# taz.de -- Schließung des Bochumer Opel-Werks: Es fehlt bloß ein Konzept | |
> Das Opel-Werk in Bochum wird geschlossen. Ein fataler Versuch, sich | |
> gesundzuschrumpfen. Besser wäre, die Märkte in Asien nicht länger zu | |
> ignorieren. | |
Bild: Anhaltende Krise: Wird der Kleinwagen „Adam“ reichen, um den Absatz v… | |
Vor knapp drei Jahren war Antwerpen dran: Damals verkündeten die | |
Opel-Chefs, das Werk in der belgischen Hafenstadt dichtzumachen. Der | |
Standort Bochum, über dessen Schließung seit Jahren spekuliert wird, war | |
gerade noch mit einem blauen Auge davongekommen. | |
Jetzt ist Bochum dran, im Jahr 2016 soll im Ruhrgebiet das letzte Fahrzeug | |
vom Band rollen; die versprochene Zukunft als Lagerstandort ist nicht mehr | |
als ein Trostpflästerchen. In Deutschland fragt man nun besorgt: Welche | |
Standorte müssen als Nächstes dran glauben? Ist Opel gar am Ende? | |
Davon kann keine Rede sein. So bitter es für die Beschäftigten in Bochum | |
und ihre Familien ist, so nötig das Ruhrgebiet, einst ein Herzstück der | |
deutschen Industrie, große Werke hat – die Opel-Konzernmutter General | |
Motors (GM) reagiert mit der De-facto-Schließung von Bochum auch auf die | |
anhaltende Absatzkrise in Europa und die massive Überproduktion von Autos, | |
vor allem im unteren und mittleren Preissegment. | |
Auch Ford schließt Werke in Europa, will seine Produktionskapazitäten um 18 | |
Prozent senken. Natürlich könnte GM auch andere europäische Werke schließen | |
– aber da man gerade erst in England und Polen enorm investiert hat, war | |
jetzt offenbar ein deutscher Standort dran. Zumal Bochum schon lange auf | |
der Abschlussliste stand. | |
## Angst lässt Absatzzahlen sinken | |
Zu erleben ist also, wie Autokonzerne in Europa versuchen sich | |
gesundzuschrumpfen. Auch die französischen und italienischen Hersteller | |
werden diesen Schritt gehen – zu tief sinken die Absatzzahlen auf den | |
heimischen Märkten, zu tief sitzt die Angst potenzieller Autokäufer vor | |
Entlassungen und verschärfter Rezession. | |
Schuld daran soll, so zumindest eine weit verbreitete Haltung im Süden | |
Europas, die harte Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der | |
Eurokrise sein. Klar ist, dass ein Sparprogramm das falsche Instrument | |
gegen Krisen ist. Klar ist aber auch, dass die europäischen Partnerländer | |
taumelnden Staaten keinen Blankoscheck ausstellen können; Griechenland gilt | |
immer noch als der korrupteste Staat der EU. | |
Während Opel und andere Massenhersteller darben, erzielen deutsche | |
Top-Marken wie Audi, Porsche, BMW und Mercedes auf den Weltmärkten satte | |
Gewinne. Der Grund ist einfach: In China, Russland, Brasilien und Indien | |
etwa gibt es genügend Neureiche, die sich Luxus made in Germany leisten | |
können und wollen. Nun rächt sich, dass Opel die Expansion auf lukrativen | |
Märkten lange verwehrt wurde, weil General Motors dort US-amerikanische | |
Marken verkaufen wollte. | |
## Kleinwagen „Adam“ als Hoffnungsschimmer | |
Opel braucht nun ein stringentes Zukunftskonzept. Dazu gehören nicht nur | |
neue Modelle für den europäischen Markt, wo der Kleinwagen „Adam“ ein | |
Hoffnungsschimmer sein könnte. Sondern auch die schrittweise Expansion in | |
lukrative Märkte, was sich natürlich nicht von heute auf morgen | |
bewerkstelligen lässt. | |
Schließlich könnte auch die Konzernmutter in Detroit auf den Trichter | |
kommen, dass es besser sein könnte, in China oder Indien einen Opel zu | |
verkaufen als gar kein Auto zu verkaufen, wovon nur die Konkurrenz | |
profitieren würde. | |
Für den deutschen Markt gilt: Opel baut, von vorübergehenden Schwächen | |
abgesehen, ordentliche Autos zu einem für viele Verbraucher akzeptablen | |
Preis. Darauf kann Opel immer noch aufbauen. Wenn die KundInnen aber über | |
Jahre hinweg mit negativen Schlagzeilen verunsichert werden, wird auch eine | |
starke Marke nachhaltig beschädigt. Der Untergang Opels würde zu einer | |
selbsterfüllenden Prophezeiung. Und dann gehen auch in Rüsselsheim, | |
Eisenach und Kaiserslautern die Lichter aus. | |
11 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Richard Rother | |
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Automobilindustrie | |
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