| # taz.de -- Kommentar Das Frauenproblem der SPD: Peer und das Frauenproblem | |
| > Der SPD-Kanzlerkandidat kommt beim weiblichen Teil der Wähler nicht gut | |
| > an. Die Sozialdemokraten wollen das nicht wahrhaben. | |
| Bild: Nett sein reicht nicht, um gewählt zu werden: Peer Steinbrück im Roten … | |
| Peer Steinbrück hat kein Problem mit Frauen. Ganz im Gegenteil, die Frauen | |
| haben ein Problem mit ihm. Er mag Frauen. Seine Mutter war „eine feine | |
| Frau“, schreibt die Welt, seine Ehefrau Gertrud ist „selbstbewusst, | |
| gebildet, temperamentvoll und ausgesprochen humorvoll“. Peer Steinbrück | |
| „sucht Kommunikation und gewiss auch Konflikt, am liebsten auf Augenhöhe“. | |
| Der designierte Kanzlerkandidat der SPD schätzt Frauen also. Es müssen aber | |
| die richtigen sein. Keine gefühlsduseligen Frauen, keine Nervensägen. | |
| Toughe Beta-Ladys. Nicht diese Doppelnamen-Frauen, die immer nach Macht | |
| schreien, sie dann aber letztlich nicht richtig ausüben. | |
| So in etwa verläuft die Argumentationslinie, die dieser Tage gezogen wird, | |
| wenn es um die Beliebtheit des SPD-Kanzlerkandidaten geht. Das Dumme ist | |
| nur, dass es zwar schön ist, wenn ein Politiker beliebt ist. Das heißt aber | |
| noch nicht, dass er auch wählbar ist. Wenn die Deutschen ihren | |
| Regierungschef direkt wählen könnten, würden sich nur 29 Prozent für Peer | |
| Steinbrück entscheiden, aber 50 Prozent für Angela Merkel, wie der aktuelle | |
| Forsa-Wahltrend zeigt. | |
| Beliebtheit und Wählbarkeit in Deckung miteinander zu bringen, ist die | |
| Aufgabe, vor der Peer Steinbrück aktuell steht. Denn Frauen sind einfach zu | |
| klug, um auf Inhalte verzichten zu können. Die Autorin dieser Zeilen zum | |
| Beispiel hält mehr als nur ein Bisschen von der aktuellen Kanzlerin. Merkel | |
| ist eine lebenserfahrene Frau, die sowohl Coolness als auch Kompetenz | |
| ausstrahlt. (Ob sie über beides tatsächlich verfügt, steht auf einem | |
| anderen Blatt – hier geht es um ihr Image.) | |
| ## Durchaus machtbewusst | |
| Sie ist durchaus machtbewusst, macht dabei kein Aufsehen um ihr Geschlecht, | |
| räumt aber in ihrer Regierung Frauen nicht nur wichtige Plätze ein, sondern | |
| lässt sie auch gestalten. Aber würde die Autorin dieser Zeilen Angela | |
| Merkel deshalb wählen? Nein. Die Inhalte stimmen einfach nicht. | |
| Soll heißen: Wenn es um Peer Steinbrücks Chancen geht, 2013 möglichst viele | |
| Stimmen von Frauen zu bekommen, reicht es nicht, ihn als netten Kerl zu | |
| verkaufen. Der Bundeskanzler in spe sollte ganz dringend auch inhaltlich | |
| Substanzielles bereithalten, das Wählerinnen nicht nur irgendwie | |
| unterschreiben können, sondern das sie begeistert, weil es sie etwas | |
| angeht. | |
| Und dazu gehört nun mal auch jener Teil der Politik, der den schrecklich | |
| verschraubten Namen Geschlechtergerechtigkeit trägt und ja letztlich nur | |
| das Selbstverständliche meint: Frauen und Männer bei jeder politischen | |
| Entscheidung gleich viel mitzudenken. Und Frauen politisch arbeiten zu | |
| lassen, nicht nur mitarbeiten. | |
| Doch nichts davon ist bislang spürbar. Der Kandidat selbst ist einer von | |
| drei SPD-Männern, die das Rennen unter sich ausgemacht haben. Machst du’s, | |
| mach ich’s, hast du grad Zeit und Lust? So in etwa erschien der | |
| Öffentlichkeit das Fingerhakeln von Steinbrück/Steinmeier/Gabriel. An eine | |
| Kandidatin wurde in diesen zähen Wochen nicht mal gedacht. Hannelore Kraft | |
