# taz.de -- Ungarn mildert Zensurmöglichkeiten: Weniger Medien-Kontrolle | |
> Die Gefahr für Ungarns einzigen oppositionellen Rundfunksender scheint | |
> gebannt. Ein umstrittener Passus in einer Gesetzesnovelle scheitert im | |
> Parlament. | |
Bild: Protest gegen die Einschränkungen von Klubradio. | |
BUDAPEST dpa | Das ungarische Parlament hat das international kritisierte | |
Mediengesetz geändert. Dabei wurden die Möglichkeiten staatlicher Zensur | |
verringert und der Quellenschutz für Journalisten gestärkt. Anders als es | |
die rechtskonservative Regierungspartei FIDESZ ursprünglich geplant hatte, | |
wurde ein Passus gestrichen, der den Weiterbetrieb des einzigen | |
oppositionellen Rundfunksenders Klubradio hätte gefährdet können. Ungarns | |
sozialistische Opposition hält die Änderungen indes für ungenügend und | |
forderte Staatspräsident Janos Ader auf, das Gesetz nicht gegenzuzeichnen. | |
Bei der Schlussabstimmung am Donnerstag setzte das Parlament im | |
Wesentlichen ein Verfassungsgerichtsurteil vom letzten Dezember um, das | |
mehrere Bestimmungen des Mediengesetzes für illegal erklärt hatte. Demnach | |
darf die Medienbehörde NMHH redaktionelle Inhalte bei Print-Medien nicht | |
mehr kontrollieren. Gesetzesbrüche wie etwa Verletzung der Privatsphäre | |
können nur noch vor Gericht verhandelt werden. Im Falle der audiovisuellen | |
Medien bleibt diese inhaltliche Kontrolle durch die NMHH aber erhalten. | |
Journalisten können nicht mehr von der NMHH gezwungen werden, ihre Quellen | |
offenzulegen. Dies darf nur noch ein Gericht verfügen – und zwar nur dann, | |
wenn es um ein schweres Verbrechen geht und wenn die Justiz ihre | |
Informationen nicht ohne Mitwirkung der Journalisten beschaffen kann. | |
## Opposition kritisiert Fallen | |
Der im Volksmund „Lex Klubradio“ genannte Passus wurde gestrichen. FIDESZ | |
wollte eine Änderung der Vergaberichtlinien für Sendefrequenzen erreichen. | |
Beobachter gingen davon aus, dass dieser Plan direkt gegen das Klubradio | |
gerichtet war und zu einer Einstellung des Sendebetriebs hätte führen | |
können. | |
Die sozialistische Oppositionspartei MSZP beanstandete, dass das Gesetz der | |
NMHH weiterhin Möglichkeiten biete, gegen das Klubradio vorzugehen. Die | |
Fallen lägen in zu vielen Widersprüchen und Unschärfen im Gesetz. So sei es | |
unklar, welche Sender aufgrund ihrer gemeinnützigen Programmstruktur – wie | |
etwa Klubradio – von Gebühren und Abgaben befreit werden können. Zudem | |
werde der NMHH keine Frist zur Umsetzung von Gerichtsbeschlüssen gesetzt. | |
Klubradio hat vor Monaten vor Gericht eine Frequenz erstritten, aber immer | |
noch keinen Nutzungsvertrag dazu von der NMHH erhalten. | |
Nicht berücksichtigt wurde bei der Gesetzesänderung eine Forderung des | |
Europarats nach parteipolitischer Unabhängigkeit der | |
Medienkontrollbehörden. Die NMHH bleibt weiter mit treuen Parteigängern der | |
FIDESZ besetzt. Den Chef der Behörde ernennt weiterhin der | |
Ministerpräsident persönlich. | |
24 May 2012 | |
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