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# taz.de -- Oppositionssender in Ungarn abgeschaltet: Musik statt Kritik
> Ungarns Meinungsfreiheit muss eine neue Schwächung verkraften: Der
> oppositionsnahe Sender Klubrádió verliert seine Sendelizenz an einen
> Dudelfunk.
Bild: Die Schlupflöcher für Regierungsgegner werden in Ungarn immer kleiner.
WIEN taz | Klubrádió, der einzig echte Oppositionssender in Ungarn, wird ab
März 2012 nicht mehr senden können. Die zuständige Abteilung der
Medienbehörde NMHH hat seine Frequenz 95,3 MHz an den bisher unbekannten
Sender Autorádió vergeben, der bereit war, einen höheren Preis für die
Sendelizenz zu zahlen.
"Ich hätte nie gedacht, dass ein Radiosender, der seit zehn Jahren sendet
und von einer halben Million Menschen gehört wird, so behandelt wird",
klagte Klubrádió-Chef András Arató im ungarischen Fernsehen. Chefredakteur
Ferenc Vicsek sprach von einer "Beleidigung einer halben Million Zuhörer".
Formal ist alles korrekt abgelaufen. Ausgeschrieben war die Frequenz für
ein Sendeprofil, das auf Klubrádió so gar nicht zutrifft. Der wortlastige
Sender ist nicht dafür bekannt, mehrheitlich ungarische Musik zu senden,
wie im Kriterienkatalog gefordert - dem zufolge außerdem
Diskussionssendungen explizit unerwünscht sind. Die meisten
Klubrádió-Sendungen sind kritisch, manche sagen, betont
regierungsfeindlich.
Aber selbst Gegner bescheinigen etwa den Diskussionsrunden hohen
Informationswert. Autorádió, eine eben erst mit einem Stammkapital von
100.000 Forint (3.300 Euro) gegründete GmbH, verspricht anspruchslose
Musikberieselung.
## Klubrádió will übers Internet weitersenden
Vor einem Jahr hatte schon die ORTT, die Vorgängerinstitution der neuen
Medienbehörde, Klubrádió eine neue Wellenlänge zugesprochen, dann aber ohne
Begründung wieder entzogen. Der betroffene Sender ging dagegen in Berufung.
Die Entscheidung ist demnächst fällig. Sollte sie negativ ausgehen, will
Klubrádió in Zukunft über Internet weiterarbeiten. András Arató hofft auf
Hilfe aus dem Ausland.
Das vor zehn Jahren gegründete Klubrádió steht der sozialdemokratischen
Partei MSZP nahe. Sein Eigentümer András Arató gilt als Unterstützer des
glücklosen Expremiers Ferenc Gyurcsány. Im Internet zirkuliert ein Foto,
auf dem er Gyurcsány nach dem Wahlsieg der MSZP im Jahr 2006 die Hand
küsst.
Die von Gyurcsány geleitete MSZP-nahe Táncsics-Stiftung bedankte sich bei
dem Sender für die Loyalität mit einer Spende von 10 Millionen Forint (rund
33.000 Euro), wie das Magazin HVG im vergangenen September berichtete.
"Die derzeitige politische Führung erwartet ganz eindeutig, dass man ihr
nicht widerspricht. Es soll keine Diskussionen geben", so Chefredakteur
Ferenc Vicsek in einer Reaktion gegenüber Deutschlandradio. Angesichts der
Gleichschaltung der öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehstationen
erfüllte Klubrádió die besonders wichtige Funktion, der Opposition eine
Stimme zu geben.
## Kostenlose Nachrichten
Die Einschaltquoten der staatlich gelenkten Nachrichtensendungen sinken
markant. Parallel zu Massenentlassungen in den Rundfunkanstalten wurde eine
zentrale Stelle gegründet, die die Nachrichten den öffentlich-rechtlichen,
aber auch den privaten Sendern unentgeltlich zur Verfügung stellt. Dániel
Papp, der Chefredakteur dieser Nachrichtenredaktion der
Mediendienstleistungsgesellschaft MTVA, wurde kürzlich suspendiert, weil er
im Fernsehen eine missliebige Person aus dem Bild retuschieren ließ.
Das seit Jahresbeginn geltende Mediengesetz sieht existenzbedrohende
Geldstrafen für Medien vor, die nach Ansicht der Medienbehörde nicht
korrekt berichten. Eine Anzahl von Gummiparagrafen bedroht die
Meinungsfreiheit selbst nach Meinung des ungarischen
Verfassungsgerichtshofs, der [1][am Montag einige der Bestimmungen als
verfassungswidrig suspendierte] und dem Parlament deren Reparatur auftrug.
21 Dec 2011
## LINKS
[1] /Ungarisches-Mediengesetz-verfassungswidrig/!84088
## AUTOREN
Ralf Leonhard
Ralf Leonhard
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
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