# taz.de -- Handelskrieg in der Solarbranche: Chinas Klimaschutz ärgert Altmai… | |
> Bundesumweltminister Altmaier wünscht sich Strafzölle auf chinesische | |
> Solarmodule, die die deutsche Branche unter Druck setzen. Die Chinesen | |
> fühlen sich ungerecht behandelt. | |
Bild: Fertig für den Export: Solarmodule von Yingli. | |
PEKING taz | Tian Liang versteht die Welt nicht mehr. Zumindest die | |
westliche nicht. Erst beklagten sich die Industriestaaten, China mache | |
nicht genug für den Klimaschutz, sagte der Sprecher von Yingli, Chinas | |
zweitgrößtem Photovoltaikhersteller. Und nun würfen die gleichen Länder der | |
chinesischen Solarindustrie Preisdumping vor. | |
Solarhersteller in den USA haben bereits durchgesetzt, dass das dortige | |
Handelsministerium für Solarimporte aus China Strafzölle von bis zu 250 | |
Prozent verhängt, die zumindest bis zu einer endgültigen Entscheidung im | |
Oktober gelten. | |
Nun will Deutschland offensichtlich dafür sorgen, dass die EU nachzieht. | |
Umweltminister Peter Altmaier (CDU) zeigte am Donnerstagabend in der | |
ZDF-Talksendung „Maybritt Illner“ Sympathie für „ein Antidumping-Verfahr… | |
gegen China“ und forderte einen fairen Weltmarkt-Wettbewerb. Einleiten | |
müsste ein solches Verfahren die EU-Kommission in Brüssel. | |
Altmaier will damit der kriselnden Solarbranche in Deutschland helfen, die | |
unter der sehr viel preisgünstigeren Konkurrenz aus Fernost leidet. Mehrere | |
deutsche Solarunternehmen haben bereits Insolvenz angemeldet, darunter | |
Q-Cells, Solon und First Solar. | |
## Größter Investor in Erneuerbare | |
Doch was ist dran an den Dumping-Vorwürfen? Tatsächlich arbeitet die | |
chinesische Regierung derzeit hart an einer Energiewende und ist bereits | |
jetzt der weltweit größte Investor in erneuerbare Energie. In den kommenden | |
fünf Jahren will das Schwellenland umgerechnet knapp 400 Milliarden Euro | |
für Strom aus Sonne, Wasser und Wind ausgeben. | |
Die Form der Beihilfen ähneln dem deutschen Modell: Der Staat setzt Anreize | |
für den Aufbau umweltfreundlicher Stromerzeugung, als Nebeneffekt sollen | |
Arbeitsplätze und ein Wettbewerbsvorsprung entstehen. „Wir machen nichts, | |
was nicht in anderen Ländern auch üblich ist“, beteuert Yingli-Sprecher | |
Tian Liang. | |
Tatsächlich werden in China wie auch in Deutschland vor allem die | |
Endverbraucher bei der Einspeisung bezuschusst, also die Eigentümer und | |
Nutzer von Solaranlagen - nur dass dieser Faktor in China eine deutlich | |
geringere Rolle spielt. Denn über 90 Prozent aller dort hergestellten | |
Solarpanelen werden exportiert. Die Einspeiseverordnung erklärt den Erfolg | |
der chinesischen Hersteller also nicht. | |
Nachgewiesen sind Krediterleichterungen bei Neuinvestitionen und kommunale | |
Förderungen etwa bei der Landvergabe beim Aufbau von neuen | |
Produktionsstätten. Aber auch das gibt es in anderen Ländern. Den Vorwurf | |
des Dumpings weist Yingli-Sprecher Tian Liang daher zurück. Bei einer | |
Exportquote von über 80 Prozent könne Yingli unmöglich seine Produkte auf | |
Dauer unter dem Selbstkostenpreis anbieten, sagt Liang. Yingli hätte nie | |
über so viele Jahre hinweg Renditen von 20 Prozent und mehr erzielen | |
können. | |
## Sehr niedrige Lohnkosten | |
Dass chinesische Module mit bis zu 1,40 Euro je Watt zu gleicher Qualität | |
rund ein Drittel billiger sind als die europäischer Anbieter, dürften | |
zumindest zu einem gewissen Teil mit den niedrigen Arbeitskosten in China | |
zusammen hängen. Umgerechnet rund 350 Euro im Monat zahlt Yingli seinen | |
Angestellten im Schnitt. | |
In der deutschen Branche wird schon länger diskutiert, dass es | |
wirtschaftlich kaum mehr lohnt, Solarmodule in Deutschland herzustellen. | |
Die Produktion sei technologisch nicht aufwändiger als die eines | |
Flachbildschirms. Und da könnten deutsche Löhne ja auch schon lange nicht | |
mehr mit denen in China mithalten. | |
Chinas Solarindustrie hat bereits eine Phase der Konsolidierung hinter | |
sich. 70 Prozent der chinesischen Solarfirmen musste in den vergangenen | |
Jahren ihre Pforten schließen, das habe die verbliebenen 30 Prozent | |
gestärkt, sagt Zhang Xiwu von der China Photovoltaic Society, einem | |
Zusammenschluss der chinesischen Solarbranche. Chinas Solar-Industrie habe | |
sich gesund geschrumpft. Dies stehe in anderen Ländern eben noch aus. | |
20 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
## TAGS | |
Insolvenz | |
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