# taz.de -- Mit alternativen Energien aus der Krise: Athen will Solarstromexpor… | |
> Die Griechen könnten laut Lucas Papademos der „größte Exporteur sauberer | |
> Energie in der EU werden“. Die Vision des Ministerpräsidenten stößt in | |
> Deutschland auf Skepsis. | |
Bild: Ein Beruf mit Zukunft: Solarpaneelkontrolleur in Athen. | |
FREIBURG taz/dpa | Eine Lieblingsidee deutscher Energiepolitiker könnte | |
bald Gestalt annehmen. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sie schon | |
gehabt und auch Wirtschaftsminister Philip Rösler (FDP): Griechenland | |
könnte mit deutscher Hilfe zum großen Erzeuger von Solarstrom werden, | |
verbunden mit dem Ziel einer wirtschaftlichen Sanierung des Landes. Nun | |
will die griechische Regierung Ernst machen. | |
Athen möchte die staatliche Gesellschaft Helios SA gründen, um Investoren | |
aus dem Ausland für den Ausbau der Solarenergie zu werben. „Diese geht | |
Joint Ventures ein mit privaten Investoren. Die Joint Ventures werden | |
Eigentümer der Anlagen“, erklärte Griechenlands Umweltminister Giorgos | |
Papakonstantinou vor Kurzem der Wirtschaftswoche. | |
„Wir könnten der größte Exporteur sauberer Energie in der EU werden“, | |
frohlockte Griechenlands Ministerpräsident Lucas Papademos gestern bei | |
einer Konferenz in Athen. Bis zu 20 Milliarden Euro Kapital will Papademos | |
mobilisieren. Bis Ende 2013 soll eine Demonstrationsanlage ans Netz gehen, | |
in den nächsten zehn Jahren will Griechenland zehn Gigawatt Solarstrom | |
exportieren. Als Standort hat die Regierung alte Braunkohletagebaue nahe | |
Kozani und Ptolemais im Norden des Landes ausgemacht. | |
Fragt sich nur, woher das Geld kommen soll. Die EU-Kommission hatte bereits | |
vorgeschlagen, deutsche Stromkunden könnten Solaranlagen in Griechenland | |
mit der hiesigen EEG-Umlage über ihre Stromrechnung finanzieren. Doch diese | |
Idee entpuppt sich als Luftnummer: „Eine Öffnung des EEG kommt nicht in | |
Betracht“, sagte der deutsche Umweltstaatssekretär Jürgen Becker gestern in | |
Athen. | |
## Ökonomisch absurd | |
Ohnehin ist die Vorstellung, man könne in Griechenland Solarstrom erzeugen | |
und diesen nach Deutschland transportieren, ökonomisch reichlich absurd. | |
Zwar kann eine Solarstromanlage in Griechenland aufgrund der höheren | |
Einstrahlung bis zu 50 Prozent mehr Strom erzeugen als in Deutschland. | |
Trotzdem ist der griechische Solarstrom teurer. | |
Das liegt schlicht daran, dass die Preise der Solartechnik in Griechenland | |
deutlich höher und die Planungsprozesse lang sind. Aus diesem Grund hat | |
sich der Solarstrom in Griechenland bisher nie in großem Stil durchsetzen | |
können, obwohl die Einspeisevergütungen weitaus üppiger sind als in | |
Deutschland: Während hierzulande seit Anfang April für kleine Dachanlagen | |
19,5 Cent je Kilowattstunde bezahlt werden, gibt es in Griechenland bis zu | |
49,5 Cent. | |
An den Vergütungen kann es also nicht liegen, dass in Griechenland Ende | |
2011 gerade 0,6 Gigawatt an Fotovoltaik installiert waren – gegenüber 24,7 | |
Gigawatt in Deutschland. Einen Grund für die geringen Kapazitäten benannte | |
die Deutsche Energieagentur 2006 in einer Studie: „langwierige | |
Antragsverfahren“. | |
## „Einer der wichtigsten solaren Zukunftsmärkte Europas“ | |
In den kommenden Wochen will die Regierung allerdings ein Gesetz für | |
schnellere Genehmigungsverfahren verabschieden. „Der Investor erhält von | |
uns ein komplett genehmigtes Gelände, er kann sofort starten“, sagte | |
Konstantinou. Sollten die strukturellen Defizite beseitigt sein, könnte der | |
Markt erwachen. | |
„Griechenland ist einer der wichtigsten solaren Zukunftsmärkte in Europa“, | |
ist Solarworld-Chef Frank Asbeck überzeugt. Die Bedingungen für Solarstrom | |
seien „so optimal, dass sich daraus in kurzer Zeit eine tragfähige Säule | |
für die griechische Wirtschaft entwickeln kann“. | |
So hat die Branche das Land im Blick. „Griechenland könnte sinnvoll | |
Fotovoltaik zur Stromerzeugung nutzen und damit zum Beispiel seine | |
veralteten, mit importiertem Erdöl betriebenen Kraftwerke überflüssig | |
machen“, sagt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes | |
Solarwirtschaft. | |
3 Apr 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Reiseland Deutschland | |
Schwerpunkt Atomkraft | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Selbstmord in Griechenland: Ein Hauch von Zynismus | |
Manche Politiker leugnen einen Zusammenhang zwischen dem Suizid eines | |
griechischen Rentners und der Wirtschaftkrise. Das könnte Gewaltpotenzial | |
freisetzen. | |
E.ON und RWE begraben AKW-Pläne in GB: Deutscher Atomausstieg auf der Insel | |
E.ON und RWE werden sich am Bau neuer Atomkraftwerke in Großbritannien | |
nicht beteiligen. Den Energiekonzernen sind die damit verbundenen Kosten zu | |
hoch. | |
Finanzexperte über Wind- und Solarenergie: „Man braucht Wall-Street-Banken“ | |
Die Solarbranche geht nach China, Windkraft bleibt europäisches | |
Hoheitsgebiet, sagt Finanzexperte Michael Liebreich vom Nachrichtendienst | |
Bloomberg New Energy Finance. | |
Reiseführer für Solarfans: Den blauen Zellen hinterher | |
Auf den Spuren der Energiewende durchs Land reisen? Unser Autor hat es | |
ausprobiert. Nach vielen hundert Kilometern kommt er enttäuscht zurück. | |
Viel neues hat er nicht gesehen. | |
Norbert Röttgens Ausstiegsstrategie: Der Trickser | |
Schnell und wendig hat Norbert Röttgen den Atomausstieg zu seinem Thema | |
gemacht. Die Strategie: als Sieger auftreten, auch wenn etwas | |
schiefgegangen ist. | |
Widerstand gegen Subventionskürzungen: Regierung kippt Solarförderung | |
Die massive Reduzierung der Solarförderung ist beschlossen. Aber selbst in | |
der Koalition ist das Vorgehen von Röttgen und Rösler umstritten. Es könnte | |
noch Korrekturen geben. | |
Protest gegen Kürzung der Solarförderung: Der Sonne geht die Kohle aus | |
Die von der schwarz-gelben Koalition geplanten Einschnitte in der | |
Solarförderung sollen bis zum März umgesetzt werden. Die Branche reagiert | |
mit massiven Protesten. |