# taz.de -- Kommentar Ungarn: Manipulation nun etwas subtiler | |
> Zensur in Ungarn findet im Verborgenen statt, Nachrichten werden an | |
> zentraler Stelle gesiebt. Aus wirtschaftlichen Gründen greifen Medien auf | |
> diesen „Service“ zurück. | |
Das Mediengesetz ist ein Kernstück der Reformen der Fidesz-Regierung unter | |
Viktor Orbán. Es soll verhindern, dass die Medien die Regierung ähnlich | |
brutal demontieren, wie sie es mit dem glücklosen Sozialdemokraten Ferenc | |
Gyurcsány taten. Vor allem die elektronischen Medien sollen an die Kandare | |
genommen werden. | |
Ungarns Regierungsvertreter verweisen gern darauf, dass sich die meisten | |
Printmedien in privater Hand befinden und weiterhin kritisch über Orbán und | |
seine Politik berichten. Und tatsächlich genießen Zeitungen und | |
Zeitschriften noch etwas besseren Schutz. | |
Nach Protesten der EU wurden da kleine Zugeständnisse gemacht und auch die | |
jüngsten, vor dem Verfassungsgerichtshof erstrittenen Modifikationen | |
stärken das Redaktionsgeheimnis und schränken die Allmacht des Medienrats | |
etwas ein. | |
Es stimmt auch, dass noch kein einziges Medium wegen Verstoß gegen das | |
Mediengesetz bestraft worden ist. Die viel effektivere Zensur findet aber | |
ganz anders, wenn man so will, subtiler statt. Nach der Entlassung von rund | |
tausend Angestellten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkstationen will von | |
den verbliebenen Journalisten keiner seinen Job aufs Spiel setzen. Ihnen | |
wird signalisiert: Wer der Regierung huldigt, wird geschont, vielleicht | |
sogar befördert. Professionelle, kritische Arbeit wird bestraft. | |
Die Nachrichten werden von einer zentralen Stelle gesiebt und redigiert. | |
Jeder Sender kann darauf zugreifen. Angesichts der Personalnot und des | |
Sparzwangs bleibt den meisten Stationen nichts anderes übrig. Irgendwann | |
könnten auch die Privatmedien auf diese „Serviceleistung“ angewiesen sein. | |
Denn die meisten kämpfen mit wirtschaftlichen Problemen. Wer könnte schon | |
nachweisen, dass die Inserate staatsnaher Stellen aus politischen Gründen | |
spärlicher werden? | |
25 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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