| „will ja nicht“, hieß es immer. | |
| ## „Die Rolle spielen, die Ihr zusteht“ | |
| Steinbrück, der für seinen Wahlkampf die Parteizentrale dringend brauchen | |
| wird, erklärte, sein Leben wäre ohne die SPD-Generalsekretärin „genauso | |
| reich wie heute mit ihr“. Gemeint war damit Andrea Nahles, während der | |
| Agenda-Jahre Kritikerin von Gerhard Schröder. Kurz darauf entschuldigte er | |
| sich in der Sendung von Günther Jauch für diese Kränkung, und zwar mit der | |
| Bemerkung, Andrea Nahles werde im Wahlkampf „die Rolle spielen, die ihr | |
| zusteht“. | |
| Dass er da nicht zu viel versprochen hatte, zeigte sich, als Peer | |
| Steinbrück Ende Oktober sein „Beraterteam“ für den Bundestagswahlkampf | |
| präsentierte. Drei Männer waren dem Kandidaten für den Job eingefallen: | |
| Matthias Machnig, Michael Donnermeyer und Heiko Geue. Nahles wird fein auf | |
| Abstand gehalten: Sie darf mit Parteichef Gabriel und Fraktionschef | |
| Steinmeier im Willy-Brandt-Haus die rückwärtigen Dienste versehen. | |
| Steinbrücks nagelneues Beraterteam ist sich des „Frauenproblems“ natürlich | |
| bewusst. Sie wissen: Der Mackertyp vom Schlage eines Gerhard Schröder, der | |
| über „Frauenpolitik und so Gedöns“ schwadronierte, ist nicht mehr | |
| vermittelbar. Schon reklamieren Genossinnen die Hälfte der Macht. | |
| Elke Ferner, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer | |
| Frauen, sagt, sie erwarte, dass Steinbrücks Schattenkabinett „paritätisch | |
| besetzt“ wird. Die SPD habe „genug Frauen, die für Ministerämter und auch | |
| für klassische Ressorts zur Verfügung stehen. Diese Frauen müssen wir nicht | |
| mit dem Lasso fangen gehen.“ | |
| ## Erste Charmeoffensive | |
| Am Donnerstagabend wurde nun die erste Charmeoffensive gefahren. Die | |
| SPDlerinnen hatten zum „Roten Frauensalon“ jede Menge Genossinnen | |
| eingeladen. Und einen Mann: Peer Steinbrück. Auf der Tagesordnung standen | |
| Kümmerthemen: prekäre Arbeitsverhältnisse, Frauen in der Pflege sowie | |
| weibliche Identität. Am Ende sollte Peer Steinbrück ein persönliches | |
| Resümee ziehen, also zeigen, was er am Abend gelernt hat. | |
| Es ist die ewige Frauenfalle: nett sein, zuquatschen, einhegen. Andersherum | |
| wird ein Schuh draus. Weil dieses Land in jeder Hinsicht im 21. Jahrhundert | |
| angekommen ist, gibt es keinen Grund zu der Annahme, das Thema | |
| Geschlechtergerechtigkeit könne im Wahlkampf unter den Tisch fallen. Der | |
| Kandidat braucht die Stimmen der Frauen. Ein Politiker, der diese Seite des | |
| Wahlkampfes vernachlässigt, gewinnt keine Wahlen mehr. | |
| Aber noch geht die Mär, dass Peer Steinbrück gar kein Problem mit Frauen | |
| hat, sondern die Frauen halt mit ihm. Wie voremanzipatorisch noch immer | |
| über Wählerinnen gedacht wird, als wie manipulierbar sie wahrgenommen | |
| werden, zeigt diese ewig gleiche, nicht klüger werdende Frage, wie | |
| „beliebt“ er bei den Frauen ist, inwiefern er ein „Frauentyp“ sei. | |
| Springers Welt am Sonntag war sich nicht zu schade, das | |
| Meinungsforschungsinstitut Infratest fragen zu lassen, ob Frauen mit Peer | |
| Steinbrück „gern mal zu Abend essen“ würden. Das Ergebnis: vier von zehn | |
| würden. Na Mahlzeit! Ausgeführt werden, Stuhl zurechtrücken, Rechnung | |
| übernehmen – ist es das, was Frauen von einem Kanzler wollen? Nein. Schon | |
| lange nicht mehr. | |
| 9 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Anja Maier | |
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