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# taz.de -- Kommentar Russland nach der Wahl: Was tun mit diesem Land?
> Diejenigen, die gegen Russlands Obere aufbegehren, müssen unterstützt
> werden. Doch bislang war das nicht der Fall, weil die wirtschaftlichen
> Interessen wichtiger waren.
Bild: Keine Angst mehr: Junge Russinnen mit einem Putin-Gegner in St. Petersbur…
Die umfangreichen Wahlfälschungen sowie der Einsatz von Polizei und Armee
gegen oppositionelle Demonstranten - beides entlarvt einmal mehr den
undemokratischen und menschenverachtenden Charakter der politisch
Verantwortlichen in Russland.
Mindestens genauso entlarvend ist die Reaktion des Westens auf die Wahlen
zum russischen Parlament, der Duma, sowie auf die innenpolitischen
Nachwehen dieses pseudodemokratischen Spektakels: US-Außenministerin
Hillary Clinton kritisiert, dass die Abstimmung weder frei noch fair
gewesen sei.
Und ihr deutscher Amtskollege Guido Westerwelle äußert sich besorgt über
die Berichte der OSZE-Wahlbeobachter und fordert mehr Transparenz von
Moskau ein. Mal abgesehen davon, dass Glasnost seit dem Machtantritt von
Wladimir Putin im Jahr 2000 Geschichte ist: Derartige Standardfloskeln
unterstreichen lediglich die komplette Konzept- und Hilflosigkeit des
Westens im Umgang mit der einstigen Supermacht.
Der Gipfel jedoch ist, wenn sich die deutsche Wirtschaft nun zu der kühnen
These versteigt, die jüngste Abstimmung sei die erste freie Wahl in
Russland gewesen - und ein Übergang von Wladimir Putins "gelenkter
Demokratie" zu einer Regierungsform, die den Namen Demokratie verdient,
möglich. Was die Herren Investoren umtreibt, ist klar: die Furcht, dass es
mit der vielgepriesenen Stabilität im Reiche Putins bald vorbei sein
könnte. Und damit auch mit der Putinschen Garantie für den Abschluss
weiterer lukrativer Verträge.
Diese Furcht ist nicht unbegründet. Nicht nur dass viele Russen dem "Lider"
am vergangenen Sonntag an der Urne die Gefolgschaft verweigert haben. Die
Tatsache, dass Tausende in Moskau auf die Straße gegangen sind und das auch
weiter tun wollen, zeigt an, dass ein Teil der Gesellschaft sich nicht
länger gängeln und bevormunden lassen will. Ob sich diese Protestbewegung
verstetigt, ist derzeit genauso wenig vorhersehbar wie die Antwort des
Regimes. Bisher setzt es in gewohnter Manier auf Härte.
In jedem Fall verdienen diejenigen, die aufbegehren, Unterstützung - in
welcher Form auch immer. Bislang mangelte es daran erheblich, da es stets
vor allem um die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen ging. Das muss
sich ändern. Auf dem Spiel steht viel, nicht zuletzt auch die
Glaubwürdigkeit des demokratischen Westens.
6 Dec 2011
## AUTOREN
Barbara Oertel
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