# taz.de -- Augsteins antisemitische Stereotype: Schnappschüsse einer Debatte | |
> Es gehe nicht um Personen, sondern um Verunglimpfungen: Rabbi Cooper vom | |
> Simon Wiesenthal Zentrum hält Augsteins Aussagen für Mainstream. | |
Bild: Mit der Liste – auf der Jakob Augstein steht – solle es nicht um Per… | |
BERLIN taz | Vor der Reflexion kommt der Reflex. So ist das häufig in | |
Debatten. Dass zu diesem Niveau sich aufzuschwingen nicht jeder im Stande | |
ist, davon zeugte im Berliner Pressehaus die Frage einer Journalistin des | |
Berliner Tagesspiegel an Rabbi Abraham Cooper vom Simon Wisenthal Zentrum, | |
der nach Berlin gekommen war, um erstmalig über die Platzierung des | |
Freitag-Herausgeber Jakob Augsteins auf der Liste der zehn schlimmsten | |
antisemitischen/antiisraelischen Verunglimpfungen des Jahres 2012 zu | |
sprechen. | |
Die Journalistin wollte von ihm wissen, weshalb das Simon Wiesenthal | |
Zentrum überhaupt mit Listen operiere, wo doch bekanntermaßen auch die | |
Nazis mit diversen Listen gearbeitet hätten. | |
Auf die Frage einzugehen ersparte ihm die Ex-Europa-Abgeordnete der Grünen, | |
Eva Quistorp, deren Empörung darüber kurzzeitig den sehr ruhigen Ablauf der | |
Preesekonferenz im Berliner Bundespressehaus zu sprengen drohte. | |
Etwa 50 Journalisten waren auf Einladung des Mideast Freedom Forum | |
gekommen. Es sollte um die Bewertung der stattgefunden Augstein-Debatte | |
gehen. Deutschland hat längst seine neue Debatte und die Fragen, die man im | |
Bundespressehaus stellte, waren nicht nur das eine Mal dem häufig gehörten | |
Reflex verhaftet, der behauptet, Kritik an Israel werde verboten. Augstein, | |
so ein Einwand, habe schließlich niemanden getötet und das SWC definiere | |
sich doch ursprünglich und wesentlich über die Jagd nach Nazis. | |
Der Publizist Matthias Küntzel, der die Einführung in die Diskussion | |
gegeben hatte, betonte, Augstein wolle nicht die Freiheit zur Kritik, | |
sondern die Freiheit zum Ressentiment. Und Cooper stellte klar, dass es mit | |
der Liste nicht um Personen gehe, sondern um Verunglimpfungen. Sie bilde | |
eher Schnappschüsse einer Debatte ab, die im Mainstream wirke und dort | |
Effekte zeige. Wie etwa den, dass, wie eine Umfrage zeigt, 60 Prozent der | |
Deutschen glauben, dass Israel den Weltfrieden gefährde. | |
Dass er mit dieser Definition nicht durchdringen konnte, lag daran, dass er | |
zu einer neuen Bewertung Augsteins kam. Das Gespräch zwischen Dieter | |
Graumann und Jakob Augstein im Spiegel, in dem Augstein sich zur Debatte | |
äußerte, habe nämlich gezeigt, dass Augstein wohl tatsächlich ein Antisemit | |
sei. Die Chance, eine eindeutige Abgrenzung zu antisemitschen Stereotypen | |
vorzunehmen, in denen Israel als der neue Jude auftaucht, habe er | |
verstreichen lassen. | |
Das könnte der Startschuss zu einer neuen Debatte gewesen sein. In der man | |
aber hinter einen Punkt, den Cooper benannt hat, nicht zurückkommen wird: | |
Antisemitismus ist nicht ein Problem der Juden und es kann nicht von ihnen | |
gelöst werden. | |
31 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Tania Martini | |
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