Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schünemann nach Niedersachsen-Wahl: Tschüss, Kotzbrocken!
> Uwe Schünemann war nicht nur dumm, er war auch noch stolz darauf. Genau
> deshalb war er der beste Innenminister der Welt.
Bild: Der beste Innenminister der westlichen Welt: Uwe Schünemann
Uwe Schünemann ist nicht länger Innenminister von Niedersachsen.
Weltpolitisch ist das die einzig bedeutende Nachricht, die von diesem
[1][Wahlabend] in Hannover ausgeht. Denn wer dieses öde Sumpfland zwischen
Amsterdam und Magdeburg regiert, das nur hin und wieder von rudimentären
Anzeichen von Zivilisation (Kohl- und Rübenäcker) unterbrochen wird und das
für ein Atommüllendlager keine schlechte Wahl ist, interessiert selbst in
Niedersachsen wenig mehr als die Hälfte der örtlichen Bevölkerung,
geschweige denn, dass sich sonst jemand darum scheren würde.
Anders die Sache mit Schünemann. Denn der war kein Dutzendminister in der
deutschen Provinz; er ist auch nicht so leicht zu ersetzen wie die andere
(zumindest in Fachkreisen) halbwegs bekannte niedersächsische
[2][Ministerin], für die sich gewiss ein andere Frau Ö. oder ein Herr Ü.
finden lassen wird.
Nein, Schünemann, war der ideelle Gesamtinnenminister Deutschlands, ach
was: Er war der beste, weil dümmste Innenminister der westlichen Welt. Ob
Handyverbote für Terroristen, Bundeswehreinsätze gegen Killerspiele oder
Fußfesseln für Schulschwänzer, ob Nachtischverbot für Stützeempfänger,
Arbeitsdienst für Fünfjährige oder Hymnenpflicht für Blogger – keine
Forderung, die zu absonderlich oder zu faschistoid gewesen wäre, als dass
Schünemann im Laufe seiner zehnjährigen Amtszeit sie nicht erhoben hätte
oder bei der man hätte sicher sein können, dass er sie nicht noch
irgendwann erheben würde.
Von allen Versagern, in deren Verantwortungsbereich die
Verfassungsschutzämter ihren Dienst versehen, war der einst im Alter von 39
Jahren von [3][Christian Wulff] ins Amt geholte Schünemann der
bornierteste. Er war nicht nur einfach ein Kotzbrocken, er war auch noch
stolz darauf: „Lieber ein harter Hund als ein Warmduscher“, [4][sagte] er
über sich und [5][bekannte] sich, um auch mal so etwas wie eine menschliche
Seite zu zeigen, zu seiner „Leidenschaft für Gummibärchen“.
Als Minister beharrte Schünemann mal auf der Abschiebung einer Iranerin,
die sich von ihrem muslimischen Ehemann hatte scheiden lassen und zum
Christentum übergetreten war, weshalb sie bei einer Abschiebung nach
geltendem iranischem Recht gesteinigt worden wäre, mal ließ er eine
schwangere Kurdin abschieben und trennte sie von ihren beiden Töchtern und
ihrem Ehemann. Zwar musste er sich in diesen Fällen letztlich den
Warmduschern im Niedersächsischen Landtag beugen, seine Gesamtbilanz aber
blieb sauber, also inhuman.
Bei aller Gleichgültigkeit für das Schicksal von Menschen aus muslimischen
Ländern, die das Pech hatten, in seinen Zuständigkeitsbereich zu fallen,
wurde Schünemann nicht müde, vor Muslimen zu warnen. So
[6][veröffentlichte] sein Ministerium im vergangenen Jahr eine Handreichung
für Arbeitgeber, Schulen und Behörden, die 30 „Radikalisierungmerkmale“
auflistete und dazu aufrief, verdächtige Personen zu denunzieren. („Ihr
muslimischer Mitarbeiter hat in letzter Zeit Gewicht verloren? Sofort
melden!“)
## Durchgeknallter Kleinbürger
Kurz: Schünemanns Wirken war auf nichts anderes aus, als den Beweis zu
führen, dass Johannes Agnoli mit seiner These von der „Transformation der
Demokratie“ so daneben nicht lag. Dass es nämlich der bürgerliche Staat
selber ist, der dazu neigt, Freiheit und Demokratie einzuschränken; dass
ein durchgeknallter Kleinbürger auf einem Ministersessel, der anderen
missgönnt, wozu er selbst nicht imstande ist, der Freiheit größeren Schaden
zufügen kann, als es irgendwelche Neonazis oder Islamfaschisten in diesem
Land auf absehbare Zeit je könnten. Der Minister Schünemann war der lebende
Appell, staatlichen Institutionen immer und grundsätzlich und zutiefst zu
misstrauen – und sie nicht für ernster zu nehmen als unbedingt nötig.
