# taz.de -- Weitere Demonstrationen in Russland: Putins neue Gegner weichen nic… | |
> Truppen des Innenministeriums sollen neue Kundgebungen verhindern, doch | |
> die Proteste in Russland gegen den Wahlausgang gehen weiter. Hunderte | |
> Aktivisten wurden festgenommen. | |
Bild: Polizisten nehmen einen Anti-Kreml-Demonstranten fest. | |
MOSKAU dapd/dpa | Die russische Polizei ist nach der Parlamentswahl mit | |
massiver Gewalt gegen Regierungsgegner vorgegangen. Mehrere Hundert | |
Demonstranten wurden am Dienstag in mehreren Städten des Landes | |
festgenommen. In Moskau kam es am Abend vereinzelt zu Zusammenstößen | |
zwischen Anhängern der Opposition und der Regierungspartei Einiges | |
Russland. Eine kleinere Versammlung von Unterstützern der Kreml-Partei | |
wurde mit Feuerwerkskörpern beworfen. | |
Hunderte Polizisten riegelten den Triumph-Platz in Moskau ab, auf dem | |
Demonstranten den zweiten Tag in Folge gegen den mutmaßlichen Wahlbetrug | |
durch die Regierungspartei von Ministerpräsident Wladimir Putin | |
protestieren wollten. Flüchtende wurden verfolgt und in Polizeiwagen | |
gesperrt. Nach Angaben der Behörden wurden in Moskau mehr als 300 Menschen | |
in Gewahrsam genommen. In St. Petersburg seien es weitere 200 gewesen und | |
in der südrussischen Stadt Rostow etwa 25. Es gab mehrere Verletzte. Der | |
russische Journalistenverband protestierte gegen die illegale Festnahme von | |
Reportern. | |
Auch der führende Oppositionelle und frühere Vize-Regierungschef Boris | |
Nemzow, der Oppositionspolitiker Sergej Mitrochin von der liberalen | |
Jabloko-Partei sowie der Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation | |
Memorial, Oleg Orlow, wurden festgenommen. Beide kamen wieder auf freien | |
Fuß. | |
Auf dem Platz der Revolution in der Nähe des Kremls demonstrierten indessen | |
Regierungsanhänger. Bilder des Staatsfernsehens zeigten mehrere Tausend | |
Teilnehmer der Kundgebung. | |
Nach der Kritik internationaler Beobachter am Ablauf der Parlamentswahl | |
hatten bereits am Montag Tausende Menschen mit ihrem Protest gegen Putin | |
und dessen Partei Einiges Russland die Behörden überrascht. Rund 300 | |
Menschen wurden in Moskau festgenommen, 120 weitere bei einer ähnlichen | |
Kundgebung in St. Petersburg. | |
## Junge Garde riegelt Triumph-Platz ab | |
Am Dienstag wurden daraufhin im Zentrum Moskaus Polizisten und Truppen des | |
Innenministeriums zusammengezogen, um weitere Kundgebungen zu verhindern. | |
Auf dem abgeriegelten Triumph-Platz waren auch Hunderte junge Männer zu | |
sehen, von denen einige das Abzeichen der Jungen Garde trugen, des | |
Jugendflügels von Einiges Russland. | |
Putins Partei hatte bei der Wahl am Sonntag einen deutlichen Stimmenverlust | |
hinnehmen müssen. Doch selbst dieser verwässerte Sieg war nach Ansicht | |
seiner Gegner nur durch massiven Wahlbetrug möglich geworden, auch | |
internationale Wahlbeobachter bemängelten Manipulationen bei der Wahl am | |
Sonntag. | |
Putin selbst äußerte sich am Dienstag zufrieden über die Leistung von | |
Einiges Russland. Ein Rückgang der Unterstützung sei für jede regierende | |
Partei "unvermeidlich", sagte Putin. "Ja, es gab Verluste. Sie sind | |
unvermeidlich für jede politische Kraft, besonders für diejenige, die die | |
Last der Verantwortung für das Land trägt", sagte der Ministerpräsident. | |
## Kritik von Clinton | |
Einiges Russland hatte bei der Abstimmung am Sonntag nach Auszählung fast | |
aller Stimmen knapp weniger als 50 Prozent der Stimmen erhalten. Das gibt | |
Einiges Russland zwar immer noch eine absolute Mehrheit im Unterhaus des | |
russischen Parlaments, der Duma, ist aber deutlich weniger als die | |
Zwei-Drittel-Mehrheit nach der Wahl 2007. | |
US-Außenministerin Hillary Clinton, zu Gast im Nachbarland Litauen, | |
kritisiert die Wahl erneut scharf. "Die russischen Wähler verdienen eine | |
umfassende Untersuchung von Wahlbetrug und Wahlmanipulation", sagte sie am | |
Dienstag beim Treffen des Ministerrats der Organisation für Sicherheit und | |
Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Die OSZE hatte am Montag "häufige | |
Verfahrensverstöße" und Fälle "offensichtlicher Manipulationen" bei der | |
Parlamentswahl kritisiert. | |
7 Dec 2011 | |
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