# taz.de -- Sachverständigenrat kritisiert Koalition: Uneinig bei Europa und E… | |
> Der Sachverständigenrat verurteilt die Beschlüsse der Koalition zu | |
> Betreuungsgeld, Praxisgebühren. Andere Themen werden sehr unterschiedlich | |
> bewertet. | |
Bild: Übergabe des Sachverständigenberichts: Grinsen mit Angie und Wolfgang. | |
BERLIN taz | Zumindest in einem Punkt waren sie einer Meinung: Alle fünf | |
Mitglieder des Sachverständigenrats, der die Bundesregierung zur | |
gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berät, verurteilen die jüngsten | |
Beschlüsse der schwarz-gelben Koalition. | |
„In die falsche Richtung gehen strukturelle Mehrausgaben wie etwa das | |
Betreuungsgeld, die Zuschussrente oder die Abschaffung der Praxisgebühr“, | |
schreiben die Sachverständigen in ihrem Jahresbericht, den sie am Mittwoch | |
an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) übergaben. | |
Von der Einigkeit bei den zentralen Fragen zur Eurokrise, die im | |
vergangenen Jahr im überraschenden Bekenntnis zu einem gemeinsamen | |
Schuldentilgungsfonds gipfelte, ist in diesem Jahr hingegen wenig | |
geblieben. Vor allem die Überzeugung, dass die Maßnahmen der Europäischen | |
Zentralbank unter ihrem Präsidenten Mario Draghi zwar effektiv sind, aber | |
keine Dauerlösung darstellen sollten. | |
Bei praktisch allen anderen Fragen brach die alte Konfliktlinie zwischen | |
der marktliberalen Ratsmehrheit um den scheidenden Vorsitzenden Wolfgang | |
Franz auf der einen und dem Keynesianer Peter Bofinger auf der anderen | |
Seite wieder auf. | |
So setzen Franz und Co darauf, dass die Haushaltspolitik in der | |
Europäischen Union weiterhin allein in nationaler Verantwortung erfolgt. | |
Bofinger plädiert für eine stärkere Übertragung von Kompetenzen auf die | |
EU-Ebene und eine gemeinsame Haftung für Schulden unterhalb der | |
60-Prozent-Grenze. Und er unterstützt den Vorschlag, dem | |
EU-Währungskommissar neue Befugnisse zu geben. | |
## Ungerechte Besserstellung von Kapitaleinkünften | |
In der Steuerpolitik drängt die Mehrheit – im Widerspruch zu ihrem | |
gleichzeitigen Plädoyer für eine schnellere Haushaltskonsolidierung – auf | |
Veränderungen bei der Unternehmensbesteuerung, die im Ergebnis zu Ausfällen | |
von 4,6 Milliarden Euro Mindereinnahmen führen würden. Dies lehnt Bofinger | |
als ungerechte Besserstellung von Kapitaleinkünften ab. | |
Auf eine besonders extreme Position legen sich vier der fünf | |
Sachverständigen in der Energiepolitik fest: Hier üben sie scharfe Kritik | |
am bestehenden Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) und fordern eine | |
Absenkung aller Vergütungssätze für Ökostrom auf das Niveau von | |
Windkraftwerken an Land – womit Investitionen in neue Solaranlagen und in | |
Windkraft auf See schlagartig unrentabel würden. | |
Langfristig plädieren sie für einen Umstieg auf ein Quotenmodell, bei dem | |
statt fester Preise feste Anteile für Ökostrom vorgegeben werden. Auch bei | |
diesem Thema gab Bofinger ein Minderheitsvotum ab, indem er auf die | |
positive Bewertung des deutschen EEG durch internationale Experten verwies | |
– und auf die Tatsache, dass Großbritannien mit einem Quotenmodell | |
schlechte Erfahrungen gemacht hat und nun auf ein Modell mit gestaffelten | |
Einspeisetarifen einschwenke, wie es in Deutschland und vielen anderen | |
EU-Staaten existiert. | |
7 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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