# taz.de -- Überwachung an EU-Außengrenze: Mit Drohnen gegen Geflüchtete | |
> Das EU-Parlament entscheidet über die Überwachung der EU-Außengrenzen mit | |
> Drohnen. Die Grünen befürchten, das Recht auf Asyl werde aufgeweicht. | |
Bild: Drohnen sollen Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer eher entdecken – ab… | |
BRÜSSEL taz | Die totale Überwachung der EU-Außengrenzen rückt näher. An | |
diesem Dienstag stimmt der federführende Ausschuss im Europäischen | |
Parlament über das Projekt Eurosur ab. Dabei sollen die EU-Außengrenzen | |
unter anderem durch den Einsatz von Drohnen und Satelliten noch stärker als | |
bisher kontrolliert werden. Vor allem im Mittelmeerraum soll die | |
Überwachungstechnik eingesetzt werden. | |
Die Mehrheit für das Projekt im EU-Innenausschuss gilt als sicher. Auch die | |
EU-Mitgliedsstaaten wollen die Verschärfung der Grenzkontrollen – | |
Deutschland eingeschlossen. Das zuständige Bundesinnenministerium begrüßt | |
die „Verbesserung der Überwachung der Außengrenzen“, erklärte ein | |
Ministeriumssprecher. | |
Kritik kommt dagegen von den Grünen im Europäischen Parlament: „Eurosur | |
untergräbt das Recht auf Asyl“, sagt die deutsche EU-Abgeordnete Ska | |
Keller, die das Projekt ablehnt. „Ziel ist es, Schiffe erst gar nicht mehr | |
aus den Ursprungsländern ablegen zu lassen. Die Flüchtlinge kommen so erst | |
gar nicht mehr an die Grenzen der Europäischen Union heran.“ Der Vorschlag | |
der Europäischen Kommission sieht vor, dass EU-Grenzschützer direkt Kontakt | |
mit Drittländern wie Libyen oder Tunesien aufnehmen und die dortigen | |
Behörden auffordern, das Auslaufen bestimmter Boote zu verhindern. | |
Grünen-Politikerin Keller hofft, dass ihre Kollegen im Europäischen | |
Parlament heute zumindest einer Änderung der Pläne durchsetzen können, so | |
dass die Grenzschützer verpflichtet wären, Flüchtlinge aus Seenot zu | |
retten. Dies ist nach dem Vorschlag der Europäischen Kommission nicht | |
vorgesehen. | |
## Keine Lust, Flüchtlinge zu retten | |
Bisher kommt es immer wieder vor, dass Grenzschützern zwar davon erfahren, | |
wenn ein Flüchtlingsboot in Not ist, sich aber nicht um die Rettung | |
kümmern. Ein Beispiel dafür wurde kürzlich vom Europarat dokumentiert: Im | |
März 2011 ertranken 60 Flüchtlinge, weil weder die Nato-Schiffe noch der | |
Grenzschutz von Italien und Spanien auf Hilfsgesuche reagiert hatten. „Die | |
Satelliten sollen nicht nur Boote aufspüren und abwehren, sondern vor allem | |
bei der Bergung helfen“, sagt Ska Keller. | |
Allerdings stehen die Chancen schlecht, mit dieser Rettungspflicht auch bei | |
den EU-Mitgliedsstaaten durchzukommen. Die meisten – auch Deutschland – | |
stehen einer solchen Erweiterung ablehnend gegenüber. | |
Bisher befindet sich das System in der Testphase. Seit 2008 arbeiten sechs | |
Mitgliedsstaaten am Aufbau der Überwachungsmaschinerie. Die Gelder dafür | |
kommen aus dem EU-Forschungshaushalt. Bis 2014 sind bereits 3,9 Millionen | |
Euro für Drohnen und 19,9 Millionen Euro für die Entwicklung von | |
Landrobotern vorgesehen. Insgesamt sind nach Informationen der europäischen | |
Grünen über das EU-Sicherheitsforschungsprogramm über 100 Millionen Euro in | |
Eurosur geflossen – ohne jede politische Legitimation. | |
Geplant ist, dass Eurosur 2013 in mindestens 18 Ländern eingesetzt werden | |
kann, vor allem in den Mittelmeeranrainerstaaten. Ein Jahr später soll das | |
Programm auf die Grenzen in der Nord- und Ostsee ausgeweitet werden. Nach | |
dem EU-Parlament beschäftigen sich die Mitgliedsstaaten mit den | |
Vorschlägen. | |
27 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
Ruth Reichstein | |
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