# taz.de -- Eurokrise: Neue Angst um Griechenland | |
> Weiterhin zu hohe Zinsen, verfehlte Sparziele in Athen und Sorge um die | |
> Rettungsschirm-Finanzierung: Auf die Euroretter wartet auch im neuen Jahr | |
> viel Arbeit. | |
Bild: Alltagssorgen: Obdachlose in Athen warten auf eine kostenlose Mahlzeit. | |
BERLIN taz | Die Eurokrise kehrt auf die politische Agenda zurück: An | |
diesem Montag trifft sich Kanzlerin Angela Merkel mit Frankreichs Präsident | |
Nicolas Sarkozy in Berlin. Themen gibt es genug. Sie reichen vom | |
Europäischen Rettungsschirm EFSF bis zur Umschuldung Griechenlands. | |
So soll EFSF-Chef Klaus Regling eine neue Idee präsentiert haben, wie sich | |
der Rettungsschirm doch noch "hebeln" ließe, indem privates Kapital | |
eingesammelt wird. Bisher kann der EFSF nur 440 Milliarden Euro auszahlen, | |
die auf staatlichen Garantien basieren. Reglings Idee: Die Eurostaaten | |
könnten zusichern, dass sie bis zu 30 Prozent des Verlustrisikos | |
übernehmen, um ausländische Investoren anzulocken. Bisher ist nur eine | |
Verlustübernahme von 20 Prozent vorgesehen. Regling soll diesen Vorschlag | |
am Freitag auf der CSU-Tagung in Wildbad Kreuth angedeutet haben, wie die | |
Bild am Sonntag schreibt - allerdings ohne Angaben von Quellen. | |
Dass Regling darüber nachdenkt, wie man den EFSF neu gestalten kann, ist | |
nicht völlig abwegig. Denn bisher ist es nicht gelungen, ausländische | |
Investoren für den gehebelten Rettungsschirm zu interessieren. Ihnen ist | |
das Risiko zu groß, dass Italien oder Spanien zahlungsunfähig werden. Der | |
EFSF muss gehebelt werden, weil von seinen 440 Milliarden Euro schon knapp | |
die Hälfte für Irland, Portugal und Griechenland verplant ist. Die | |
restlichen 250 Milliarden Euro würden aber nicht reichen, falls Italien und | |
Spanien gestützt werden müssten. Mit Rettungsmaßnahmen ist jedoch in | |
absehbarer Zeit zu rechnen, denn die Zinsen für Italien liegen immer noch | |
exorbitant hoch. Auch die indirekten Einsätze der Europäischen Zentralbank | |
(EZB) haben bisher nur wenig bewirkt. Sie kauft regelmäßig Staatsanleihen | |
auf und hat zudem die Banken kürzlich mit knapp 500 Milliarden Euro | |
geflutet. | |
## Frankreichs Rating gefährdet | |
Das Problem Italien drängt, weil das Land allein in diesem Jahr rund 440 | |
Milliarden Euro frisches Kapital aufnehmen muss. Bei den jetzigen Zinsen | |
von bis zu 7 Prozent würde Italien alsbald in die Pleite treiben. | |
Zudem basiert auch der EFSF selbst auf einer recht wackeligen Konstruktion: | |
Seine Anleihen sollen ein AAA-Rating haben, damit die Zinsen möglichst | |
günstig sind. Doch dieses Top-Rating hängt wiederum davon ab, dass | |
Frankreich und Deutschland ihr "AAA" behalten. Das Rating von Frankreich | |
ist jedoch gefährdet - und auch dem EFSF wurde im Dezember schon angedroht, | |
dass er herabgestuft werden könnte. | |
Doch nicht nur die Rettung Italiens macht Sorgen - gleichzeitig rutscht | |
Griechenland noch stärker in die Rezession. Wie der Spiegel berichtet, will | |
der Internationale Währungsfonds (IWF) die Eckpunkte des | |
Sanierungsprogramms ändern. In einem internen Vermerk erwäge der IWF drei | |
verschiedene Szenarien: Entweder müssten die Griechen noch mehr sparen, die | |
staatlichen Kreditgeber noch mehr Geld bereitstellen oder die privaten | |
Gläubiger noch stärker auf ihre Forderungen verzichten. Bisher haben sich | |
die Banken und Versicherungen bereit erklärt, auf 50 Prozent ihrer Darlehen | |
an Griechenland zu verzichten, was eine Erleichterung von 100 Milliarden | |
bringen soll. Gleichzeitig haben IWF und EU ein weiteres Hilfspaket von 130 | |
Milliarden Euro für Griechenland zugesagt. | |
Ursprünglich war die Idee, dass Griechenland mit diesen Maßnahmen bis 2020 | |
nur noch eine Schuldenquote von 120 Prozent im Vergleich zur | |
Wirtschaftsleistung aufweist. Doch die griechische Wirtschaft schrumpft so | |
stark, dass sich immer neue Defizite auftürmen und es inzwischen als völlig | |
illusorisch gilt, dass die Hilfsvereinbarungen reichen könnten. Am 16. | |
Januar reist die "Troika" aus EU, IWF und EZB erneut nach Athen, um die | |
griechischen Sparbemühungen zu begutachten. | |
8 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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