# taz.de -- Energieversorgung: Mehr Braunkohle wagen | |
> Sachsen und Sachsen-Anhalt setzen weiter auf Braunkohle – nicht nur als | |
> Brückentechnologie. Dafür setzen sich, außer den Grünen, alle Parteien | |
> ein. | |
Bild: Auch so ein Braunkohlegipfel - Abraumhalde Teutschenthal (Sachsen-Anhalt). | |
DRESDEN taz | „Die Braunkohle ist für eine sichere Energieversorgung | |
Deutschlands unverzichtbar.“ Dieser Kernsatz einer Erklärung nach dem | |
mitteldeutschen Braunkohlegipfel am Montag überrascht angesichts der | |
Teilnehmer nicht. | |
Neben EU-Kommissar Günther Oettinger kamen die CDU-Ministerpräsidenten | |
Stanislaw Tillich und Reiner Haseloff aus Sachsen und Sachsen-Anhalt, | |
weitere Fachminister sowie Spitzenvertreter der Energiewirtschaft nach | |
Leuna bei Leipzig ins frühere „Chemiedreieck“ der DDR. Rund 50 | |
Demonstranten vor dem Tagungsgebäude verstanden unter der Energiewende | |
etwas anderes oder sorgten sich um den Bestand ihrer durch Tagebaue | |
gefährdeten Dörfer. | |
Die Braunkohle-Lobbyisten argumentieren damit, dass die Braunkohle derzeit | |
die Hälfte des Stroms für die Grundlast in Deutschland sichere. Sie | |
sprechen von einer Brückentechnologie, die die Energiewende begleiten | |
solle. Kontinuierlich arbeitende Grundlast-Kraftwerke müssen derzeit noch | |
Schwankungen von Solar- und Windkraftanlagen ausgleichen. | |
Ministerpräsident Haseloff brachte Engpässe dieses Winters bei der | |
Gasversorgung aus Russland ins Spiel. Die Kohle könne die Abhängigkeit von | |
Öl- und Gasimporten mindern, betont die Gipfel-Erklärung. Darüber hinaus | |
gibt es Überlegungen, Kohle zu Kraftstoffen zu verarbeiten – ähnliche | |
Gedanken hatte es bereits zu DDR-Zeiten gegeben. | |
Auch als Kohlenstoffquelle – beispielsweise für heute noch aus Erdöl | |
hergestellte Plastikprodukte – komme die Braunkohle mittelfristig in | |
Betracht. „Die Kohle ist eigentlich zu schade zum Verbrennen“, sagte | |
Haseloff. | |
Neben Konzerninteressen steht offenbar auch das politische Bestreben, die | |
mitteldeutsche und Lausitzer Tagebauregion etwa gegenüber der rheinischen | |
Kohleregion aufzuwerten. So plant die Mitteldeutsche | |
Braunkohlengesellschaft Mibrag, inzwischen in tschechischem Besitz, am | |
Tagebau Profen ein neues Großkraftwerk mit 660 Megawatt Leistung. | |
Vattenfall-Europachef Tuomo Hatakka hält an der Absicht fest, in | |
Jänschwalde ein Kraftwerk mit der unterirdischen | |
Kohlendioxid-Speichertechnologie CCS zu bauen. Voraussetzung dafür wäre | |
allerdings eine gesetzliche Grundlage – über die es bislang keine | |
politische Einigung gibt. | |
Zwischen den CDU-geführten Koalitionsregierungen in Dresden und Magdeburg | |
und dem brandenburgischen Wirtschaftsminister Ralf Christoffers von der | |
Linken gibt es in der Kohlefrage keine Differenzen. Auch die IG Bergbau, | |
Chemie, Energie trägt die Leuna-Erklärung „voll und ganz mit“. Nur die | |
Grünen der drei betroffenen Bundesländer forderten gemeinsam einen | |
„koordinierten Ausstieg“ aus der Braunkohle bis 2030. | |
29 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Michael Bartsch | |
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