# taz.de -- Referendum in Bulgarien: Atomkraft oder Atomkraft | |
> Die Bulgaren dürfen darüber abstimmen, ob das Atomkraftwerk Belene doch | |
> noch weitergebaut werden soll. Es wird eine sehr niedrige Beteiligung | |
> erwartet. | |
Bild: Die Ikonografie der Atomkraftgegner ist international: Proteste gegen das… | |
BERLIN taz | Aktivisten des bulgarischen Ablegers von Greenpeace sind seit | |
Wochen im Land unterwegs, um für ihr Anliegen zu werben. „Atomkraft ist | |
gefährlich, teuer und korrupt! Macht euch für Alternativen stark, stimmt | |
mit Nein!“, steht auf ihren Plakaten. | |
An diesem Sonntag sind die Bulgaren aufgerufen, über die Zukunft der | |
Atomenergie in ihrem Land zu entscheiden. „Soll in Bulgarien die | |
Kernenergie durch den Bau eines neuen Kraftwerkes weiterentwickelt | |
werden?“, lautet die Frage, zu der sich das Volk in der ersten | |
Volksabstimmung seit 1989 äußern darf. Allerdings bleibt unklar, ob damit | |
nur der Neubau eines AKWs oder auch der Ausbau von Kapazitäten des | |
bestehenden Werkes Kozloduj gemeint ist. | |
Initiiert haben die Volksbefragung die oppositionellen Sozialisten (BSP). | |
Im Sommer sammelten sie mehr als die halbe Million für die Einleitung eines | |
Referendums notwendigen Unterschriften. Sie wollen auf diesem Weg | |
durchsetzen, dass das AKW-Projekt in der Kleinstadt Belene wieder | |
aufgenommen wird – laut Umweltschützern ist das Gebiet erdbebengefährdet. | |
## AKW um jeden Preis | |
Der Bau dieses AKWs mit einer geplanten Kapazität von zwei Gigawatt hatte | |
bereits 1987 begonnen, wurde jedoch immer wieder unterbrochen. 2006 wurde | |
das russische Unternehmen Atomstroiexport ausgewählt, das Kraftwerk | |
fertigzustellen. 2008 erhielt die deutsche RWE den Zuschlag für eine | |
künftige Teileigentümerschaft, zog sich nach Protesten und wegen unklarer | |
Finanzierung aber wieder zurück. 2012 legte die rechtsliberale Regierung | |
unter Premierminister Bojko Borissow Belene auf Eis. Die 11 Milliarden Euro | |
Kosten seien nicht aufzubringen. | |
Doch die BSP will das AKW um jeden Preis. „Für bezahlbare Strompreise, | |
Arbeit und Einkommen, ein technologisches und soziales Bulgarien. Für | |
Belene!“, wirbt sie auf ihrer Website. | |
Dagegen hat Borissow seine Landsleute aufgefordert, bei dem Referendum mit | |
Nein zu stimmen. Er macht aber keinen Hehl daraus, dass er einen neuen | |
Reaktorblock in Kosloduj, einem aus kommunistischer Zeit stammenden AKW | |
neueren sowjetischen Typs, befürworten würde. Dort wurden vier Blöcke bis | |
Ende 2006 stillgelegt, damit Bulgarien 2007 der EU beitreten durfte. Die | |
Blöcke 5 und 6 haben zusammen eine Leistung von 1.906 MW. Wiederholt musste | |
das Kraftwerk wegen Störfällen kurzfristig abgeschaltet werden. | |
## Zu geringe Beteiligung befürchtet | |
„Es geht um die Wahl zwischen zwei Atomkraftwerken, nicht um eine Wahl | |
zwischen Atomenergie und der Entwicklung alternativer Energien“, sagt | |
Ivanka Dilowska vom Institut für energetisches Management, dem bulgarischen | |
Nachrichtenportal Mediapool. | |
So könnte es sein, dass das Referendum wegen zu geringer Beteiligung | |
ungültig wird. Wie bei den letzten Parlamentswahlen müssten mindestens 60 | |
Prozent abstimmen. Jüngsten Umfragen zufolge wollen das aber nur 37 Prozent | |
der Bulgaren – 60 Prozent davon mit Ja. | |
Grund der Abstinenz ist, dass es eigentlich um eine politische Frage und | |
eine Generalprobe für die Parlamentswahlen im Sommer geht. Ein Kommentator | |
ruft auf Mediapool zum Boykott auf. „Das Einzige, was die Bürger tun | |
können, ist, die Politiker zu bestrafen“, schreibt er. „Für den zynischen | |
Gebrauch demokratischer Praktiken für ihre eigenen Ziele.“ | |
27 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
Barbara Oertel | |
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