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# taz.de -- Kolumne Ostwärts Immer: Vierbeinige Überlebende
> Das Zählen der Straßenhunde fällt schwer. Die systematische Ausrottung
> der räudigen Streuner ist offensichtlich nicht zu Ende gebracht worden.
Für Maxim bin ich ein Spinner. Die ganze EM in der Ukraine? Verrückt. Aber
für Deutsche, meint der Mann, der gerade noch rechtzeitig zum Turnierstart
ein Minihotel in einem kleinen Gewerbehof in der Nähe des großen Kiewer
Busbahnhofs eröffnet hat, sei der Fußball ohnehin wichtiger als alles
andere. Beispiel: Auf die Idee, die ukrainische Nationalmannschaft zu
vergiften, könnten nur Deutsche kommen. Die ukrainische Auswahl! Die sei so
schlecht, die brauche man doch nicht zu vergiften.
Aber die Deutschen seien nun mal gründlicher als alle anderen. Den
ukrainischen Spielern vor einer Testpartie gegen die Türkei in Ingolstadt
vergifteten Salat zu servieren, um schon mal einen Konkurrenten
auszuschalten – unglaublich. Wir seien immer schon so gewesen, sagt Maxim.
Hitler und so. Aber nützen würde uns das nichts, den Krieg hätten wir dann
ja wohl verloren.
Den zehn erkrankten Spielern geht es wieder gut, sagt Trainer Oleg Blochin.
Sie haben die Giftattacke überlebt. Elf weitere Überlebende begegnen mir
bei meinem ersten Ausflug in die Fanzone in der Kiewer Innenstadt, die
gestern eröffnet wurde. Es sind Straßenhunde. Es gibt sie also noch.
Die systematische Ausrottung der räudigen Streuner, die von Tierschützern
in den Wochen vor der EM immer wieder angeprangert worden war, ist
offensichtlich ebenso wenig vor Turnierbeginn zu Ende gebracht worden wie
der Bau eines neuen gigantischen Terminals am Kiewer Flughafen Boryspil.
Mit dem Zählen der Hunde tue ich mich schwer. Immer wieder tauchen Streuner
auf, bei denen ich mir nicht sicher bin, ob ich sie schon auf der Rechnung
habe. Ein schwarzer Hund nötigt mir Respekt ab. Er schafft es ohne größere
Probleme, den achtspurigen Boulevard der Völkerfreundschaft mitten im
Berufsverkehr zu überqueren.
Vielleicht hätte ich auch einfach über diese Stadtautobahn gehen sollen,
frage ich mich, als kurz darauf in der dunklen Unterführung unter dem
Boulevard ein großer Mann auf mich zutorkelt und nur deshalb nicht zu Boden
fällt, weil er sich an mir festkrallt. Kuhäugig schaut er mich an.
Euro, sagt er, und ich überlege, wie viel ich zahlen muss, damit er mich
wieder loslässt. Euro, sagt er noch einmal und fragt, woher ich komme. Er
muss lachen. Die ukrainische Mannschaft zu vergiften, darauf könnten nur
wir Deutsche kommen. Der Mann will kein Geld. Er ist betrunken und redet
über Fußball. Alles ganz normal am ersten Turniertag.
9 Jun 2012
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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