| # taz.de -- Für Olympia!: Olympia? Wunderbar, her damit! | |
| > Die Olympischen Spiele sind die globalisierende Utopie einer besser | |
| > werdenden Zeit. Erst die Kommerzialisiserung hat sie davon befreit, eine | |
| > elitäre, weiße Veranstaltung zu sein. | |
| Bild: Königin Elizabeth (vorn) und ihr Mann (hinten) rufen die Jugend der Welt… | |
| Oh ja, es ist ja historisch nur zu richtig, dass die Olympischen Spiele, | |
| die zunächst nur sommerliche waren, aus elitärem Geist, aus militärischer | |
| Inspiration, aus der Ära der jungen, modernen Nationalstaaten | |
| hervorgegangen ist. | |
| Der Erfinder dieser Ende des 19. Jahrhunderts lancierten Wiederbelebung der | |
| Wettkämpfe aus dem alten Griechenland, der französische Baron de Coubertin, | |
| hatte, als er ein Fest der sportlichen Auseinandersetzung mit Lorbeerkranz | |
| und Medaillen erträumte, nicht die Olympischen Spiele im Sinne, die es nun | |
| in London geben wird. Er wollte Erbauung über nationale Grenzen hinweg, | |
| körperliche Darbietungen unter Wettkampfbedingungen. | |
| Man kann ebenso gegen dieses globalisierteste Projekt der Moderne anführen, | |
| dass deren sportpolitischen Strukturen jeden Glauben nähren, alles drehe | |
| sich nur um Geld und Kommerz und Konkurrenz. Es geht mehr und mehr – gerade | |
| im Hinblick auf die Kosten der TV-Medialisierung dieses Events –, um | |
| Abermilliarden. Olympische Spiele, das sei doch, so kann man mit guten | |
| Gründen anführen, Entertainment, geboren in einem Altherrenclub namens IOC, | |
| realisiert durch Metropolen und Medienkonsortien, die alles im Sinn haben, | |
| aber nicht die gründliche Verbesserung der Welt. | |
| ## Eine gerechtere Welt | |
| Solche Einwände haben ihren Platz, nicht nur in Gemütern von | |
| Verschwörungstheoretikern. Das Verblüffende allein ist, dass diese Idee der | |
| Olympischen Spiele, inzwischen alle vier Jahre nicht nur sommers | |
| zelebriert, sondern auch im Winter, mehr von dem realisieren half, was | |
| liberale, linke Menschen auf ihren Wunschlisten haben, stellen sie sich | |
| vor, wie eine gerechtere Welt aussehen könnte. | |
| In London werden fast alle Nationen auch Athletinnen in ihren Equipen haben | |
| – abgesehen von der Pazifikinsel Nauru. Aber es war dem Druck des IOC | |
| geschuldet, Saudi-Arabien erfolgreich zuzumuten, wenigstens zwei | |
| Sportlerinnen zu akkreditieren, auch wenn diese ihre Ausbildung in den USA | |
| erhalten haben. Der IOC war es ebenso, der in Allianz mit | |
| umsatzinteressierten Sportausrüstern Förderprogramme für Länder der | |
| sogenannten Dritten Welt etabliert hat. | |
| Seit der US-Amerikaner Avery Brundage nicht mehr Präsident des IOC ist, | |
| also seit den Spielen von München 1972, ist die elitäre Amateurregel des | |
| olympischen Sports suspendiert worden. Amateursport – das hieß in all den | |
| Jahrzehnten zuvor, dass eine olympiataugliche Sportausbildung sich nur | |
| Wohlhabende erlauben konnten. Mit der Kommerzialisierung des olympischen | |
| Sports – sowohl der Strukturen wie der individuellen Berufsauffassungen – | |
| ist die olympische Idee nichteuropäischer, nichtnordamerikanischer | |
| geworden. | |
| Die olympische Welt, man wird es in London leicht erkennen können, ist | |
| globaler geworden. Hellhäutige AthletInnen stellen keine Mehrheit mehr – | |
| China, Südkorea und afrikanische wie lateinamerikanische Länder waren | |
| bereits vor vier Jahren in Peking sehr erfolgreich. | |
| ## Zeigen, dass man mithalten kann | |
| Ist denn aber die ewige Medaillenzählerei noch überhaupt zeitgemäß? Kommt | |
| es nicht darauf an, dass alle gut miteinander sporteln? Wer so | |
| argumentiert, missachtet gerade die Anstrengungen kleinerer Länder, die | |
| wenigstens bei Olympischen Spielen in der Weltöffentlichkeit Geltung | |
| beanspruchen möchten. Sie wollen just im sportlichen Vergleich | |
| demonstrieren, dass sie mithalten können. | |
| Olympische Spiele sind die einzige Institution, die ein Festival | |
| veranstaltet, das dem nichtsportlichen Publikum Spannung und Unterhaltung | |
| verspricht. Das Publikum lernt Leistungen von AthletInnen anderer Länder | |
| schätzen – und liebt die Stars und Sternchen. Etwa im abgewandelten Sinne | |
| Andy Warhols: Olympia ist auch die Chance, auf ein wenig Weltruhm in 15 | |
| Minuten. | |
| Olympische Spiele: Das ist auch ein performativer Prozess, der vom Abschied | |
| der weißen Länder kündet. Dass Sportkonzerne ihre Geschäfte machen, ist | |
| eine gute Sache. So erst kommen die einst armen Länder in die Gunst | |
| ökonomischer Förderung. Sie sind die Märkte, auf die es bald ankommt. Gut | |
| so! | |
| Olympia – das ist viel mehr als Sport. Eine globale Messe um internationale | |
| Aufmerksamkeiten. | |
| Lesen Sie auch [1][das Contra von Deniz Yücel.] | |
| 27 Jul 2012 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
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