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# taz.de -- Die ARD verliert im App-Streit: Keine zufriedenstellende Lösung
> Die „Tagesschau“-App verstößt gegen den Rundfunkstaatsvertrag,
> entscheiden die Richter. Verbieten wollen sie das Angebot ausdrücklich
> nicht.
Bild: Die „Tagesschau“-App hat nach ARD-Angaben mittlerweile mehr als vier …
KÖLN taz | Im Rechtsstreit um ihre „Tagesschau“-App hat die ARD vor dem
Kölner Landgericht eine Schlappe kassiert. Das Gericht gab den klagenden
Verlegern Recht, wonach das kostenfreie Angebot des öffentlich-rechtlichen
Senderverbunds gegen den Rundfunkstaatsvertrag verstößt.
Das bedeutet allerdings noch nicht das Aus für die App: Es handelt sich um
eine Einzelfallentscheidung, keine Grundsatzentscheidung. Gleichwohl wird
die ARD nun ihr Angebot kräftig überarbeiten müssen.
In seiner Urteilsbegründung stellte das Gericht klar, dass sich seine
Entscheidung „nur auf die konkrete Verletzungshandlung bezieht, die
Gegenstand des Rechtsstreits war“. Konkret verbot es die Weiterverbreitung
der „Tagesschau“-App vom 15. Juni 2011. Bei ihr handele es sich um ein
unzulässiges, nichtsendungsbezogenes presseähnliches Angebot. Aus der Sicht
der Nutzer sei es geeignet, „als Ersatz für die Lektüre von Zeitungen oder
Zeitschriften zu dienen – mit einer Informationsdichte, die an diejenige
herkömmlicher Presseerzeugnisse heranreicht“.
Zudem fehle häufig der ausdrücklich ausgewiesene Bezug zu einer konkreten
Hörfunk- oder Fernsehsendung. Eine allgemeine Aussage zur nach dem
Rundfunkstaatsvertrag zulässigen Länge oder Ausführlichkeit von Texten
enthalte das Urteil jedoch nicht, betonte das Gericht.
## Ein Dorn im Auge
Die „Tagesschau“-App hat nach ARD-Angaben mittlerweile mehr als vier
Millionen Nutzer. Es gibt sie für iPhone und iPad ebenso wie für
Smartphones mit Android-Betriebssystem und für Blackberrys. Den Verlegern
ist das kostenfreie Angebot der öffentlich-rechtlichen Sender ein Dorn im
Auge.
Schon bei der Ankündigung der ARD vor knapp zwei Jahren, die App
einzuführen, protestierten sie vehement. „Damit drohe der
gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Sender, ein neues Geschäftsfeld
der privatwirtschaftlich organisierten Presse bereits im Ansatz zu
zerstören“, warnte der BDZV im Dezember 2009. Im Juni 2011 zogen acht große
Pressehäuser gegen die App vor Gericht.
Allerdings hatte das Kölner Landgericht bereits an den beiden mündlichen
Verhandlungstagen im Oktober 2011 und Juli 2012 die Hoffnungen der
Verlegerseite auf ein Grundsatzurteil zunichte gemacht. „Wir werden die
’Tagesschau‘-App nicht verbieten“, kündigte seinerzeit der Vorsitzende
Richter Dieter Kehl an. Doch seine eindringlichen Appelle, sich doch lieber
außergerichtlich zu einigen, verpufften.
Seine Wettbewerbskammer werde den Konflikt „nicht zufriedenstellend lösen
können“, hatte Kehl angekündigt. Denn ein Zivilgericht könne keine
generellen Aussagen zur Medienpolitik machen. Möglich sei vielmehr nur die
Beurteilung einer Momentaufnahme. Bei dieser Linie blieb das Gericht auch
in seinem Urteil. „Ein generelles Verbot der App, wie von der Klägerseite
ursprünglich beantragt, scheidet nach Auffassung der Kammer allerdings
aus“, befand es.
Daraus zog gestern auch die ARD Trost: „Das Urteil hat wie erwartet keine
grundsätzliche Klärung in der Frage der Presseähnlichkeit gebracht“, sagte
die ARD-Vorsitzende, WDR-Intendantin Monika Piel. Auch NDR-Chef Lutz
Marmor, der 2013 den ARD-Vorsitz übernimmt, erklärte, das Urteil ziele
„weitgehend ins Leere“, da die App von 2011 längst von gestern sei. Marmor
versprach aber, die Begründung des Gerichts gründlich zu prüfen und
„Konsequenzen“ zu ziehen.
27 Sep 2012
## AUTOREN
Pascal Beucker
Pascal Beucker
## TAGS
Bundesgerichtshof
Urteil
WDR
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