Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- EU-Schuldenkrise: Kein Ende in Sicht
> Italien und Spanien können sich wieder Geld zu günstigen Kondition
> besorgen. In Griechenland ist der Schuldenschnitt aber nach wie vor
> unsicher. In Athen spekuliert man auf zusätzliche Unterstützung.
Bild: EU-Stillleben: Die Krise dauert an.
BERLIN/ROM/ATHEN dpa | Italien und Spanien haben den ersten Euro-Härtetest
2012 bestanden - aber in Griechenland brennt es lichterloh. Trotz der seit
mehreren Monaten laufenden Verhandlungen über einen Schuldenschnitt sind
laut internationalem Bankenverband IIF immer noch "Kernpunkte ungelöst".
Während Rom und Madrid problemlos mehr als 20 Milliarden Euro zu günstigen
Konditionen beschaffen konnten, läuft Athen die Zeit davon.
IIF-Verhandlungsführer Charles Dallara warnte am Donnerstag nach einem
Treffen mit der griechischen Regierung: "Die Zeit für ein Abkommen wird
knapp."
Nach Angaben von Vizefinanzminister Filippos Sachinidis drohen neue
Finanzlöcher, falls nicht alle Investoren beim notwendigen Schuldenerlass
mitziehen. "Dies könnte der Fall sein, wenn nicht 100 Prozent der Halter
griechischer Staatsanleihen am Schuldenschnitt teilnehmen", sagte er im
heimischen Radio. "Dann wird eine zusätzliche Unterstützung von den
Partnern (im Euroland) nötig sein".
## Umschuldungsabkommen
Auf den 50-prozentigen Schnitt hatte sich Griechenland mit den EU-Staats-
und Regierungschefs und den Gläubigern im Herbst im Grundsatz verständigt.
Seitdem wird um Details gerungen. Griechische Vertreter beteuerten bis
zuletzt, die Verhandlungen seien auf gutem Wege.
Der IIF verwies ausdrücklich auf das jüngste Treffen von Bundeskanzlerin
Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und deren
Forderung, Griechenland müsse "so schnell wie möglich" das
Umschuldungsabkommen mit seinen privaten Gläubigern unter Dach und Fach
bringen.
Die Umschuldung gilt als entscheidender Baustein für das zweite, 130
Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm für Griechenland und soll die
Schuldenlast um rund 100 Milliarden Euro erleichtern. Die griechische
Presse berichtet seit Tagen, dass zwar die meisten Banken den
Schuldenschnitt akzeptierten.
## Sparkasse verlangt Klarheit
Viele Hedge-Fonds weigerten sich aber, weil sie entweder als
Trittbrettfahrer auf die volle Auszahlung der Schulden setzten oder auf
Ausfallversicherungen (CDS) spekulierten, mit denen sie von der
Staatspleite profitieren könnten. Sparkassenpräsident Heinrich Haasis
verlangte Klarheit: Die Sparkassen-Finanzgruppe könne sich nicht
vorstellen, freiwillig noch höhere Forderungsverzichte zu akzeptieren.
Zuletzt war wiederholt spekuliert worden, der Schuldenschnitt könnte auf
einen Forderungsausfall von mehr als 50 Prozent hinauslaufen. "Das ganze
Verfahren dauert bereits seit dem EU-Gipfel im Oktober 2011 und damit viel
zu lange", kritisierte Haasis.
Die Nachrichten aus Athen überschatten den Erfolg von Italien und Spanien
am Kapitalmarkt. Händler sahen die Emissionen als Bestätigung des positiven
Trends an den sogenannten Sekundärmärkten, wo bereits ausgegebene Anleihen
gehandelt werden.
## 300 Milliarden frisches Geld
Dort waren die Renditen zuletzt wieder gefallen, nachdem sie 2011 auf ein
Niveau gestiegen waren, das Experten für langfristig nicht erträglich
halten. "Die heutigen Auktionen sind sowohl hinsichtlich der Nachfrage als
auch in Bezug auf die Finanzierungskosten extrem positiv zu bewerten",
kommentierten die Anleihe-Experten der Großbank UniCredit.
Aber nicht nur wegen Griechenlands ungelöster Haushaltsprobleme dürften
Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Schuldenkrise verfrüht sein. Für das
hoch verschuldete Italien war die Kapitalaufnahme erst der Auftakt: Das
Land muss sich allein in diesem Jahr mehr als 300 Milliarden Euro frisches
Geld beschaffen, um auslaufende Schulden zurückzahlen zu können.
