" in Dresden mit? | |
> Neues in der Dresdner Handyaffäre: Es gibt Hinweise darauf, dass auch der | |
> Verfassungsschutz an der Überwachung während der Nazi-Demonstration | |
> beteiligt war. | |
Bild: Die in Dresden gesammelten Daten verraten mehr über die Bürger, als sie… | |
DRESDEN taz | Bei der Mobilfunküberwachung in Dresden am 19. Februar dieses | |
Jahres ist möglicherweise auch das Bundesamt für Verfassungsschutz BfV im | |
Spiel gewesen. Das glaubt man in Dresden. Ausgangspunkt ist ein Schreiben | |
des [1][Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar], das der taz vorliegt. | |
Darin geht es um die rechtswidrige Verwendung von Daten, die das BfV durch | |
den Einsatz so genannter IMSI-Catcher erworben hat. Diese | |
Funkzellensimulatoren können personenbezogene [2][Handydaten wie auch | |
Gesprächsinhalte] erfassen. | |
Das vertrauliche Schreiben vom 5. August ist an den Vorsitzenden des | |
Bundestagsinnenausschusses Wolfgang Bosbach und andere Ausschuss-Obleute | |
gerichtet. Schaar beklagt darin, dass seine Beanstandung „gravierender | |
Rechtsverstöße“ hinsichtlich des Einsatzes von IMSI-Catchern wirkungslos | |
bleibe. | |
Mit dieser allgemeinen Bestätigung des IMSI-Catchereinsatzes durch das BfV | |
sieht man in Dresden ein Rätsel um die brutale Erstürmung des „Hauses der | |
Begegnung“ durch die Polizei am Abend der Anti-Nazi-Demonstrationen des | |
19.Februar gelöst. Bislang war nur der Einsatz eines Catchers für zwei | |
konkrete Rufnummern eingeräumt worden. Dabei sind aber laut | |
Staatsanwaltschaft Dresden keine Gesprächsinhalte aufgezeichnet worden. | |
Der Durchsuchungsbeschluss im Zuge von Ermittlungen gegen eine angebliche | |
kriminelle Vereinigung legte aber abgehörte Gespräche zugrunde - darunter | |
eine angebliche Aufforderung zu Attacken auf Nazi-Busse in Freital. Deshalb | |
wurde seit Monaten der Einsatz eines zweiten Catchers vermutet. „Wir haben | |
zwei und zwei zusammengezählt“, sagt Kerstin Köditz, Sprecherin für | |
antifaschistische Politik in der Linksfraktion des Landtages. | |
Am fraglichen Tag war an der Tankstelle neben dem Haus der Begegnung ein | |
offenkundig leerer Lieferwagen mit Regensburger Kennzeichen beobachtet | |
worden. Darin: Eine Frau mit Laptop. Auch in der Nähe: Ein Beobachter an | |
der Straße. Ein Sprecher des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz | |
antwortete auf Nachfrage ausweichend: Das Landesamt sei nicht befugt, einen | |
IMSI-Catcher einzusetzen. Zum Einsatz durch andere Stellen könne man nicht | |
Stellung nehmen. | |
Währenddessen sieht sich der sächsische Datenschutzbeauftragte [3][Andreas | |
Schurig] nach seiner Kritik an der Verhältnismäßigkeit der massenhaften | |
Dresdner Funkzellenauswertung einer regelrechten Kampagne ausgesetzt. Der | |
sächsische Richterverein warf ihm Kompetenzüberschreitung und einen | |
Eingriff in die Unabhängigkeit der Rechtssprechung vor. Das | |
Innenministerium präsentierte ein Gegengutachten des Berliner | |
Verfassungsrechtlers Prof. Ulrich Battis, der das Vorgehen für angemessen | |
hält. | |
Schurig verweist hingegen auf seinen vom gesamten Landtag bestätigten | |
Prüfauftrag und seine Pflicht zur Kontrolle der Exekutive. Der | |
Richterbeschluss, der der Anfrage zugrunde liegt, werde selbstverständlich | |
auch erst durch ein Gericht bewertet. | |
Internationale Dimensionen erhält die Affäre durch eine parlamentarische | |
Anfrage an den tschechischen Innenminister Jan Kubica. Die Abgeordnete | |
Marie Nedvedova will wissen, ob Tschechien von der Datenerfassung | |
tschechischer Demonstrationsteilnehmer am 13. und 19.Februar durch Sachsen | |
informiert wurde und ob Ermittlungen eingeleitet wurden. | |
16 Sep 2011 | |
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## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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