# taz.de -- Einigung zur CCS-Technologie: Schleswig-Holstein nicht unterkellern | |
> Nach dem Kompromiss im Vermittlungsausschuss zur CCS-Technologie hagelt | |
> es Kritik. Greenpeace und einige Bundesländer lehnen die Speicheranlagen | |
> rundweg ab. | |
Bild: Nicht sehr kompromissbereit: Im brandenburgischen Beeskow wurde schon 200… | |
BERLIN/KIEL dpa | Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hat die | |
überraschende Einigung im Vermittlungsausschuss auf unterirdische | |
Kohlendioxid-Speicher in Deutschland scharf kritisiert. | |
„Mit dem Kompromiss soll eine längst tote Technologie wiederbelebt werden“, | |
sagte Greenpeace-Energieexperte Gerald Neubauer. CO2-Endlager hätten in | |
Deutschland keine Zukunft, denn sie seien gefährlich, ökonomisch unsinnig | |
und stießen auf starken Widerstand in der Bevölkerung. Der Bundestag wollte | |
die Einigung noch am Donnerstag absegnen. | |
Die Grünen hatten am Mittwochabend gegen den Kompromiss von Bund und | |
Ländern gestimmt. Ihr Parlamentarischer Fraktionsgeschäftsführer Volker | |
Beck sagte der dpa, die Risiken der Technologie seien völlig unklar. Aus | |
seiner Sicht hätte man zunächst nur eine Erprobung zu Forschungszwecken mit | |
einer Begrenzung von 100 000 Tonnen CO2 pro Lagerstätte zulassen sollen. | |
Beck sagte, dass die Regelung vor allem ein Geschenk an Kohlekonzerne wie | |
das Unternehmen Vattenfall sei, das so in Brandenburg die | |
Braunkohleverstromung sauberer machen will. | |
## Schleswig-Holstein macht nicht mit | |
Der Kompromiss sieht vor, dass die verpresste CO2-Menge auf 1,3 Millionen | |
Tonnen pro Jahr und Speicher begrenzt wird – zunächst waren 3 Millionen | |
Tonnen geplant. Zudem gibt es eine Länderklausel, mit der Bundesländer | |
unter bestimmten Bedingungen Speicher in ihrem Gebiet verhindern können. | |
Schleswig-Holstein will die unterirdische Speicherung des Klimakillers | |
Kohlendioxid in allen Landesteilen verbieten. Dies kündigte | |
Energiewende-Minister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstag in Kiel an. Er | |
reagierte damit auf die Einigung im Vermittlungsausschuss. Das von SPD, | |
Grünen und Südschleswigschem Wählerverband (SSW) regierte | |
Schleswig-Holstein stimmte dagegen. | |
„Es ist eine politische Enttäuschung und eine Einigung zugunsten der | |
Kohle-Lobby“, sagte Habeck. „Wir haben bis zuletzt hart verhandelt und uns | |
dagegen gewehrt. Unsere Überzeugungen und die Interessen unseres Landes | |
wollten wir nicht auf dem Altar des Kompromisses opfern.“ | |
## Brandenburg wahrscheinlich auch nicht | |
Die Regierung in Kiel lehne die CO2-Verpressung weiter ab und wolle eine | |
Kohlendioxid-Einlagerung weiter verhindern. „Es ist mein Ziel, nach der | |
Sommerpause ein entsprechendes Gesetz in den Landtag einzubringen“, äußerte | |
der Kieler Minister. Er strebt dazu einen breiten Konsens im Landtag an. | |
Der Linken-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic betonte am Donnerstag in | |
Berlin: „CCS wird auch mit dem jetzt vereinbarten Gesetz in Brandenburg | |
nicht zur Anwendung kommen.“ Die Landespolitik in Brandenburg habe sich | |
klar festgelegt, CCS nicht anzuwenden, wenn es zu einer Länderklausel im | |
Bundesgesetz komm. „Daran ist sie nun gebunden“, sagte Neskovic. In | |
Brandenburg regieren SPD und Linke. | |
Eine Regelung ist so oder so wichtig, damit Zuschüsse für den Neubau von | |
Kohlekraftwerken fließen können – EU-Beihilfeleitlinien fordern eine | |
CCS-Regelung. Die Bundesregierung hätte gerne eine Regelung ohne | |
Ausstiegsklauseln gehabt und sieht CCS als Klimaschutzhoffnung. In der | |
Industrie oder bei Kohlekraftwerken wird dabei CO2 abgefangen und per | |
Pipeline in unterirdische Speicher verpresst. Bürger fürchten aber ein | |
unkontrolliertes Entweichen. | |
Bisher gibt es nur eine Pilotanlage in Brandenburg. In dem Land mit einem | |
hohen Braunkohleanteil wollte Vattenfall für 1,5 Milliarden Euro ein | |
CCS-Demonstrationskraftwerk bauen – nahm aber wegen des langen Gezerres um | |
eine Regelung Abstand davon. Allerdings gebe es weiter die Absicht, in den | |
2020er Jahren in Jänschwalde ein CCS-Kraftwerk zu bauen, um damit den | |
Energiestandort langfristig zu sichern, hatte Vattenfall-Deutschland-Chef | |
Tuomo Hatakka Ende 2011 betont. | |
28 Jun 2012 | |
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