# taz.de -- Tierschützerin zu Hundemord in der Ukraine: „Natürlich sind wen… | |
> Marion Dudla vom Deutschen Tierschutzbund über deutsche Werbung für | |
> Straßenhunde in Kiew, die Tierliebe der Ukrainer und den Nutzen von | |
> Kastrationen. | |
Bild: Respekt, bitte! Das ganze Plakat finden Sie <a href="http://www.tierschut… | |
taz: Frau Dudla, wie kommt es, dass ein deutscher Tierschutzbund in der | |
Ukraine Plakate klebt und Fernsehspots schaltet? Hat die Ukraine keine | |
eigenen Tierschutzvereinigungen? | |
Marion Dudla: Das Thema der Tötung von Straßenhunden ist in vielen | |
östlichen und südlichen Ländern Europas ein Problem, das in der Ukraine im | |
Zuge der EM natürlich besonders ins Blickfeld geraten ist. Und ja, es gibt | |
es auch Tierschützer vor Ort, aber nicht mit unserer Schlagkraft und | |
unseren finanziellen Mitteln. Abgesehen davon ist der Deutsche | |
Tierschutzbund grundsätzlich nicht nur in Deutschland aktiv. Uns ist dabei | |
wichtig, dass nachhaltig vor Ort etwas getan wird. Also nicht hunderte, | |
tausende von Tieren nach Deutschland holen und hier weitervermitteln. | |
Wofür werben die Plakate genau? | |
Für ein Projekt in Kiew, das die Straßenhundepopulation der Stadt mit | |
tierschutzkonformen Maßnahmen langfristig zu reduzieren soll. Mit diesem | |
Konzept – „Fangen, Kastrieren und Freilassen“ – sind wir seit 2000 in | |
Odessa aktiv und sehr glücklich, wie es läuft. In Kiew haben wir Ende | |
Februar einen Vertrag mit dem stellvertretenden Bürgermeister | |
unterzeichnet, so dass wir jetzt auch dort das Tierschutzzentrum bei | |
Kastrationen und Aufklärungsarbeit unterstützen können. | |
Wie läuft die Aktion bisher? | |
Erfolgreich. In zwei Tierkliniken haben ukrainische Tierärzte bereits | |
einige hundert Hunde kastriert. | |
Dass sich der Tierschutzbund für eine Reduzierung der Hundepopulation | |
einsetzt, dürfte auf den ersten Blick einige Menschen überraschen. | |
Diese Hunde sind ja ihrem Schicksal überlassen und müssen unter schlechten | |
Bedingungen leben. Da ist natürlich eine Reduzierung das Ziel. Mit humanen | |
Methoden. Das Töten funktioniert hingegen nicht, das ist nicht nachhaltig: | |
Werden durch Tötungen Plätze frei, werden diese einfach von anderen Tieren | |
eingenommen. | |
Die Größe einer Hundepopulation wird von den Ressourcen wie Wasser und | |
Nahrung bestimmt, davon hängt auch ab, wie viel Nachwuchs Muttertiere | |
kriegen. Deshalb hat die Kastration oberste Priorität, nur so kann man | |
langfristig etwas erreichen. Das schließt auch die unkastrierten Tiere in | |
Privathaushalten ein, die draußen herumlaufen. Sie sind Teil des Problems. | |
Aber wirkt so eine Werbekampagne nicht ein bisschen kulturimperialistisch? | |
Die Deutschen erklären den Ukrainern jetzt mal, wie Tierschutz | |
funktioniert. | |
Die Kampagne ist zweisprachig, Ukrainisch beziehungsweise Russisch und | |
Deutsch – damit wir eben nicht so auftreten nach dem Motto „Hier ist der | |
Deutsche Tierschutzbund und hier wird Deutsch geredet“. | |
Es wäre ja aber auch ganz ohne Deutsch gegangen. | |
Das wäre denkbar gewesen, aber es sollte ein Motiv sein, das hier und dort | |
funktioniert. Außerdem wird so auch noch mal deutlich, dass wir gemeinsam | |
an diesem Thema arbeiten. Jedenfalls liegt es uns fern, kolonialistisch | |
aufzutreten. Zusätzlich wurden die Fotos direkt in der Ukraine gemacht und | |
wir haben extra ein freundliches Motiv gewählt – eben nichts mit Blut, wie | |
das vielleicht andere Organisationen machen würden, damit schlägt man sich | |
eher die Türen zu. Bisher haben wir von der Bevölkerung keine negativen | |
Rückmeldungen bekommen. | |
In Deutschland bekam das Thema der Hundetötungen im Herbst 2011 große | |
Aufmerksamkeit. Hat sich dadurch in der Ukraine irgendwas konkret getan? | |
Ein vorsichtiges Ja. Die meisten Ukrainer sind sehr tierlieb, wir haben | |
auch schon in Odessa gesehen, wie viele Menschen unser Zentrum besuchen, | |
wie sie „ihre“ Straßentiere füttern und sich um sie kümmern. Aber würde… | |
das Tierwohl im Vordergrund stehen, dann gäbe es diese Hundetötungen auch | |
nicht. Denn trotz des ukrainischen Tierschutzgesetzes, das die Tötungen | |
verbietet, gibt es immer noch so genannte Doghunter, die teilweise schon | |
sehr intensiv zugange sind. | |
Ein solcher Hundejäger wurde in Kiew vor zwei Wochen zu vier Jahren Haft | |
verurteilt. Bedeutet das, dass es ein Umdenken gibt? | |
Dieses Urteil ist ein gutes Zeichen, denn aus Gesprächen vor Ort wissen | |
wir, dass die Verwaltungen angehalten sind, Tiertötungen konsequent zu | |
ahnden. Aber natürlich muss man jetzt dranbleiben, damit diese Entwicklung | |
nachhaltig auch nach der EM weitergeht und nicht mit dem Interesse am Land | |
auch das Interesse für die Tiere nachlässt. Die Gefahr ist sicher groß, | |
dass sich dann andere Organisationen zurückziehen. Wir bleiben auf jeden | |
Fall dran, unser Projekt ist erst mal für zwei Jahre angelegt. | |
29 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Michael Brake | |
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