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# taz.de -- Illegale Abschiebung: Bundespolizei ignoriert Gericht
> Die Bundespolizei schiebt einen jungen Afghanen nach Italien ab – obwohl
> ein Richter das per einstweiliger Verfügung untersagt hatte.
Bild: Kein sicheres Drittland mehr: Flüchtlinge auf der italienischen Insel La…
HAMBURG taz | „So etwas habe ich noch nicht erlebt.“ Rechtsanwalt Carsten
Kerschies ist entsetzt und sein Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttert.
Obwohl er eine einstweilige Anordnung vom Verwaltungsgericht gegen die
Abschiebung seines Mandanten Mustafa Obada* nach Italien erwirkt hatte, ist
Obada von der Bundespolizei am Airport Köln-Bonn in einen Abschiebeflieger
nach Italien gesetzt und abgeschoben worden.
Der 21-Jährige war Anfang des Jahres vor dem Krieg in Afghanistan über
Umwege nach Hamburg geflohen und wollte sich hier fernab von Krieg, Hunger
und Gewalt ein neues Leben aufbauen, wie Kerschies berichtet. Obada stellte
einen Asylantrag. Obwohl eine EU-Richtlinie besagt, dass ein
Freiheitsentzug unzulässig sei, nur weil sich jemand ohne Aufenthaltsstatus
im Land aufhält, wurde Obada von der Ausländerbehörde wegen der Gefahr des
Untertauchens mit richterlicher Duldung in Abschiebehaft gesteckt.
„Flüchtlinge haben eben keine Lobby“, konstatiert Kerschies.
Als Obada die Nachricht erreichte, dass sein Asylantrag abgelehnt worden
und die Abschiebung nach Italien für den nächsten Tag geplant sei, schritt
Kerschies ein. Trotz der knappen Zeit, Rechtsmittel geltend zu machen,
„gelang es uns im Eilverfahren die Abschiebeanordnung aussetzen zu lassen“,
berichtet Kerschies. „Eben jener Erfolg wurde den Behörden und insbesondere
der Bundespolizei rechtzeitig gemeldet“, sagt Kerschies.
Der Richter habe Bedenken gegen eine Abschiebung nach Italien gehabt.
„Italien gilt nicht als sogenanntes sicheres Drittland in welches eine
Abschiebung erfolgen darf“, sagt Kerschies. Die Bedingungen der dort
ankommenden Flüchtlinge seien so katastrophal, dass viele Gerichte
mittlerweile Abschiebungen nach Italien aussetzten. Italien gewährleiste
keine menschenwürdige Unterbringung und die medizinische Versorgung werde
Flüchtlingen vorenthalten. Ein Großteil der ankommenden Menschen sei der
Obdachlosigkeit ausgesetzt.
„Die Polizisten am Flughafen weigerten sich, der richterlichen Anordnung
Folge zu leisten und sorgten dafür, dass die Abschiebung wie ursprünglich
geplant stattfand“, berichtet Kerschies. Es sei bisher nicht vorgekommen,
„dass sich Polizeibeamte einer direkten richterlichen Anordnung so
willkürlich und dreist widersetzt und sie ignoriert haben“, empört sich der
Jurist.
Die Bundespolizei habe damit auch gegen das Grundprinzip der europäischen
„Dublin-II-Verordnung“ verstoßen, nach der Menschen nur in Länder
abgeschoben werden dürfen, in der deren Versorgung sichergestellt sei. Eine
Stellungnahme der Bundespolizei-Inspektion Flughafen war am Donnerstag
nicht zu bekommen.
*Name geändert
13 Sep 2012
## AUTOREN
Kai von Appen
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