# taz.de -- Kommentar Situation in Griechenland: Marsch zurück ins Elend | |
> Das griechische Desaster steigert sich von Monat zu Monat. Das Land wird | |
> in jene Massenarmut zurückfallen, die mit dem Euro überwunden werden | |
> sollte. | |
Griechenland ist nicht nur pleite - es ist wirklich pleite. Das ist zwar | |
eine Tautologie, aber anders lassen sich die neuesten Erkenntnisse des | |
Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht zusammenfassen. Der Begriff | |
"Pleite" kennt keine Steigerungsform, und dennoch steigert sich das | |
griechische Desaster von Monat zu Monat. | |
Der IWF hat jetzt eingeräumt, was die "Märkte" bei den Kursen für | |
griechische Staatsanleihen schon längst vorweggenommen haben: Ein | |
Schuldenschnitt von 50 Prozent wird nicht reichen, um das Land zu sanieren. | |
Man wird die Darlehen fast komplett abschreiben müssen. | |
Ein Totalverlust bei den Staatsanleihen ist schon dramatisch genug - und | |
dennoch wird damit das eigentliche Drama in Griechenland nicht beschrieben. | |
Denn die jetzigen Schulden sind in der Vergangenheit entstanden, und wenn | |
sie erlassen werden, dann wird Vergangenheitsbewältigung betrieben. Völlig | |
ungelöst ist: Wie soll die Zukunft Griechenlands aussehen? | |
Alle Reformen, die Griechenland bisher verordnet werden, sind richtig - und | |
verschärfen doch die Rezession. Es ist richtig, dass tote Rentner keine | |
Rente mehr bekommen. Aber ihre Nachfahren haben nun weniger Einkommen. Es | |
ist richtig, dass der Staatsapparat verkleinert wird. Aber viele Griechen | |
verlieren damit Lohn und Stelle. Es ist richtig, dass defizitäre | |
Staatsunternehmen geschlossen werden. Aber wieder kostet es Jobs. | |
Am Ende dürfte nur der Tourismus übrig bleiben, der aber nicht alle | |
Griechen ernähren kann. Das Land wird in jene Massenarmut zurückfallen, die | |
mit dem Euro überwunden werden sollte. Politisch ist dies sehr gefährlich. | |
Griechenland ist ein Experiment der unbekannten Sorte: Noch nie, nach dem | |
Zweiten Weltkrieg, wurde ein westeuropäisches Land so brutal und ausweglos | |
ins Elend zurückgestoßen. Es wird Zeit, sich nicht nur mit den Schulden der | |
Vergangenheit zu befassen - sondern auch mit der Zukunft Griechenlands. | |
8 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kleinunternehmer aus Athen: Von Haar- und Schuldenschnitten | |
Giorgos Sarantopoulos schneidet nicht nur Haare. Er versorgt seine | |
Stammkunden auch mit Nachrichten über die Krise – vorausgesetzt, sie kommen | |
noch. | |
Griechenlands Steuersünder: Offene Rechnungen öffentlich im Netz | |
Die griechische Regierung veröffentlicht im Netz eine Liste mit den größten | |
Steuerschuldnern. Es geht um 15 Milliarden Euro. Von dem Geld bekommt der | |
Staat aber bestenfalls einen Teil. | |
Schuldenschnitt in Griechenland: Verzweifelte Suche nach Einigung | |
Die Rettung Griechenlands schien ganz nah. Dann aber reiste der Chef des | |
Internationalen Bankenverbands ab, die Verhandlungen gerieten ins Stocken. | |
Wirtschaftskrise in Griechenland: Steuern eintreiben ohne System | |
Reiche Griechen haben ihren Steuerwohnsitz vorsorglich im Ausland. Wer beim | |
Steuerbetrug erwischt wird, schickt einen Doppelgänger zum Haftantritt. | |
EU-Schuldenkrise: Kein Ende in Sicht | |
Italien und Spanien können sich wieder Geld zu günstigen Kondition | |
besorgen. In Griechenland ist der Schuldenschnitt aber nach wie vor | |
unsicher. In Athen spekuliert man auf zusätzliche Unterstützung. | |
Neue Staatsanleihen für Italien und Spanien: Frisches Geld zu niedrigen Zinsen | |
Die von der Schuldenkrise betroffenen Länder Italien und Spanien können | |
sich neues Geld leihen, ohne Mondzinsen zu zahlen. Die Rendite für | |
italienische Anleihen lag bei gerade mal 2,735 Prozent. | |
Der Euro auf dem Weg nach unten: Der Süden zieht alle runter | |
Der Euro rutscht mit einem Gegenwert von 1,2666 Dollar auf das tiefste | |
Niveau seit dem September 2010. Yen und Franken sind bei den Anlegern | |
dagegen derzeit stark gefragt. | |
Eurokrise: Neue Angst um Griechenland | |
Weiterhin zu hohe Zinsen, verfehlte Sparziele in Athen und Sorge um die | |
Rettungsschirm-Finanzierung: Auf die Euroretter wartet auch im neuen Jahr | |
viel Arbeit. |