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# taz.de -- Nach Klagen gegen Fiskalpakt und ESM: Karlsruhe muss Euro-Streit sc…
> Nach der Einigung von Bundestag und Bundesrat über die Euro-Rettung
> reichten verschiedene Gruppen Klagen ein. Nun muss das
> Bundesverfassungsgericht schlichten.
Bild: Dagegen! Bundesverfassungsgericht, übernehmen Sie!
BERLIN dapd | Im Streit über die Euro-Rettung hat das
Bundesverfassungsgericht jetzt das Wort. Kurz nach der historischen
Einigung von Bundestag und Bundesrat reichten verschiedene Gruppen in
Karlsruhe Klagen gegen den Fiskalpakt und den künftigen Euro-Rettungsschirm
ESM ein. Da Bundespräsident Joachim Gauck bereits angekündigt hat, dem
Gericht ausreichend Zeit zur Prüfung der Eilanträge zu geben, wird der ESM
verspätet starten. Mit einer ersten Entscheidung des Gerichts wird nicht
vor Mitte Juli gerechnet.
Die ESM-Gegner sind breit aufgestellt: Sowohl die Linksfraktion im
Bundestag als auch der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler haben das Gericht
angerufen. Weiterhin haben eine Gruppe von Professoren sowie die
Bürgerinitiative „Mehr Demokratie“ ihre Verfassungsbeschwerden in Karlsruhe
eingereicht.
Die Initiative wird von der früheren Justizministerin Herta Däubler-Gmelin
(SPD) angeführt; zu den rund 12.000 Unterzeichnern gehört auch der
SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Danckert. Schließlich hat ein einzelner
Bürger gegen die neuen EU-Kompetenzen Verfassungsbeschwerde eingelegt.
Eine Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts bestätigte den Eingang der
Eilanträge. Die acht zuständigen Richterinnen und Richter können darüber
eine mündliche Verhandlung führen. Möglich ist aber auch, dass der Zweite
Senat auf dem Beschlussweg entscheidet. Ob es eine Verhandlung gibt, will
das Bundesverfassungsgericht Anfang der Woche bekannt geben.
## Ohne ein deutsches Ja läuft nichts
Der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM soll langfristig den befristeten
Vorgänger EFSF ablösen und mit bis zu 500 Milliarden Euro angeschlagenen
EU-Staaten unter die Arme greifen können, wenn sie am Markt kein Geld mehr
bekommen. Doch ohne eine Zustimmung Deutschlands, das den größten
Einzelanteil erbringt, kann er seine Arbeit nicht aufnehmen.
Bislang haben zehn Länder den ESM-Vertrag ratifiziert: Frankreich, Spanien,
Griechenland, Portugal, Finnland, Zypern, Belgien, Slowenien, Luxemburg und
die Slowakei. In den Niederlanden sind noch formale Hürden zu nehmen.
Flankiert werden soll der ESM durch einen sogenannten Fiskalpakt für mehr
Haushaltsdisziplin in den EU-Staaten. Dieser soll Anfang 2013 in Kraft
treten. 25 Länder nehmen am Fiskalpakt teil - alle EU-Staaten außer
Großbritannien und Tschechien. Neben klaren Vorgaben zur Begrenzung der
Neuverschuldung gibt er auch den langfristigen Rahmen zur Schuldentilgung
vor.
Genau damit geht der Fiskalpakt nach Ansicht der Kläger zu weit. Nicht mehr
auszuschließen sei, dass künftig in das bisher autonome Haushaltsrecht der
EU-Staaten direkt eingegriffen werden könne, argumentieren alle Gegner
übereinstimmend. „Der Sozialstaat entzieht sich so der Gestaltung durch den
Deutschen Bundestag“, sagte etwa der Prozessbevollmächtigte der
Linksfraktion, Andreas Fisahn.
Für Gauweiler verstoßen diese von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit
ausverhandelten Instrumente „in schwerwiegender Weise gegen das
Demokratieprinzip“. Der ESM übertrage beispielsweise die Verfügung über
Steuergelder in dreistelliger Millionenhöhe „auf eine demokratisch nicht
legitimierte Organisation“. Der FDP-Eurorebell Frank Schäffler sprach sogar
von einem „Weg in die Knechtschaft“. Die Kläger wollen daher erreichen,
dass das Bundesverfassungsgericht die neuen EU-Verträge vorläufig stoppt.
## Koalition betont Verfassungstreue
Diese Vorwürfe sind aus Sicht der schwarz-gelben Koalition unbegründet. Die
Beschlüsse von Bundestag und Bundesrat zur Euro-Rettung seien mit dem
Grundgesetz durchaus vereinbar, sagte etwa der FDP-Fraktionsvorsitzende
Rainer Brüderle der Welt am Sonntag. „Die Bundesregierung hat das vorher
geprüft.“ Noch am Freitagabend hatte Kanzlerin Merkel in der
Parlamentsdebatte betont, beide Verträge seien „unumkehrbare Schritte hin
zu einer nachhaltigen Stabilitätsunion“.
Unterdessen beklagen Exporteure bereits einen ersten Imageschaden durch die
deutschen Vorgaben für Europas Sparpolitik. „Die Stimmung gegenüber
Deutschland kippt und ist deutlich kälter geworden“, sagte der Präsident
des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), Anton
Börner, der Wirtschaftswoche.
30 Jun 2012
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