# taz.de -- Widerstand gegen Subventionskürzungen: Regierung kippt Solarförde… | |
> Die massive Reduzierung der Solarförderung ist beschlossen. Aber selbst | |
> in der Koalition ist das Vorgehen von Röttgen und Rösler umstritten. Es | |
> könnte noch Korrekturen geben. | |
Bild: Wirtschaftsminister Philipp Rösler mag's lieber schattig. | |
BERLIN taz | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine neue Kürzung der | |
Förderung für Solarenergie beschlossen. Aber selbst aus den Fraktionen der | |
Regierungskoalition im Bundestag kommt Kritik. So will | |
CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt die niedrigeren Fördersätze, die | |
schon ab 9. März gelten sollen, teilweise verschieben. | |
Das gebiete der "Vertrauensschutz" für Investoren, die den Bau von | |
Solarkraftwerken auf der Basis der bisherigen Förderung bereits geplant | |
hätten, begründete Hasselfeldt ihren Vorstoß. Damit stellt sich erneut die | |
Frage, ob die Absenkung grundsätzlich richtig ist oder sie einen Anschlag | |
auf die Energiewende darstellt, wie der Branchenverband der Solarwirtschaft | |
argumentiert. | |
Mit kleinen und großen Solaranlagen konnten Betreiber und Projektierer im | |
vergangenen Jahr sehr gute Geschäfte machen. Besitzer von Wohnhäusern und | |
Bauern erwirtschafteten teilweise zweistellige Renditen - staatlich | |
garantiert über 20 Jahre. | |
Möglich wurden diese unbeabsichtigt hohen Profite, weil die Preise für | |
Solarmodule im vergangenen Jahr teilweise um die Hälfte einbrachen. Während | |
deutsche Modulhersteller wie Solon, Q-Cells und Solarworld unter der | |
scharfen Preiskonkurrenz aus China leiden, verdienen Projektentwickler und | |
Betreiber von Anlagen gut, weil sie einerseits von den sinkenden Preisen, | |
andererseits von der hohen Einspeisevergütung profitieren. | |
## Kleine Anlagen im Vorteil | |
## | |
Nun wollen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und | |
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) die Einspeisevergütung nach | |
dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) so weit kappen, dass nach | |
Berechnungen des Beratungsunternehmens Prognos der Profit für kleine | |
Solaranlagen auf sechs bis acht Prozent pro Jahr sinkt, der Gewinn für | |
große Freiflächen-Kraftwerke auf knapp zwei Prozent. Das heißt: Der Boom | |
der Dachanlagen könnte weitergehen, während die Errichtung großer | |
Solarparks in Deutschland sehr viel schwieriger wird. | |
Wegen der Förderkürzung bekommen die ohnehin angeschlagenen Hersteller von | |
Fotovoltaik-Modulen nun zusätzliche Probleme. Solon in Berlin hat Insolvenz | |
angemeldet, Q-Cells ringt mit seinen Gläubigern. Wäre es deshalb ratsam, | |
mehr Geld zu zahlen, um eine Zukunftsindustrie zu schützen, die über | |
Jahrzehnte aufgebaut wurde? | |
Nur etwa 20.000 von insgesamt rund 130.000 Beschäftigten in einheimischen | |
Unternehmen arbeiten direkt in der Fertigung von PV-Zellen und Modulen. So | |
muss die Politik abwägen zwischen einigen tausend Jobs und Milliarden Euro | |
möglicherweise ungerechtfertigter Subventionen. Die Erfahrung etwa mit dem | |
deutschen Kohlebergbau zeigt: Branchen, die zu nicht konkurrenzfähigen | |
Preisen produzieren, lassen sich auf die Dauer kaum aufrechterhalten. | |
## Hohe Kosten durch Subventionen | |
Und wie sieht es auf Seiten der Stromverbraucher aus - werden die | |
Privathaushalte durch die Förderung der Solarenergie finanziell zu sehr | |
belastet, wie besonders Rösler argumentiert? In der Tat braucht der | |
Sonnenstrom, der bisher nur knapp 20 Prozent des Ökostroms ausmacht, gut | |
die Hälfte der gesamten Einspeisevergütung für regenerative Energien - acht | |
Milliarden Euro pro Jahr. | |
Allerdings schlägt das für einen Dreipersonenhaushalt mit 3.000 | |
Kilowattstunden jährlichen Stromverbrauchs monatlich nur mit knapp vier | |
Euro zu Buche. Zudem hat Prognos berechnet, dass die weitere Solarförderung | |
auf bisherigem Niveau selbst bei starkem Zubau bis 2016 nicht mal einen | |
Cent pro Kilowattstunde zusätzlich beanspruchen würde. Der Grund: | |
Solarstrom wird schnell billiger, und die aktuell hohen Kosten sind vor | |
allem der teuren Subvention der Vergangenheit geschuldet. | |
Hinter der Debatte über die Solarförderung verbirgt sich auch ein | |
Machtkampf in der Energiewirtschaft. Die konventionellen Unternehmen | |
verlieren Marktanteile. 2011 sank die Einspeisung aus Atom-, Steinkohle- | |
und Erdgasanlagen um 33 Terrawattstunden, Ökostrom nahm dagegen um 19 | |
Terrawattstunden zu. Mehr erneuerbare Energie bedeutet weniger Strom aus | |
den Kraftwerken der Konzerne Eon, RWE, Vattenfall, EnBW und der großen | |
regionalen Versorger. Dagegen wehrt sich die alte Industrie, der Verband | |
der Energiewirtschaft (BDEW) begrüßt deshalb die Kürzung. | |
29 Feb 2012 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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