# taz.de -- Sicherungsverwahrung reformiert: Kein nachträgliches Wegschließen | |
> Der Bundestag hat das verfassungswidrige Recht zur Sicherungsverwahrung | |
> reformiert. Künftig darf sie nicht mehr lange nach dem Urteil angeordnet | |
> werden. | |
Bild: Sicherungsverwahrung? In Zukunft nur wenn's vorher eine Therapie gab. | |
FREIBURG taz | Der Bundestag hat das Recht der Sicherungsverwahrung neu | |
geregelt. Die „Haft nach der Strafe“ soll künftig mehr auf Therapie und | |
Entlassung der Verwahrten zielen als bisher. Damit werden Vorgaben des | |
Bundesverfassungsgerichts umgesetzt. Im Mai 2011 hat Karlsruhe das gesamte | |
Recht der Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt und eine | |
Neuregelung bis Mitte 2013 gefordert. „Wenn wir diese Reform nicht | |
beschließen, gibt es bald keine Sicherungsverwahrung mehr“, mahnte Andrea | |
Voßhoff, die rechtspolitische Sprecherin der CDU/CSU, am Donnerstagabend im | |
Bundestag. | |
Bei der Sicherungsverwahrung muss ein Täter auch nach Verbüßung der | |
Haftstrafe im Gefängnis bleiben – solange er noch als gefährlich gilt. | |
Derzeit sind rund 500 Täter hiervon betroffen. Künftig soll sich die | |
Sicherungsverwahrung aber deutlich von der Strafhaft unterscheiden. Dieses | |
„Abstandsgebot“ müssen die Länder dann noch in eigenen Gesetzen | |
ausgestalten. | |
Der Bundestag regelte jetzt vor allem die Therapie in der Haft. | |
Sicherungsverwahrung kann künftig nur noch vollstreckt werden, wenn den | |
Betroffenen schon in der Strafhaft ausreichende therapeutische Angebote | |
gemacht wurden. Auch scheinbar hoffnungslose Fälle sollen eine Chance | |
bekommen, an sich zu arbeiten. Der Kern der Reform war im Bundestag | |
weitgehend Konsens. Nur die Linke lehnt die Sicherungsverwahrung generell | |
ab. | |
Gestritten wurde nur noch darüber, ob die Sicherungsverwahrung auch noch | |
lange nach dem Urteil angeordnet werden kann, wenn sich die fortdauernde | |
Gefährlichkeit des Täters erst in der Haft herausstellt. SPD und CDU/CSU | |
halten das für nötig. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger | |
und die FDP waren dagegen, ebenso die Grünen. In der Abstimmung stellte die | |
Union dann ihren Wunsch zurück, so dass sich die Position der | |
Justizministerin durchsetzen konnte. | |
Die SPD will nun versuchen, das Gesetz im Bundesrat zu stoppen. | |
NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) warnte vor „eklatanten | |
Sicherheitslücken“. Im Bundesrat wird es vor allem darauf ankommen, wie das | |
grün-rot-regierte Baden-Württemberg abstimmt. Der Bundesrat kann das Gesetz | |
aber nur verzögern, nicht verhindern. | |
9 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Rath | |
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