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# taz.de -- Ägypten vor der Wahl: Wiedervereint auf dem Tahrir
> Erneut demonstrieren in Kairo Islamisten, Liberale und Tahrir-Aktivisten
> gemeinsam. Sie wollen ein Ende der Militärherrschaft. Ganz grün sind sie
> sich nicht.
Bild: Ein Markt der Meinungen.
KAIRO taz | Alle waren auf dem Tahrirplatz zum „Freitag der
Selbstbestimmung“ zusammengekommen. Ursprünglich hatten nur die Islamisten
zu diesem Protest aufgerufen, nachdem die Präsidentschaftskandidaten
Khairat al-Schater von den Muslimbrüdern und Hazem Abu Ismail von den
ultrakonservativen Salafisten diese Woche von der ägyptischen
Wahlkommission disqualifiziert worden waren.
Doch schon bald hatten Liberale, Säkulare und Tahrir-Aktivisten dazu
aufgerufen, sich den Protesten anzuschließen. Gefordert wird eine
Einhaltung des Datums für die Präsidentschaftswahlen und eine Ende der
Militärherrschaft.
Für die Muslimbruderschaft gleicht der Aufruf, auf dem Tahrirplatz mit
einem breiten Bündnis zu demonstrieren, eher dem Gang nach Canossa. „Wir
sind im Parlament nicht weitergekommen, dessen Entscheidungen vom
Militärrat ignoriert wurden. Unser wichtigster Präsidentschaftskandidat
Khairat al-Schater wurde disqualifiziert, also geht es jetzt wieder auf den
Tahrirplatz“, erklärt der junge Muslimbruder Muhammad Ramadan.
Doch er stößt schnell auf Widerspruch. „Wo wart ihr, als wir euch gebraucht
haben“, ruft Siam Muhammad, ein linker Tahrir-Aktivist der ersten Stunde.
„Als wir am 25. Januar 2011 mit dem Aufstand gegen Mubarak begonnen haben,
wart ihr nicht hier. Als wir Ende letzten Jahres vor dem Innenministerium
gekämpft haben, da saßt ihr im Parlament und habt davon gesprochen, dass
nur das Parlament, nicht aber die Proteste auf der Straße legitim seien.
Als unsere Frauen von Soldaten verprügelt wurden, da habt ihr gesagt, die
Frauen hätten das provoziert und seien selber schuld“, fügt er aufgebracht
hinzu.
Der 57-Jährige war immer dabei und zeigt zum Beweis die Narbe am Kopf und
eine Schussverletzung im Bein. Der junge Muslimbruder kann dem wenig
entgegensetzen und zieht weiter. Die Tahrir-Aktivisten müssen die erneute
Präsenz der Islamisten auf dem Platz erst verdauen. Einige hatten dazu
aufgerufen, den Protesten fernzubleiben, aus Angst von den Islamisten
instrumentalisiert zu werden.
Am Ende hatte sich der Platz in einen Markt der Meinungen verwandelt. Dabei
geht es darum, einen Konsens zu finden, wie es mit der demokratischen
Entwicklung weitergehen soll. „Sie alle haben gemerkt, dass keiner den
anderen politisch besiegen kann. Die Islamisten, das Militär, die
Liberalen, die Tahrir-Revolutionäre müssen zusammenarbeiten“, sagt Zahran.
„Es gibt eine Krise bei den Präsidentschaftswahlen und beim Schreiben der
Verfassung, und nun versuchen die verschiedenen politischen Gruppierungen,
eine Einigung zu finden“, glaubt der ägyptische Politologe Hassan Nafaa.
Die Muslimbrüder hätten zugegeben, dass sie zu machtgierig waren und
gescheitert sind. „Nun kommen sie auf den Tahrirplatz zurück und versuchen,
mit den anderen einen Konsens zu finden“, meint er und fügt hinzu. „Wenn
der Militärrat mit seiner Teile-und-herrsche-Politik nicht mehr durchkommt,
sind wir in Ägypten einen guten Schritt weitergekommen.“
20 Apr 2012
## AUTOREN
Karim Gawhary
Karim El-Gawhary
## TAGS
tazlab 2012: „Das gute Leben“
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