# taz.de -- EU-Planungen: Asylrecht bleibt ungerecht | |
> Beim Asyl-Paket der EU sollen Lager gleiche Standards erfüllen. Das | |
> Einsperren von Flüchtlingen bleibt aber weiterhin erlaubt. Ein Überblick. | |
Bild: Nach der Flucht über das Meer wartet selten das „gelobte Land“. | |
Zum Teil monatelang werden derzeit Papierlose in Süd- und Osteuropa unter | |
meist katastrophalen Bedingungen eingesperrt. Gemäß der neuen | |
Aufnahmerichtlinie müssen die Flüchtlingslager künftig bestimmte Standards | |
erfüllen – wofür Brüssel zahlt. | |
## Einsperren | |
EU-weit bleibt die Internierung als solche jedoch erlaubt – auch bei | |
Minderjährigen. Als Gründe gelten die „Feststellung der Identität“, die | |
„Beweissicherung“, die „Prüfung des Einreiserechts“ wegen „verspäte… | |
Asylantragstellung“, Gründe der „Nationalen Sicherheit und Ordnung“ und … | |
Verhinderung des „Untertauchens“. | |
„Das Ziel, die Internierung rechtsstaatlich einzugrenzen, wurde nicht | |
erreicht“, sagt Marei Pelzer von Pro Asyl. „Die uferlose Internierung aller | |
Flüchtlinge wird künftig möglich sein.“ Von einer „Strafe ohne Verbreche… | |
spricht Amnesty International, Pro Asyl startete am Mittwoch eine | |
E-Mail-Aktion an das EU-Parlament. | |
## Fingerabdrücke | |
Wer in die EU einreist, wird in der Biometrie-Datenbank Eurodac | |
registriert. Das System ist die Voraussetzung, um eine mehrfache | |
Asylantragstellung zu verhindern. Künftig bekommt die Polizei Zugang zu der | |
ständig wachsenden Fingerabdruck-Datenbank – allerdings nur bei schweren | |
Straftaten. Interpol ist vorerst von diesem Recht ausgenommen. | |
## Resettlement | |
Die meisten der weltweit rund 900.000 Flüchtlinge leben in | |
Entwicklungsländern; einiger besonders schwerer Fälle nimmt sich das | |
UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in seinem sogenannten Resettlement-Programm | |
an. Fast 55.000 Menschen konnten auf diese Weise letztes Jahr nach Kanada, | |
Australien und in die USA ausreisen. Die gesamte EU nahm nur 3.000 auf. Um | |
diese Zahl zu erhöhen, zahlt Brüssel künftig jedem Land, das einen | |
Resettlement-Platz schafft, bis zu 6.000 Euro. | |
## „Dublin III“ | |
Obwohl Gerichtsurteile in vielen EU-Staaten die Anwendung der | |
Dublin-II-Verordnung immer wieder untersagt haben, ändert sich am Prinzip | |
nichts: Wer einen Flüchtling reinlässt, muss sich allein um ihn kümmern. | |
Das Problem bleibt bei den Außengrenzen-Staaten. Wenn Asylbewerber trotzdem | |
weiter fliehen und sich etwa in Deutschland per Gericht gegen die | |
Zurückschiebung wehren – etwa wegen Krankheit oder weil sie in Griechenland | |
auf der Straße leben müssen –, kann nun aber „Eilrechtsschutz“ geltend | |
machen: Der Widerspruch wird vor der Abschiebung geprüft, nicht erst | |
hinterher. | |
Ein „Relocation Program“ soll zudem auf freiwilliger Basis für die | |
Umverteilung innerhalb der EU sorgen: Länder im Norden können, wenn sie | |
wollen, Staaten wie Malta oder Griechenland ein paar Flüchtlinge abnehmen. | |
5 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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