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# taz.de -- Piraten diskutieren Verteidigungspolitik: Kämpfen wie einst Gandhi
> Auf dem ersten verteidigungspolitischen Treffen der Piraten dominieren
> pazifistische Ideen: Im Angriffsfall soll Deutschland auf zivilen
> Widerstand setzen.
Bild: Ein bisschen mehr orange statt schwarz: Statue vor Mahatma Gandhi.
DRESDEN taz | Der Geist Mahatma Gandhis, der Indien einst aus kolonialer
britischer Abhängigkeit führte, beflügelt nun offenbar auch die Piraten:
Das Prinzip des gewaltfreien Widerstandes, für das der
Unabhängigkeitskämpfer steht, bestimmte das erste verteidigungspolitische
Treffen der Piraten. Deren Arbeitsgemeinschaft zur Außen- und
Sicherheitspolitik hatte dazu am Wochenende in nach Dresden eingeladen.
Militär- und Sicherheitsfragen gehören bislang eher zu den weißen Flecken
in der Programmatik der Piraten. Mit etwa 25 Interessenten war der Kreis am
Wochenende entsprechend überschaubar. Beim Treffen wurden Experten von
Bundeswehr und Reservistenverband angehört. Parallel dazu liefen
Diskussionsforen in der sächsischen Landesgeschäftsstelle der Piraten, bei
denen Friedensaktivisten Peter Becker und Christine Schweitzer referierten
und moderierten.
Die beiden zugrunde liegenden Dokumente sind noch keine offizielle Politik
der Piraten und bedürfen der Zustimmung des Parteitages im bayerischen
Neumarkt am 11. Mai 2013. Im Mittelpunkt des Dresdner Treffens standen auch
weniger die großen geostrategischen Fragen. Die Piraten überlegten sich vor
allem, was Deutschland tun sollte, wenn es angegriffen würde.
## Keine Eskaltion der Gewalt provozieren
Zentralen Raum nahmen dabei Überlegungen zur „Bundeswehr als Armee der
Gewaltlosigkeit“ ein, leidenschaftlich vorgetragen von „Altstadtpirat“
Sebastian Harmel. Seit zwölf Jahren Bundeswehroffizier, hat er sich
sozusagen vom Saulus zum Paulus gewandelt und weiß nach Erfahrungen im
Kosovo und in Afghanistan, wovon er spricht.
Harmel sieht sich durchaus in der Tradition des alten preußischen
Militärtheoretikers Carls von Clausewitz, wenn es darum geht, „den Willen
des Gegners zu brechen“. Dies dürfe aber nicht in einer Eskalation von
Gewalt und Gegengewalt geschehen, sondern im zivilen Widerstand, der eine
Aggression letztlich ins Leere laufen lässt: Verwirrung stiften,
Kommunikationswege blockieren, Kollaboration verweigern, aber sich
menschlich gegnerischen Truppen annähern. Dabei sollten „Armee und
Bevölkerung verschmelzen“. Binnen einer Legislaturperiode, so ein
Überlegung während des Treffens, könnte deshalb die Bundeswehr zum Nutzen
der Gesellschaft in zivile Behörden überführt werden.
Eine solche Politik im Verteidigungsfall funktioniert nur mit dem „Appell
an ein Fünkchen Menschlichkeit“ im Aggressor, das gestand auch Harmel ein.
Am Glauben an das Gute im Menschen schieden sich denn auch die Geister der
Piraten während der Diskussion. Von einem „Wunschgemälde“ war die Rede: W…
geht man mit der Anonymisierung des Krieges um, mit Angriffen durch
unbemannte Drohnen beispielsweise?
## Widersprüchte in verteidigungspolitischen Leitlinien
Und fallen nicht schon jetzt im Kampf um Ressourcen alle Hemmungen?
Erinnert wurde auch an Stalins zynische Frage von einst: „Wie viele
Divisionen hat der Papst?“ Andere sprachen dagegen von einem „vernünftigen
Konzept“. Friedensaktivistin Christine Schweitzer wandte ein, dass ihr die
Präsenz noch so vieler Soldaten kein subjektives Sicherheitsgefühl
vermitteln könne.
Voller Widersprüche steckt auch der Entwurf verteidigungspolitischer
Leitlinien der Piraten. Sie plädieren mittelfristig für die Abschaffung von
Streitkräften und verteidigungspolitische Neutralität Deutschlands,
befürworten andererseits eine europäische Armee und eine
Nato-Mitgliedschaft. Nach bisherigem Abstimmungsstand halten die Piraten
Streitkräfte aber noch für unverzichtbar und befürworten auch Einsätze im
Rahmen eines UN-Mandats. Dafür sollten die Soldaten aber entsprechend
ausgebildet werden.
6 Jan 2013
## AUTOREN
Michael Bartsch
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