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# taz.de -- Verfassungsänderung in Ungarn: "Nationales Glaubensbekenntnis"
> In Ungarn tritt eine umstrittene neue Verfassung in Kraft. Das Volk
> durfte darüber nicht abstimmen. Weltweit stoßen die Gesetzesänderungen
> auf große Kritik.
Bild: Schwächt weiter die demokratische Substanz Ungarns: der nationalkonserva…
BUDAPEST dpa | Ungeachtet kritischer Einwände der europäischen Partner und
der USA hat Ungarn am Neujahrstag seine neue Verfassung in Kraft gesetzt.
Sie verschiebt die Gewichte im Land nach rechts, betont das historische
Magyarentum und erhebt bestimmte Haushaltsregeln in den Verfassungsrang.
Kritiker bewerten die Reform als Aushöhlung der demokratischen Substanz des
Staatswesens.
Der Verfassung ist ein "Nationales Glaubensbekenntnis" als Präambel
vorangestellt, das einen starken Bezug zum Christentum und zum
mittelalterlichen ungarischen Reich herstellt. Statt "Republik Ungarn"
(Magyar Köztarsasag) heißt das Land nun schlicht "Ungarn" (Magyarorszag).
Verfassungsrang bekam die 16-prozentige Einheitssteuer (Flat tax). Ein von
der gegenwärtigen Regierung des Rechtskonservativen Viktor Orban auf neun
Jahre ernannter Haushaltsrat kann künftig gegen Budgetentwürfe der
Regierung ein Veto einlegen und damit sogar vorgezogene Neuwahlen
erzwingen.
Die Kompetenzen des Verfassungsgerichts, das sich in den 22 Jahren seit der
demokratischen Wende als wichtige demokratische Kontrollinstanz etabliert
hatte, wurden deutlich beschnitten.
Orbans Regierungspartei FIDESZ (Bund Junger Demokraten) hatte bei den
Wahlen 2010 mit 53 Prozent der Stimmen eine Zweidrittelmehrheit im
Parlament errungen. Die neue Verfassung wurde vom Parlament allein mit den
Stimmen des FIDESZ und ihrer Satellitenpartei KDNP
(Christlich-Demokratische Volkspartei) angenommen. Eine Volksabstimmung gab
es ebenso wenig wie substanzielle Gespräche mit der Opposition.
Orban und seine Regierung haben neben dem Haushaltsrat auch zahlreiche
andere staatliche Funktionsträger für Perioden von neun oder zwölf Jahren
ernannt. Unter ihnen sind die Leiterin des Obersten Justizamtes und der
Oberste Staatsanwalt, die einzelne Fälle nach Belieben bestimmten Gerichten
zuweisen können. Kritiker befürchten, dass eine neue Regierung nach einer
eventuellen Abwahl Orbans durch diese Funktionsträger in ihrer
Handlungsfreiheit stark eingeschränkt sein könnte.
Die EU-Kommission hatte noch vor Jahresende einige wirtschaftliche
Bestimmungen wie den Verfassungsrang der Einheitssteuer und
Verfassungszusätze zur Einschränkung der Unabhängigkeit der Notenbank
beanstandet.
US-Außenministerin Hillary Clinton hatte darüber hinaus in einem Brief an
Orban die Einschränkung der Unabhängigkeit der Justiz und der Medien durch
die neue Verfassung kritisiert.
1 Jan 2012
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