# taz.de -- Kubanische Bloggerin darf ausreisen: Reisefieber in Havanna | |
> Seit Montag geben die kubanischen Migrationsbehörden Reisepässe aus. | |
> Selbst Kritiker der Regierung wie Yoani Sánchez erhalten die Papiere – | |
> und wollen bald los. | |
Bild: Kann losgehen jetzt | |
BERLIN taz | Der Anruf kam vollkommen überraschend für Yoani Sánchez. „Sie | |
haben mich angerufen, um mir zu sagen, dass mein Reisepass fertig ist“, | |
twitterte die 37-Jährige Bloggerin am Mittwochnachmittag kubanischer Zeit. | |
Wenig später hatte sie dann ein Foto des himmelblauen Dokuments mit dem | |
goldenen Wappen Kubas gepostet. | |
Nach fast zwei Dutzend gescheiterten Anläufen scheint es, also ob die | |
Bloggerin, die in kubanischen offiziellen Medien stets als | |
„Cyber-Söldnerin“ verunglimpft wird, nun reisen darf. Als Erstes will sie | |
am 10. Februar nach Brasilien aufbrechen, um Cláudio Galvão da Silva zu | |
treffen. | |
Der brasilianische Regisseur hatte 2011 den Dokumentarfilm „Conexão | |
Cuba–Honduras“ gedreht, in dem Sánchez eine zentrale Rolle spielt. Die | |
Reise zur Premiere in Brasilien war ihr im Februar 2012 von den Behörden | |
verweigert worden, und mit der neuen Reisefreiheit will sie die Visite nun | |
nachholen. | |
Doch nicht alle Kubaner, die das nötige Geld für das Flugticket und ein | |
Visa des Ziellandes vorweisen können, werden auch reisen können. Das zeigt | |
das Beispiel von Ángel Moya. Der 48-Jährige gehört zu den 75 Dissidenten, | |
die im März 2003 zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden. | |
## Recht liberal | |
Gemeinsam mit seiner Frau Berta Soler, der Sprecherin der Damen in Weiß, | |
gehört er zu den bekannten Oppositionellen und ist ein guter Freund von | |
Yoani Sánchez. Ihm verweigerten die Behörden den Pass mit Verweis auf das | |
„öffentliche Interesse“. Das kann auch anderen Kubanern so gehen, denn das | |
Gesetz lässt den Behörden vielfältige Möglichkeiten, die Ausreise | |
einzuschränken. | |
Doch bis dato zeigen sich die Behörden recht liberal. Ärzte und Mitglieder | |
der Kommunistischen Partei können nun Ausreisen, „ohne jede Erlaubnis und | |
ohne scheel angeschaut zu werden“. Das berichtete die Zeitung des | |
kommunistischen Jugendverbandes Juventud Rebelde in einem Beitrag des | |
stellvertretenden Chefredakteurs. | |
Die neue Reisefreiheit, die in Kuba eine beachtliche Euphorie ausgelöst hat | |
und von der Schätzungen zufolge etwas 20 Prozent der Kubaner profitieren | |
könnten, hat aber auch eine Ventilfunktion. Das ist zumindest die | |
Einschätzung des Exilkubaners Rafael Rojas, der in Mexiko lebt und für die | |
spanische Tageszeitung El País schreibt. | |
Diejenigen, denen der Reformprozess der kommunistischen Führung zu langsam | |
geht, könnten ihr Glück in Ländern ohne Einreisehürden wie Costa Rica oder | |
Guatemala suchen. Listen der Länder ohne Visumpflicht kursieren seit | |
Monaten in Havanna und Gerüchte, dass deren Einreisehürden steigen könnten, | |
auch, so der exilkubanische Schriftsteller Amir Valle. „Interessant ist vor | |
allem, wie die USA auf die Ausreisewelle von der Insel reagieren werden. | |
Mit dem neuen Gesetz liegt der schwarze Peter bei ihnen und nicht bei der | |
Regierung in Havanna.“ | |
Valle verweist aber auch darauf, dass die kubanischen Migrationsbehörden | |
das letzte Wort haben. „Sie entscheiden nicht nur, wer ausreist, sondern | |
auch, wer wieder einreist“, erklärt Valle. Ihm wurde 2005 die Rückreise | |
nach Kuba nach einem Auslandsaufenthalt in Europa verweigert. Nun lebt er | |
im Berliner Exil. | |
31 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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