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# taz.de -- Abstimmung zum Fiskalpakt: Merkels Eurokurs auf Talfahrt
> Die Opposition weidet sich an der offenkundigen Niederlage der Kanzlerin
> beim EU-Gipfel. Sie will aber dem Fiskalpakt erst recht zustimmen.
Bild: Gut, so eine Fratze zieht die Kanzlerin noch nicht, auch, wenn die Opposi…
BERLIN taz | Niederlage? Welche Niederlage? Die Bundeskanzlerin konnte
jedenfalls nach dem zweitätigen Verhandlungsmarathon des EU-Gipfels keine
erkennen.
„Es war ein intensiver Rat, der eine Menge entschieden hat“, sagte Angela
Merkel (CDU) am Freitag in Brüssel. Und sie fügte hinzu: Die
Bundesregierung sei ihrer bisherigen Linie „treu geblieben“. Keine Leistung
ohne Gegenleistung, so Merkel, und „keine Haftung ohne Kontrolle“.
Wirklich? Sicher ist: Die Staats- und Regierungschefs einigten sich auf
mehrere Dinge, die Merkel zuvor noch strikt abgelehnt hatte. Zum Beispiel
darauf, angeschlagene Banken direkt aus dem Europäischen Rettungsschirm ESM
mit Geld zu versorgen. Prompt warfen SPD und Grüne Merkel eine Kehrtwende
vor.
„Frau Merkel reißt die nächsten roten Linien“, sagte Grünen-Fraktionschef
Jürgen Trittin. Bis zum Gipfel sei sie dagegen eingetreten, Banken direkt
zu rekapitalisieren oder Hilfen aus den Rettungsschirmen ohne Auflagen zu
vergeben. Diese Positionen habe die Kanzlerin räumen müssen, sagte Trittin.
Auch die SPD lästerte über die Wende-Kanzlerin. Die Ergebnisse seien eine
„krachende Niederlage“ für Merkel, sagte der Haushälter Carsten Schneider.
Er forderte, die Kanzlerin müsse ihre Kehrtwende erklären, und stellte gar
die für den Abend geplanten Abstimmungen des Bundestags über den
Europäischen Rettungsfonds ESM infrage. Spontan wurde der
Haushaltsausschuss einberufen, um über die Gipfelergebnisse zu beraten.
Für den Abend ist in Berlin ein parlamentarisches Mammutprogramm mit zwei
historischen Entscheidungen geplant: Der Bundestag soll jeweils mit
Zweidrittelmehrheit den Fiskalpakt und den Europäischen Rettungsschirm ESM
ratifizieren. Die nötigen Mehrheiten gelten als sicher, weil SPD und Grüne
zuvor angekündigt haben, mit der Koalition zu stimmen. Nur die Linkspartei
will geschlossen mit Nein abstimmen. Nach der Ratifizierung durch das
Parlament soll auch der Bundesrat in einer Nachtsitzung die Pakete
absegnen.
Bei den Grünen hatte die Entscheidung intern für heftige Debatten gesorgt.
So planten rund 15 Abgeordnete der 68-köpfigen Fraktion, dem Fiskalpakt
ihre Zustimmung zu verweigern. Es könnten auch weniger werden, hieß es am
Nachmittag in Fraktionskreisen. Die Kehrtwendung auf dem Gipfel erleichtere
den Grünen die Zustimmung, sagte die Haushaltsexpertin Priska Hinz. Zuvor
hatte sich der Finanzpolitiker Gerhard Schick nach langen Zweifeln dafür
entschieden, dem Sparpaket zuzustimmen.
29 Jun 2012
## AUTOREN
Ulrich Schulte
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