# taz.de -- Palästina in der UNO: „Die Lage ist sehr gefährlich“ | |
> Die Palästinenser wollen vor der UN-Vollversammlung die Aufwertung ihres | |
> Status beantragen. Die Parlamentarierin Hannan Aschrawi über das Gefühl, | |
> in einer Falle zu stecken. | |
Bild: Die Palästinenser wollen ihren Status in der UNO-Vollversammlung aufgewe… | |
taz: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas will am Donnerstag vor der | |
UN-Vollversammlung die Aufwertung der PLO von der „beobachtenden | |
Körperschaft“ zum „beobachtenden Nichtmitgliedstaat“ beantragen. Was | |
gewinnen die Palästinenser damit? | |
Hannan Aschrawi: Als Staat anerkannt zu werden ist extrem wichtig für uns. | |
Eine UN-Mitgliedschaft kann warten, aber die Anerkennung als Staat wird uns | |
helfen, unsere Grenzen auf der Basis von 1967 zu definieren mit Jerusalem | |
als Hauptstadt. Sie würde zudem endlich festhalten, dass Palästina | |
besetztes Land ist und nicht, wie Israel behauptet, umstrittenes Gebiet. | |
Mit der Anerkennung als Nichtmitgliedstaat hätten die Palästinenser die | |
Möglichkeit, internationalen Organisationen beizutreten und in Anspruch zu | |
nehmen, darunter auch den ICJ (Internationaler Gerichtshof) und dem ICC | |
(Internationaler Strafgerichtshof). | |
Wann rechnen Sie mit einem Votum über den Antrag? | |
Wir befinden uns derzeit noch in Beratungen über den Termin, mit den | |
Arabern, den Europäern, denn wir wollen natürlich ein möglichst umfassendes | |
Abstimmungsergebnis. Unsere Entscheidung ist getroffen, das Datum ist | |
flexibel. Wir hoffen, dass es noch in diesem Jahr passiert. | |
Nach dem misslungenen Versuch vor einem Jahr, volles UN-Mitglied zu werden, | |
erscheint der neue Antrag wie ein Akt der Verzweiflung. Fürchten Sie einen | |
Volksaufstand? | |
Das palästinensische Volk ist verständlicherweise sehr wütend und | |
frustriert. Es herrscht das Gefühl, in einer Falle zu stecken. Es gibt die | |
territoriale Belagerung, die militärische, die politische, und nun haben | |
wir eine wirtschaftliche Belagerung. Das Problem ist, dass wir nicht die | |
Kontrolle über alle Faktoren unserer Realität haben. Ich verstehe deshalb | |
die Frustration der Leute, die sich aktuell festmacht an der | |
wirtschaftlichen Krise, an dem Mangel an politischen Möglichkeiten und dem | |
Gefühl, dass alle Wege versperrt wurden. All das geht einher mit | |
provokativen, ungerechten, unilateralen Maßnahmen der Israelis. | |
Halten Sie es für möglich, dass sich der Unmut gegen die eigene Führung | |
Luft machen wird? | |
Die Unruhen können sich gegen die palästinensische Führung richten oder | |
gegen die Besatzung oder beides. Tatsache ist, dass es so nicht weitergehen | |
kann. Die Lage ist sehr gefährlich. | |
Die Palästinenser und allen voran Regierungschef Salam Fayyad strebten bis | |
vor einem Jahr die Staatsgründung an und scheiterten. Welche Strategie | |
verfolgen die Palästinenser seither? | |
Was wir wollen, ist, die Besatzung loszuwerden. Das Problem ist, dass jeder | |
Weg dazu verbaut wurde. Wir haben die öffentliche Ordnung aufrechterhalten | |
und unter schwersten Bedingungen staatliche Institutionen errichtet. Das | |
als Scheitern zu bezeichnen ist nicht fair. Tatsache ist, dass die | |
internationale Gemeinschaft einerseits Israel Zeit und Raum gab, die | |
palästinensischen Rechte weiter zu verletzen und Siedlungen zu bauen. Und | |
andererseits hinderte sie uns an jedem möglichen politischen Durchbruch. | |
27 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
## TAGS | |
UN | |
Palästina | |
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