| # taz.de -- Betreuungsgeld und Umfragewerte: Merkel hängt Steinbrück ab | |
| > Die Sozialdemokratisierung der CDU schadet der SPD. Trotz des | |
| > umstrittenen Betreuungsgeldes baut die Kanzlerin ihren Umfragewerte aus. | |
| Bild: Angela Merkel ist die beliebteste Politikerin Deutschlands. | |
| BERLIN taz | Wie macht die Union das bloß? Gemeinsam mit der FDP | |
| verabschiedete sie am Freitag im Bundestag ein Betreuungsgeld, das selbst | |
| die CDU-Frauen und die Freidemokraten falsch finden. Die Koalition schafft | |
| die Praxisgebühr ab, obwohl allen klar ist, dass wahltaktisches Kalkül | |
| dahintersteckt. | |
| Seit der Bundestagswahl 2009 hat die Union häufig anders entschieden, als | |
| sie es versprach: über Wehrpflicht, Atomkraft, Steuerreform. Trotzdem | |
| erreichen CDU/CSU in Umfragen derzeit die höchsten Werte seit fünf Jahren, | |
| die SPD und ihr designierter Spitzenkandidat Peer Steinbrück fallen zurück. | |
| 40 Prozent der Befragten stimmen bei der jüngsten Umfrage des | |
| DeutschlandTrends der ARD für die Union. Während CDU/CSU um 1 Prozentpunkt | |
| zulegen, verliert die SPD im selben Maß und kommt auf 30 Prozent. Die FDP | |
| verharrt bei 4 Prozent, die Grünen legen um 3 Punkte auf 14 Prozent zu. | |
| Zugleich erhält die Kanzlerin deutlich mehr Zustimmung bei der Frage: Für | |
| wen würden die Bürger stimmen, könnten sie den Regierungschef direkt | |
| wählen? Merkels Wert klettert um 4 Punkte auf 53 Prozent, ihr | |
| SPD-Herausforderer verliert 2 Punkte und kommt auf 36 Prozent. | |
| ## FDP-Wähler wählen nun die Union | |
| Merkel profitiert von der Unzufriedenheit unter jenen, die 2009 für das | |
| Rekordergebnis der FDP sorgten. Laut Umfrage bedauern 45 Prozent der | |
| FDP-Wähler ihre Entscheidung bei der Bundestagswahl. Nur 25 Prozent zeigen | |
| sich mit der FDP-Arbeit zufrieden. Viele Enttäuschte wenden sich der Union | |
| zu. Die kann tun, was sie will – ihre Anhänger goutieren es. 87 Prozent der | |
| Unions-Wähler des Jahres 2009 finden ihre Entscheidung auch heute richtig. | |
| Diese Zufriedenheit kann nicht direkt mit den Inhalten der | |
| Regierungspolitik zu tun haben – die wechselten ja häufig. Wichtiger ist | |
| die weit verbreitete Empfindung, die Regierungsgeschäfte lägen bei Merkel | |
| in guten Händen. Mit 68 Prozent Zustimmung – plus 1 – führt die Kanzlerin | |
| die Rangliste der beliebtesten Politiker an. Steinbrück landet mit 50 | |
| Prozent auf Rang sechs. Das grundsätzliche, zumeist vage Bild einer Partei | |
| entscheidet also maßgeblich über die Wählergunst, weniger konkrete | |
| Entscheidungen. | |
| Das zeigt sich besonders klar an der FDP. Ihr hängt das Image einer | |
| zerstrittenen Truppe an, die ihre Wahlversprechen nicht eingelöst hat. Nun | |
| halten die Bürger ihr nicht einmal die von ihr betriebene Abschaffung der | |
| Praxisgebühr zugute. Das Entfallen der 10 Euro pro Quartal und | |
| Kassenpatient begrüßen 88 Prozent der Befragten – mehr als jede andere am | |
| Freitag gefällte Bundestagsentscheidung. Trotzdem verharrt die FDP | |
| unterhalb der 5-Prozent-Hürde. | |
| Auch die SPD muss sich große Sorgen um den Kern ihres Images machen. Nur | |
| noch 35 Prozent der Befragten vermuten, Steinbrück würde sich stärker für | |
| soziale Gerechtigkeit einsetzen als Merkel (–5 Punkte). Die Kanzlerin legt | |
| im Direktvergleich um 7 Prozentpunkte auf 31 Prozent zu. Die | |
| Sozialdemokratisierung der CDU schadet nicht ihr, sondern der SPD. | |
| 9 Nov 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Matthias Lohre | |
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