# taz.de -- Chinesische Klimaexpertin über Smog: „Noch 20 Jahre schlechte Lu… | |
> Der Smog in Peking war so schlimm wie noch nie, sagt die Klima-Expertin | |
> Zhou Rong. Verhindern lasse er sich kaum, schließlich müsse Chinas | |
> Wirtschaft aufholen. | |
Bild: Smog auf dem „Platz des himmlischen Friedens“ in Peking. | |
taz: Frau Zhou, wie haben Sie den Megasmog in Peking erlebt? | |
Zhou Rong: Ich war bei meiner Nachbarin zu Besuch. Plötzlich rief mich ein | |
Journalist an und teilte mir mit, die Feinstaubwerte in der Stadt hätten | |
alle bisherigen Rekorde gebrochen. Als ich aus dem Fenster schaute, war ich | |
geschockt: Die ganze Stadt verschwand im gelben Dunst. Ich bin die nächsten | |
Tage nicht mehr aus dem Haus gegangen. | |
Auf dem Höhepunkt überschritten die Feinstaubwerte das 30-Fache dessen, was | |
die Weltgesundheitsorganisation für unbedenklich hält. Wie konnte es so | |
weit kommen? | |
Dieser Winter ist in China so kalt wie seit langem nicht. Wir verbrennen | |
sehr viel mehr Kohle, als wir sonst ohnehin schon verbrauchen. Und es geht | |
ja nicht nur ums Heizen. So gut wie unsere gesamte Industrie hängt von | |
Kohle ab. Hinzu kommt eine ungünstige Wetterlage. Ein Tiefdruckgebiet über | |
weiten Teilen Chinas hat verhindert, dass sich der Smog in der Atmosphäre | |
verteilt. Autoabgase haben zu etwa 20 Prozent der Luftverschmutzung | |
beigetragen. | |
Wie viel Schuld trägt die Politik an dem Zustand? | |
Noch im vergangenen Jahr hat sich die Pekinger Stadtregierung geweigert, | |
die Luftverschmutzung überhaupt zuzugeben. Dieses Mal gab sie erstmals | |
Smogalarm. Die Menschen wurden aufgefordert, drinnen zu bleiben. Auch gab | |
es Fahrverbote für einige Dienstwagen und einen Produktionsstopp in einigen | |
schwer verschmutzenden Industrien. Das ist ein Fortschritt. Nur leider | |
kamen die Maßnahmen zwei Tage zu spät. Hätte es diese Aufforderung gegeben, | |
sobald klar war, welche Wetterlage auf uns zukommt, wäre der Smog am | |
Wochenende sicherlich nicht ganz so schlimm gewesen. | |
Setzt Chinas Führung auf Kosten der Umwelt noch immer zu einseitig auf | |
Wirtschaftswachstum? | |
Sicher würde der Energiebedarf bei weniger Wachstum geringer ausfallen. | |
Mehr Wachstum bedeutet in einem sich noch entwickelnden Land wie China aber | |
auch bessere Technologien, die dafür sorgen, dass Energie effizienter | |
genutzt wird. Das derzeitige Problem besteht darin, dass China zu abhängig | |
von Kohle ist, und die Energieeffizienz ist insgesamt miserabel. Hinzu | |
kommt Chinas Urbanisierung, die auch in den nächsten 20 Jahren anhalten | |
wird: Solange die Menschen weiter in die Städte strömen, um dort Arbeit zu | |
suchen, bleibt die Nachfrage nach Stahl, Beton und Petrochemie, also | |
luftverschmutzender Schwerindustrie, hoch. Diesen Entwicklungsprozess hat | |
jede Industrienation durchgemacht. | |
Aber müsste die Politik nicht zumindest gegen den gigantischen | |
Kohleverbrauch vorgehen? | |
China setzt ja durchaus auch auf Windkraft und Solar. Doch der Ausbau kann | |
überhaupt nicht mithalten mit dem sehr viel schneller wachsenden Bedarf. | |
Die Stadt Peking will immerhin ihren Kohleverbrauch in den nächsten fünf | |
Jahren halbieren und hat einen Plan gegen die Luftverschmutzung | |
verabschiedet. Andere Städte haben nachgezogen, wobei es vielerorts an der | |
Umsetzung hapert. Pekings Nachbarprovinz Hebei und die Metropole Tianjin | |
etwa erhöhen den Kohlekonsum noch. | |
Also muss Peking weiterhin mit solch heftigen Smogtagen rechnen? | |
Innerhalb weniger Jahre lässt sich das Problem nicht lösen. Smog bleibt | |
also noch lange ein Problem. Allerdings hat sich Peking zum Ziel gesetzt, | |
bis 2030 die nationalen Standards für die Luftqualität zu erreichen. Das | |
halte ich auch für zu wenig. Die Menschen sind nicht bereit, noch weitere | |
20 Jahre diese schlechte Luft zu atmen. | |
19 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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