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# taz.de -- Antisemitismusdebatte um Augstein: Wie eine Berliner „Szene-Fehde…
> Ist Freitag-Herausgeber Jakob Augstein ein Antisemit? Der Vorwurf des
> Simon-Wiesenthal-Zentrums löst bei Experten viel Kopfschütteln aus.
Bild: Augstein ein Antisemit: Was hätte wohl Simon Wiesenthal dazu gesagt?
BERLIN taz | „Bin ich auch auf der Liste?“, fragt Tom Segev, als er am
Telefon in Jerusalem erreicht wird. Der israelische Historiker hat eine
viel beachtete Biografie über Simon Wiesenthal geschrieben, die vor zwei
Jahren auf Deutsch erschienen ist. Doch mit der Organisation, die
Wiesenthals Namen trägt, habe der 2005 verstorbene Nazijäger aus Wien
zuletzt nur noch wenig zu tun, sagt sein Biograf.
Das Wiesenthal-Zentrum sei heute „eine politische Organisation“ und stehe,
„wie die meisten großen jüdischen Verbände in den USA“, ziemlich weit
rechts – „weiter rechts als die Mehrheit der Juden in den USA, die
überwiegend für Obama gestimmt haben“, stellt Segev klar.
Nun hat das US-amerikanische Simon-Wiesenthal-Zentrum für Aufsehen gesorgt,
weil es den deutschen Publizisten und Freitag-Herausgeber Jakob Augstein
unter die zehn größten Antisemiten der Welt eingeordnet hat. Als Beleg
zitierte es fünf Äußerungen Augsteins, in denen es um Israel geht – und
führte ausgerechnet den umstrittenen Polemiker Henryk M. Broder als
Kronzeugen gegen Augstein an.
Segev kennt weder Jakob Augstein noch die Liste. Aber er kennt Broder noch
aus den 80er Jahren, als dieser erfolglos versucht hatte, in Israel als
Journalist Fuß zu fassen. „Für mich hört sich das Ganze wie eine interne
Berliner Szene-Fehde an“, sagt Segev deshalb.
„Ich würde das nicht so ernst nehmen“, sagt auch Micha Brumlik, der
ehemalige Leiter des Fritz-Bauer-Instituts für Holocaust-Forschung in
Frankfurt am Main. „Renommiert“ sei das Simon-Wiesenthal-Zentrum „ohne
jeden Zweifel“. „Ihr wissenschaftliches Gewicht ist, im Vergleich zum
Holocaust Memorial in Washington oder zur israelischen Gedenkstätte Jad
Vaschem, allerdings relativ gering.“
## Der Sinngehalt wird „ausgehöhlt“
Statt mit der Jagd nach Altnazis, die ihrem Wiener Namenspatron so wichtig
war, widmet sich das Simon-Wiesenthal-Zentrum in den USA seit Jahren lieber
dem Aufbau von „Toleranz-Museen“, von denen eines in New York und eines in
Los Angeles steht und ein drittes gerade in Jerusalem gebaut wird. Und weil
die meisten Altnazis weggestorben sind, hat es sich neue Gegner wie Irans
Präsidenteb Mahmud Ahmadinedschad oder Louis Farrakhan, den Anführer der
„Nation of Islam“ in den USA, gesucht.
„Ich verstehe, was die sich dabei gedacht haben, jemanden wie Jakob
Augstein auf so eine Liste zu heben“, sagt Brumlik. Dahinter stehe die
Absicht, auch linksliberale Kritiker der israelischen Regierungs- und
Siedlungspolitik als Antisemiten zu bezeichnen. „Ich bezweifle aber, dass
das eine vernünftige Strategie ist, um der wachsenden Kritik aus Europa zu
begegnen“, fügt Brumlik hinzu. „Augstein manövriert zwar gelegentlich an
der Grenze zum Ressentiment, aber er argumentiert differenziert.“
„Maßlos überzogen“ findet Juliane Wetzel vom Zentrum für
Antisemitismusforschung an der TU Berlin die Vorwürfe gegen Augstein.
Wetzel ist seit 2009 Koordinatorin des unabhängigen Expertenkreises
Antisemitismus, der die Bundesregierung berät. Natürlich gebe es eine
Kritik an Israel, die Plattform für antisemitische Ressentiments sei. Doch
wenn jede scharfe Kritik an Israel „inflationär“ als Antisemitismus
bezeichnet werde, dann werde „der Sinngehalt des Wortes ausgehöhlt“.
Das Problem sei, dass man in den USA oft zu wenig über Deutschland wisse
und auf Hinweise aus zweiter Hand angewiesen sei. Wenn einem da aus dem
Zusammenhang gerissene Zitate zugetragen würden, könnte das zu einem
falschen Bild führen. Auch der Deutsche Journalisten-Verband nimmt Jakob
Augstein in Schutz. Der Zentralrat der Juden in Deutschland wollte sich zu
der Angelegenheit nicht äußern – aus terminlichen Gründen, hieß es dort.
Jakob Augstein selbst erklärte, das Wiesenthal-Zentrum habe seinen „ganzen
Respekt“. Der Kampf gegen Antisemitismus werde jedoch „geschwächt, wenn
kritischer Journalismus als rassistisch oder antisemitisch diffamiert
wird“. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles hingegen verteidigte am
Donnerstag noch einmal seine Auswahl.
3 Jan 2013
## AUTOREN
Daniel Bax
Daniel Bax
## TAGS
Jakob Augstein
Simon-Wiesenthal-Center
Antisemitismus
CDU
Jakob Augstein
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Augstein differenziert. Es gehe nicht um die Person, sondern um die Zitate.
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