# taz.de -- Antisemitismus-Debatte um Augstein: „Empathie aus dem Eisschrank�… | |
> Im „Spiegel“-Streitgespräch bezichtigt Dieter Graumann Jakob Augstein der | |
> „moralischen Asymmetrie“. Der aber hält an seiner Israel-Kritik fest. | |
Bild: Jakob Augstein: findet nicht jedes seiner Worte vorbildlich. | |
In einem sehr lesenswerten Streitgespräch diskutieren im aktuellen Spiegel | |
Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, und | |
Jakob Augstein, Spiegel-Online-Kolumnist und Freitag-Verleger. Augstein war | |
Ende Dezember vom Simon Wiesenthal Center in Los Angeles zu einem der zehn | |
gefährlichsten Antisemiten der Welt erklärt worden, was doch einigermaßen | |
überraschend kam. Der 45-jährige Linksliberale ein Antisemit? | |
Nein, sagt Zentralratspräsident Graumann, aber Augstein schüre „fahrlässig | |
antijüdische Ressentiments“. Er schreibe über Israel mit dem | |
„Fingerspitzengefühl eines Bulldozers“, „mit einer Herzenskälte, mit ei… | |
Empathie aus dem Eisschrank, die mich frösteln lässt“. | |
Augstein hatte in seinen Spiegel-Online-Kolumnen wiederholt die israelische | |
Politik gegenüber den Palästinensern kritisiert. Der Sohn Martin Walsers | |
und des Ziehvaters Rudolf Augstein bezeichnete den palästinensisch | |
verwalteten Gazastreifen als „Lager“. Die USA sieht er am kriegerischen | |
Gängelband einer jüdischen Lobby. Die Bundesregierung beuge sich feige den | |
Ansprüchen aus Israel, liefere Waffen zu Dumpingpreisen an den Judenstaat, | |
was die Kriegsgefahr mit islamistischen Staaten wie den Iran schüre. | |
Israel, der Aggressor? | |
„Natürlich ist nicht jedes Wort vorbildlich“, sagt Augstein nun im | |
Spiegel-Gespräch. „Es war nicht glücklich, Gaza ein Lager zu nennen, weil | |
das an Konzentrationslager erinnert.“ Doch im Kern hält er an seiner Kritik | |
fest und verweist auch darauf, dass er in hundert Kolumen nur fünfmal | |
Israel bedacht habe. | |
## Doppelstandards und Doppelmoral | |
Graumann spricht hingegen von einer außenpolitischen Obsession: „Sie | |
konzentrieren sich in Ihren außenpolitischen Kolumnen ganz auf Israel und | |
das, was Sie dort an Fehlern zu erkennen glauben. Wo haben Sie aber auch | |
nur einmal das syrische Regime angegriffen, das 60.000 Menschen | |
abgeschlachtet hat, wo die iranischen Brutalitäten gegen die eigne | |
Bevölkerung?“ | |
Graumann kommt zu dem Schluss: „Sie erzeugen durch Ihre Konzentration auf | |
Israel eine moralische Asymmetrie.“ Augstein verteidigt sich, er wolle bei | |
Menschenrechtsverbrechen keine Doppelstandards gelten lassen. Doppelmoral | |
wirft ihm aber wiederum genau Graumann vor. Augstein reduziere „Israel | |
monothematisch auf die Siedlungspolitik“ und verharmlose zudem den | |
Antisemitismus seiner Feinde (Hamas, Hisbollah, iranisches Mullahregime, | |
Moslembrüder etc.). | |
Augstein, geboren 1967, zeigt sich zwar von den Vorwürfen getroffen, | |
besteht aber als kritischer Journalist darauf, über Israel genauso | |
unbelastet herziehen zu können wie „über Angela Merkel oder über Amerika | |
oder über die Linken oder die SPD“. Um auf Graumanns Argumente eingehen zu | |
können, fehlt ihm tatsächlich jegliche Empathie. Warum er nicht nach Israel | |
reise, wird er gefragt und sagt: „Ich wäre in den Zeiten der Apartheid auch | |
nicht nach Südafrika gefahren.“ Erkläre er nur noch, dass Hamas, PLO und | |
PFLP der neue ANC wären. | |
14 Jan 2013 | |
## AUTOREN | |
Andreas Fanizadeh | |
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