# taz.de -- Sandy und die US-Wahlen: Obama? Romney? Sandy! | |
> Jeder Fehler im Angesicht der Naturkatastrophe könnte die Wahl | |
> entscheiden. Der Präsident kümmert sich eiligst um das Krisenmanagment. | |
Bild: Barack Obama koordiniert die Katastrophenprävention und -reaktion der US… | |
WASHIGNTON taz | Das hat es noch nie gegeben, zumindest kann sich hier | |
niemand daran erinnern: Acht Tage vor einer Präsidentschaftswahl verdrängt | |
ein Hurrikan über den dichtbesiedeltsten Gebieten der USA den Wahlkampf aus | |
dem Fernsehen und stellt die Wahlkampfplanung auf den Kopf. | |
Präsident Barack Obama, eigentlich genau wie sein Herausforderer Mitt | |
Romney rastlos unterwegs in den wenigen verbliebenen Swing States, ist ins | |
Weiße Haus zurückgekehrt, unterschreibt Notstandserklärungen und | |
koordiniert die Katastrophenprävention und -reaktion der Regierung. | |
Aus Washington erklärte er: „Wir werden schnell und umfassend reagieren. | |
Allen Gouverneuren und Bürgermeistern sage ich: Was auch immer sie | |
brauchen, wir werden da sein.“ Mitt Romney hat Wahlkampfauftritte in | |
Virginia abgesagt, war am Sonntag mit seinem Vizepräsidentschaftskandidaten | |
Paul Ryan allerdings in Ohio unterwegs – dem umkämpftesten aller Swing | |
States. Seit John F. Kennedy ist niemand mehr Präsident geworden, der Ohio | |
verloren hat. | |
Aber auch Teile von Ohio werden den Vorhersagen nach vom Monstersturm | |
betroffen sein, und so ließ Romney mediengerecht Wasservorräte und andere | |
Hilfsgüter in seine Karawane einpacken. Obama hat als Präsident | |
Verantwortung, Romney hat als Herausforderer ein Problem. | |
## Drei Denkschulen | |
In den US-Medien bestimmen drei Denkschulen die Frage, welchen Einfluss | |
„Sandy“ auf die Wahl haben könnte. Die erste sagt, der Sturm hilft Obama, | |
weil die US-AmerikanerInnen sich in Krisenzeiten stets um den Präsidenten | |
und obersten Krisenmanager scharen – wenn der es nicht versaut wie George | |
Bush 2005, als Hurrikan „Katrina“ New Orleans verschluckte. | |
Die zweite Schule sagt: US-AmerikanerInnen neigen dazu, einen Präsidenten | |
für alles verantwortlich zu machen, auch für die schiere Existenz von | |
Naturkatastrophen („ein Zeichen Gottes“) – auch wenn sie vom Klimawandel | |
nichts wissen wollen. | |
Die dritte und pragmatischste Denkrichtung brachte Obamas Wahlkampfmanager | |
David Axelrod in den sonntäglichen Morning Shows der Fernsehsender zur | |
Sprache: Weil die Demokraten mehr als die Republikaner von hoher | |
Wahlbeteiligung abhängen, unternehmen sie alles, um die Leute zur | |
vorzeitigen Stimmabgabe zu bewegen – und dieses „Early Voting“ kommt in d… | |
betroffenen Staaten praktisch zum Erliegen, was Romney nutzen könnte. | |
Womöglich, so ein Kommentator der Washington Post, haben alle ein bisschen | |
recht – und so bleibt der Wahlkampf seiner Meinung nach bis Ende der Woche | |
eingefroren auf dem Stand vor „Sandy“. Das hieße laut letzten Umfragen: | |
Romney führt national leicht vor Obama, der Amtsinhaber aber hat einen | |
leichten Vorsprung in den entscheidenden Swing States, einschließlich Ohio. | |
## Mehrheit der Wahlmänner | |
Würde so tatsächlich gewählt werden, dann bliebe Obama mit einer Mehrheit | |
der Wahlmänner Präsident, obwohl landesweit mehr Stimmen für Romney | |
abgegeben würden. Das ist in der US-Geschichte schon ein paarmal passiert – | |
zuletzt im Jahr 2000, als Al Gore landesweit rund 500.000 Stimmen mehr | |
bekam, George W. Bush aber mit seinem vom obersten Gerichtshof | |
entschiedenen Wahlsieg in Florida Präsident wurde. | |
Bei einer so knappen Wahl geht es also vor allem darum, angesichts einer | |
Naturkatastrophe jeglichen Fehler zu vermeiden. Umso seltsamer mutet die | |
Mail an, die Obama-UnterstützerInnen in Washington am Montagmorgen | |
vorfanden: Sie wurden gebeten, sich um 17 Uhr nachmittags in der | |
Parteizentrale der Demokraten einzufinden, um potenzielle WählerInnen in | |
Virginia anzurufen. | |
Wie sie allerdings bei komplett eingestelltem öffentlichen Nahverkehr da | |
hinkommen sollen, sagt die Mail nicht. Und ob die WählerInnen im ebenfalls | |
von „Sandy“ betroffenen Virginia sich bei Eintreffen des Sturms wirklich | |
über einen Wahlkampfanruf freuen? | |
29 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
Bernd Pickert | |
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