# taz.de -- Spaniens Premier und Schmiergeld: Der Bauboom ist schuld | |
> Korruptionsvorwürfe: Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy soll | |
> mehrere Tausend Euro erhalten haben. Die Partei und Rajoy-Sprecherin | |
> weisen die Vorwürfe zurück. | |
Bild: Unbeliebt im eigenen Land: Mariano Rajoy. | |
MADRID rtr | Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy und die regierende | |
Volkspartei (PP) sehen sich mitten in der Schuldenkrise mit massiven | |
Korruptionsvorwürfen konfrontiert. | |
Am Donnerstag wiesen sie einen Bericht der Zeitung El Pais entschieden | |
zurück, die Auszüge aus angeblich heimlichen handschriftlich geführten | |
Parteikonten veröffentlichte. Diese sollen belegen, dass Parteigrößen | |
jahrelang regelmäßig mehrere Tausend Euro erhielten, die Unternehmen an die | |
Partei zahlten. Allein an Rajoy flossen demnach über elf Jahre hinweg je | |
25.200 Euro. | |
Geführt wurden diese Konten dem Bericht zufolge von zwei ehemaligen | |
Schatzmeistern der Partei. Das Geld soll überwiegend von Baufirmen stammen | |
und zu Zeiten des Baubooms geflossen sein, als Politiker zahlreiche | |
Immobilienprojekte genehmigten. | |
## Tiefe Rezession | |
Die Vorwürfe kommen für den im eigenen Land zunehmend unbeliebteren Rajoy | |
zu einer denkbar ungünstigen Zeit. Spanien steckt in einer tiefen Rezession | |
mit der höchsten Arbeitslosigkeit in der Euro-Zone und in einer | |
Haushaltskrise, die das Land unter den Euro-Rettungsschirm zwingen könnte. | |
Rajoy, der kommende Woche in Berlin zu deutsch-spanischen | |
Regierungskonsultationen erwartet wird, wehrt sich dagegen. Die Volkspartei | |
muss sich zudem bereits mit einer anderen, vier Jahre alten | |
Schmiergeldaffäre herumschlagen. | |
Der dafür zuständige Richter habe inzwischen die Staatsanwaltschaft | |
angewiesen, auch Vorwürfe heimlicher Zahlungen an Parteivertreter zu | |
prüfen, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Gerichtskreisen. Dies | |
könnte zu einem weiteren Ermittlungsverfahren führen. | |
El Pais zufolge handelt es sich bei den handschriftlichen Notizen um ein | |
geheimes, parallel zu den regulären Büchern geführtes Kontensystem der | |
konservativen Partei. Die angeblichen Schmiergelder müssen aber nicht | |
zwingend illegal sein. Sollten etwa die Empfänger von Firmenzahlungen an | |
die Partei die Gelder in ihrer Steuererklärung aufgeführt haben, hätten sie | |
sich rechtmäßig verhalten. | |
Bis vor kurzem durften Parteien in Spanien zudem anonyme Spenden annehmen. | |
Allerdings – so war aus dem Umfeld der Volkspartei zu vernehmen – wäre es | |
illegal, wenn diese Zuwendungen nicht auf den offiziellen Konten der Partei | |
auftauchen. „Das sieht wie Bestechung aus“, kommentierte ein Mitglied der | |
Volkspartei, das namentlich nicht genannt werden wollte, den El | |
Pais-Bericht. Die Dokumente wären sehr belastend, sollten sie echt sein. | |
## Bücher der Partei | |
Die Partei gab sich ahnungslos und wies jegliches Fehlverhalten von sich. | |
„Die Volkspartei kennt die veröffentlichten handschriftlichen Notizen und | |
deren Inhalt nicht“, teilte die PP mit. Es handele sich auf keinen Fall um | |
Bücher der Partei. | |
Diese habe sich bei ihren Zahlungen an ihre Spitzenvertreter und an | |
Mitarbeiter stets an das Gesetz und an die Steuervorschriften gehalten. | |
„Wir haben nur einen Satz Bücher, und die sind sauber“, sagte auch | |
Generalsekretärin Maria Dolores de Cospedal auf einer Pressekonferenz in | |
Madrid. „Wir haben absolut nichts zu verbergen.“ | |
Eine Sprecherin Rajoys bekräftigte, der Regierungschef stehe zu seiner | |
Aussage, wonach er sich niemals unangemessen verhalten habe. Vergangene | |
Woche hatte Rajoy eine externe Prüfung der Bücher angekündigt. | |
El Pais zufolge decken die heimlichen Konten einen Zeitraum von 1990 bis | |
2008 ab. Unter den genannten Geldgebern sind der Infrastruktur- und | |
Energieriese FCC und der Präsident des Baukonzerns OHL, Juan Miguel Villar. | |
Beide Unternehmen lehnten eine Stellungnahme ab. Eine FCC nahestehende | |
Person sagte Reuters, der Konzern werde intern prüfen, ob Spenden geflossen | |
seien. | |
Einer der Schatzmeister, der die angeblichen Konten geführt haben soll, sei | |
Luis Barcenas, berichtete El Pais. Dieser trat 2009 zurück, nachdem gegen | |
ihn Ermittlungen wegen einer möglichen Verwicklung in illegale Zahlungen an | |
Parteivertreter eingeleitet wurden. | |
Auch hier soll das Geld von Baufirmen und anderen Unternehmen stammen, die | |
Regierungsverträge erhalten hatten. Im Zuge der Untersuchung kam kürzlich | |
heraus, dass Barcenas über ein Schweizer Bankkonto verfügte, das zeitweise | |
ein Guthaben von bis zu 22 Millionen Euro aufwies. Nach Angaben seines | |
Anwalts stammte das Geld aus legalen Geschäften. Barcenas habe die | |
Einnahmen inzwischen versteuert. | |
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieses Artikels war | |
fälschlicherweise zunächst Alfredo Perez Rubalcaba, der Generalsekretär der | |
PSOE, zu sehen und nicht Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy. Wir | |
bitten um Entschuldigung. | |
31 Jan 2013 | |
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