Insgesamt nahm Italien die angepeilten 12 Milliarden Euro durch die Ausgabe
von Geldmarktpapieren auf - mit zum Teil mehr als zwei Prozentpunkten
niedrigeren Zinsen als im Dezember. Die Refinanzierung ist damit so günstig
wie seit gut einem halben Jahr nicht mehr. Derweil sammelte Spanien mit 10
Milliarden Euro sogar doppelt so viel ein wie geplant.
## Mehr Haushaltsdisziplin in der Eurozone
Auch Madrid muss dafür erheblich weniger bezahlen als noch im Dezember. An
der Börse lösten die erfolgreichen Anleiheauktionen Kursgewinne aus. "Die
Wirkung der Eurokrise nimmt langsam ab", sagte Marktanalyst Robert Halver
von der Baader Bank. Während Vertreter der 27 EU-Regierungen in Brüssel
über den neuen Vertrag für mehr Haushaltsdisziplin in Eurozone und EU
berieten, warnte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Kopenhagen
vor einer Spaltung der EU.
"Wir bedauern jede Entwicklung, die zu einer Spaltung Europas führen
könnte. Das wäre sehr schädlich für unser gemeinsames Ziel", sagte er. Der
"Fiskalpakt" soll im März unterzeichnet werden. Er sieht Verpflichtungen
zum Einhalten von Defizit- und Schuldenobergrenzen vor. Großbritannien
nimmt zwar an den Verhandlungen teil, wird aber nicht unterzeichnen. Auch
in Tschechien regt sich Widerstand. Präsident Vaclav Klaus will ihn auf
nicht unterschreiben, die Regierung verhält sich zweideutig.
Die EZB widerstand vorerst dem Ruf nach noch niedrigeren Zinsen im Euroraum
und ließ den Leitzins auf dem Rekordtief von 1,0 Prozent. Wegen der
schwächelnden Konjunktur gibt es Forderungen, den wichtigsten Zins zur
Versorgung der Kreditwirtschaft im Euroraum weiter zurückzunehmen und
erstmals seit Einrichtung der EZB 1998 unter die Marke von 1,0 Prozent zu
senken.
13 Jan 2012
## ARTIKEL ZUM THEMA
Schuldenschnitt in Griechenland: Verzweifelte Suche nach Einigung
Die Rettung Griechenlands schien ganz nah. Dann aber reiste der Chef des
Internationalen Bankenverbands ab, die Verhandlungen gerieten ins Stocken.
Rettungsaktionen für den Euro: Euroschirm trotzt den schlechten Noten
Die Kapitalmärkte geben 1,5 Milliarden für Eurorettungsschirm. Dabei ist
der von Standard & Poors abgewertet worden. Italien fordert mehr deutsche
Hilfe.
Verlust der Topratings: Paris und Wien in Erklärungsnot
Die Ratingagentur Standard & Poor's hat Frankreich und Österreich von "AAA"
auf "AA+" abgewertet. In beiden Ländern freut sich die Opposition.
Volkswirt über Italiens Wirtschaftskrise: "7 Prozent Zinsen sind tragbar"
Italien muss sich frisches Geld besorgen. Das Land kann hohe Zinsen
finanzieren, sagt der Ökonom Schmieding. Dennoch könnte die Krise
eskalieren - es komme auf die EZB an.
Merkel trifft Monti: Jeden Tag ein Krisentreffen
Nachdem sich Bundeskanzlerin Merkel am Dienstag mit IWF-Chefin Lagarde
besprochen hat, trifft sie am Mittwoch den italienischen Regierungschef
Monti. Der verlangt eine wichtigere Rolle Italiens.
Treffen zur Eurokrise: FDP spaltet Merkozy
Merkel widersetzt sich dem Werben des französischen Freundes: Sie begrüßt
Sarkozys Vorstoß zur Finanztransaktionssteuer – macht aber zunächst nicht
mit.
Debatte Eurokrise: Stur gegen den Pluralismus
Der Grund für die Eurokrise ist die Hegemonie Deutschlands in der EU. Die
Deutschen betreiben weiter Nabelschau – statt ihre Rolle kritisch zu
reflektieren.
Kommentar Situation in Griechenland: Marsch zurück ins Elend
Das griechische Desaster steigert sich von Monat zu Monat. Das Land wird in
jene Massenarmut zurückfallen, die mit dem Euro überwunden werden sollte.
Eurokrise: Neue Angst um Griechenland
Weiterhin zu hohe Zinsen, verfehlte Sparziele in Athen und Sorge um die
Rettungsschirm-Finanzierung: Auf die Euroretter wartet auch im neuen Jahr
viel Arbeit.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.