# taz.de -- Rettungsaktionen für den Euro: Euroschirm trotzt den schlechten No… | |
> Die Kapitalmärkte geben 1,5 Milliarden für Eurorettungsschirm. Dabei ist | |
> der von Standard & Poors abgewertet worden. Italien fordert mehr deutsche | |
> Hilfe. | |
Bild: Ratingagenturen wie Standard & Poors machen Druck. Zu viel? | |
BRÜSSEL taz | Die Ratingagenturen sind doch nicht so mächtig, wie sie gern | |
vorgeben. Trotz der umstrittenen Herabstufung durch Standard & Poors konnte | |
der Eurorettungsschirm EFSF am Dienstag problemlos 1,5 Milliarden Euro an | |
den Kapitalmärkten aufnehmen. Auch Spanien, über das S&P ebenfalls den | |
Daumen gesenkt hatte, kam locker an frisches Geld. Die Händler hätten die | |
Downgradings längst erwartet, S&P laufe der Entwicklung hinterher, hieß es | |
zur Begründung. | |
Für den Moment hat sich die Lage in Euroland also wieder beruhigt. Der auf | |
440 Milliarden Euro ausgelegte EFSF verfügt über genug Geld, um wie bisher | |
Irland und Portugal zu stützen. Die Mittel reichen auch, um das geplante | |
neue Hilfsprogramm für Griechenland mit 150 Milliarden Euro zu finanzieren. | |
Der Fonds sei handlungsfähig, betonte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker. | |
Außerdem werde er ja ohnehin bald vom neuen Rettungsmechanismus ESM | |
abgelöst - im Juli soll es so weit sein. | |
Lag Standard & Poors also daneben, geht die Eurorettung ungestört weiter? | |
Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Als der EFSF 2010 aufgebaut wurde, | |
war er als abschreckende Brandmauer gedacht, die eine Ausweitung der | |
Eurokrise verhindern sollte. | |
Dieses Ziel wurde klar verfehlt: Italien und Spanien rutschten trotzdem in | |
die Krise - und für eine Rettung dieser beiden großen Euroländer ist | |
schlicht nicht genug Geld da. Auch die Idee, den EFSF mit einem Finanzhebel | |
aufzublasen, ist de facto gescheitert. | |
## Letzte Hoffnung: Deutschland | |
Zudem ruhen die Hoffnungen der Euroretter nun mehr denn je auf Deutschland. | |
Frankreich und Österreich sind durch das Downgrading von S&P geschwächt, | |
Deutschland ist das letzte große Euroland mit Topbonität. | |
Wenn sich die Krise also doch noch verschärft, werden sich alle Blicke nach | |
Berlin wenden. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat | |
vorsichtshalber schon einmal erklärt, er denke nicht daran, den EFSF | |
aufzustocken. Auch sonst blockt Schäuble jede Debatte über die Eurorettung | |
ab. | |
Doch lange lässt sich das Denkverbot wohl nicht durchhalten. Wenn die | |
nächsten Herabstufungen kommen - Moodys prüft gerade die Bonität | |
Frankreichs -, wird die Debatte wieder aufleben. | |
Spätestens im März müssen die Euroretter zudem entscheiden, ob die für den | |
ESM vorgesehenen 500 Milliarden Euro ausreichen oder ob der neue | |
Mechanismus gestärkt werden muss. Frankreich und Italien haben sich bereits | |
für mehr Mittel ausgesprochen, Deutschland hält auch hier dagegen. | |
## Wie ein Brandbeschleuniger | |
Die schlechten Ratings wirken also nicht unmittelbar, aber doch schleichend | |
- ähnlich wie ein Brandbeschleuniger. Und obwohl man dies in Berlin und | |
Brüssel weiß, streiten die Euroretter bei jedem Aufflammen der Krise aufs | |
Neue. | |
Diese zögerliche Haltung wiederum nehmen die Analysten von S&P und den | |
anderen US-Agenturen zum Anlass, erneut schlechte Noten zu verteilen, so | |
wie beim letzten Mal: Auch die jüngsten Downgradings wurden mit der | |
unentschlossenen EU-Politik begründet. | |
Und der nächste Streit zeichnet sich schon ab: Italiens Regierungschef | |
Mario Monti forderte mehr Hilfe von Deutschland beim Kampf gegen die Krise. | |
Im Gegenzug zu den Sparplänen seiner Regierung müsse Berlin nun auch bei | |
der Finanzierung der Schulden helfen, so Monti in der Financial Times. | |
Neben Gemeinschaftsanleihen ("Eurobonds") käme auch eine Aufstockung der | |
Rettungsschirme infrage. Es sei auch im Interesse Berlins, mehr zu tun, | |
mahnte Monti, denn sonst drohe ein Anwachsen der Europa- und | |
Deutschlandsfeindlichkeit. | |
17 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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