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# taz.de -- Bundesgerichtshof über Amtsblätter: Sichtbar anders als Zeitungen…
> Gemeinden dürfen der „freien Presse“ mit einem eigenen Blatt keine
> Konkurrenz machen, entschied der BGH. Geklagt hatte die „Südwest Presse“.
Bild: So nicht zulässig: das Amtsblatt der Stadt Crailsheim
Karlsruhe taz | Eine Stadt darf keine presseähnliche Wochenzeitung
herausbringen. Dies entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in
einem Grundsatzurteil. Damit hatte die Regionalzeitung Südwest Presse in
ihrem Rechtsstreit mit der baden-württembergischen Stadt Crailsheim
[1][auch in letzter Instanz Erfolg.]
Crailsheim gibt ein kommunales Amtsblatt namens Stadtblatt heraus, früher
im Abo, seit 2016 wird es kostenlos an 17.000 Haushalte im Stadtgebiet
verteilt. Der Konflikt entstand, weil das Stadtblatt seine
Berichterstattung immer weiter ausbaute. Dagegen klagte der Verlag der
Südwest Presse. Der Staat dürfe keine eigenen Zeitungen veröffentlichen.
Die Stadt Crailsheim berief sich auf die kommunale Selbstverwaltung. Die
Kommunen seien für alle örtlichen Angelegenheiten zuständig und könnten
deshalb auch örtliche „Informationsdefizite“ durch eigene Publikationen
beseitigen.
Der Bundesgerichtshof gab nun der Südwest Presse in vollem Umfang recht.
Die im Grundgesetz geschützte Pressefreiheit enthalte eine Garantie für den
Bestand einer freien Presse, betonte der Vorsitzende Richter Thomas Koch.
Diese sei zur Sicherung der Meinungsvielfalt erforderlich. Eine vom Staat
gelenkte Presse sei keine freie Presse. Der Staat dürfe auch bei
vermeintlichen „Informationsdefiziten“ nicht die Rolle der allgemeinen
Berichterstattung übernehmen. Die Stadt Crailsheim könne sich zwar auf die
kommunale Selbstverwaltung berufen. Diese finde aber dort ihre Grenzen, wo
das „Institut“ der freien Presse beeinträchtigt wäre.
## Kein Äquivalent zu einer Zeitung
Deshalb dürften Publikationen von Städten und Gemeinden im Wesentlichen nur
über die Arbeit der Verwaltung und des Gemeinderats informieren. Unzulässig
sei dagegen, so Richter Koch, eine „pressemäßige Berichterstattung über das
gesellschaftliche Leben einer Gemeinde“. Gemeint sind damit Wirtschaft,
Kultur, Sport und ziviles Engagement. Konkret heißt das, ein kommunales
Stadtblatt darf im Prinzip nicht über die Eröffnung und Schließung eines
neuen Möbelhauses berichten. Es darf nicht über die Büttenreden am Karneval
informieren und auch nicht das Spielgeschehen der örtlichen Fußballvereine
darstellen. Das alles soll im Wesentlichen der nichtstaatlichen Presse
vorbehalten sein.
Einzelne Ausnahmen lässt der Bundesgerichtshof aber doch zu. Jedenfalls
soll es auf eine „wertende Gesamtbetrachtung“, den „Gesamtcharakter“ der
kommunalen Publikation ankommen, so Richter Koch. Neben den Inhalten spiele
dabei auch die optische Gestaltung eine Rolle. Kommunale Blätter müssten
ein „presseähnliches Layout“ vermeiden, erklärte der Richter, ohne dies
näher zu erläutern. Das kommunale Blatt dürfe den Bürgern jedenfalls nicht
als „funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung“ erscheinen.
„Mit diesem Urteil ist klar, dass Kommunen auch auf ihren Webseiten im
Internet keine Rundum-Angebote machen dürfen“, betonte Michael
Rath-Glawatz, der Anwalt der Südwest Presse. Ein Prozess zum Onlineangebot
der Stadt Dortmund ist bereits anhängig.
20 Dec 2018
## LINKS
[1] /Verhandlung-vor-dem-Bundesgerichtshof/!5535733
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Bundesgerichtshof
Schwerpunkt Pressefreiheit
Medien
Zeitung
Schwerpunkt Pressefreiheit
öffentlich-rechtliches Fernsehen
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