So einer wäre eigentlich zu Höherem berufen gewesen. Doch während andere
niedersächsische Politiker später Karriere machten und Bundesminister
(Trittin, von der Leyen), Bundesvorsitzende (Rösler, Gabriel),
Bundeskanzler (Schröder) oder Wulff (Wulff) wurden, blieb Schünemann in
Niedersachsen. Auch damit ist es nun vorbei, selbst sein Mandat als
Landtagsabgeordneter hat er nun verloren, und es ist wohl nur eine Frage
der Zeit, bis seine Ehefrau Ines ein Buch veröffentlicht („Harte Hunde
beißen nicht“).
Die Demokratie aber verliert mit Uwe Schünemann einen ihrer größten Diener.
Wir sagen: Schünemann, alter Kotzbrocken, Sie werden uns fehlen!
21 Jan 2013
## LINKS
[1] /!109396/
[2] /!105711/
[3] /!87939/
[4] http://www.bild.de/politik/inland/uwe-schuenemann/lieber-ein-harter-hund-al…
[5] http://cdu-niedersachsen.de/person/uwe-sch%C3%BCnemann-mdl
[6] /!96347/
## AUTOREN
Deniz Yücel
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Deniz Yücel
Niedersachsen
Uwe Schünemann
SPD Niedersachsen
Uwe Schünemann
Niedersachsen
Niedersachsen
Rainer Brüderle
Schwerpunkt Deniz Yücel
Schwerpunkt Landtagswahlen
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt Landtagswahlen
Niedersachsen
Schwerpunkt Deniz Yücel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Abschiedskultur in Niedersachsen: Pistorius schmeißt Jesiden raus
Nach rechtswidriger Abschiebung wird Niedersachsen eine Mutter und drei
Kinder, die aus Syrien flohen, nicht aus Bulgarien zurückholen. Nun sollen
Vater und Sohn folgen.
Bürgermeister und Landräte: Promis müssen zittern
Nicht alle Direktwahlen in Niedersachsen sind entschieden: Ex-Innenminister
Uwe Schünemann (CDU) und Ex-SPD-Fraktionschef Stefan Schostok holen keine
Mehrheiten.
Überwachung von Journalisten: Bespitzelt und vertuscht
Unter Ex-Innenminister Schünemann hat Niedersachsens Verfassungsschutz
Journalisten beobachtet und im Fall der taz-Autorin Andrea Röpke versucht,
das zu vertuschen.
Niedersächsischer Ex-CDU-Innenminister: Schünemann will Landrat werden
Uwe Schünemann findet, er habe genug privatisiert. Jetzt will er sich auf
kommunaler Ebene betätigen und strebt das Amt des Landrats von
Hameln-Pyrmont an.
Abschiebung in Niedersachsen: In großen Fußstapfen
Zwei Roma-Brüder werden mit ihrer Mutter ins Kosovo abgeschoben. Der
Landrat sagt, er habe beim SPD-Innenminister interveniert – vergeblich.
Kolumne Besser: Freiheit, Gleichheit, Brüderlechkeit!
Mit der FDP kann man's ja machen – auch das spielt bei der Brüderle-Affäre
eine Rolle. Und auf Twitter vermischen sich Skandal und Denunziation.
Bespitzelung der Linkspartei: Links ist, wo es nichts zu lachen gibt
Die Linkspartei ist für den besten Inlandsgeheimdienst der Welt nicht mehr
erwähnenswert. Warum sollte sie sonst noch jemand ernst nehmen?
Nach der Niedersachsen-Wahl: Das Revival der Lager
Zur Bundestagswahl wird die CDU wohl nicht die FDP mit Zweitstimmen
stützen. Die klassischen Lager werden aber trotzdem ein Comeback erleben.
Kommentar Niedersachsenwahl: Da geht noch mehr
Das Ergebnis von Niedersachsen werten SPD und Grüne zu Recht als
Aufforderung in den Lagerwahlkampf zu ziehen. Doch dazu brauchts mehr
inhaltlichen Biss.
Verlierer allenthalben: Das war's mit Niedersachsen!
Hat bei der Landtagswahl am Sonntag tatsächlich die Demokratie gewonnen?
Ein paar der Verlierer scheinen die These zu bestätigen - aber längst nicht
alle.
Nach der Niedersachsen-Wahl: Hannover will in Berlin mitregieren
Mindestlohn fordern, Betreuungsgeld abschaffen: Rot-Grün in Niedersachsen
will auch bundespolitisch mitmischen. Dank neuer Verhältnisse im Bundesrat.
Kommentar DFB-Team: Hymnen schießen keine Tore
Was auch immer zu dem kuriosen 4:4 gegen Schweden geführt hat, an der Hymne
lag es nicht. Die lautesten Sänger machten die größten Fehler.
Kolumne Besser: Der Trottel-Minister
Kennen Sie Uwe Schünemann? Das ist doch der – genau: Dieser Provinztrottel,
der ständig befremdliche Sachen fordert. Gerade wieder die Hymnenpflicht
für Nationalspieler.
Kommentar zu Innenminister Friedrich: Fußfesseln für Blogger!
Blödsinn verzapfen, Blödsinn fordern – auf deutsche Innenpolitiker ist
Verlass. Derzeit auf Innenminister Friedrich, der von Norwegen auf die
"Autonomen Nationalisten" kommt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.